Daerden noch tragbar?
Der föderale Pensionsminister Michel Daerden hat am Donnerstag im Parlament eine Frage eines N-VA-Senators in seiner bekannten Art beantwortet. In Flandern glauben viele, er sei betrunken gewesen. Verschiedene Parteien fordern seinen Rücktritt.
Het Laatste Nieuws schreibt: Wir wissen nicht, ob er in der Senatssitzung betrunken war. Wenn er noch einmal das Wort ergreift, kann man ja vorab einen Alkoholtest machen. Doch das ist nicht einmal das Wichtigste. Das Problem ist, dass Daerden in der Föderalregierung bisher nichts geleistet hat. Die Zukunft der Pensionen ist die größte soziale Herausforderung unserer Zeit, und unser Pensionsminister und unsere Regierung haben nicht einmal eine eigene Politk.
Für Gazet van Antwerpen ist die Person Daerden der Kern des Problems. Er ist nicht der Mann, der das Vertrauen in die Politik verbessern kann. Die PS hat zu seinem Zirkus nichts zu sagen. Das ist unbegreiflich, denn diese Partei bezeichnet sich gern als letzte Verteidigerin der Sozialsicherheit. War es nicht Di Rupo, der seine Partei von allen Scharlatanen säubern wollte? Es ist höchste Zeit, dass er Daerden auf die Seite schiebt.
Het Belang van Limburg fügt hinzu: Daerden hat einen großen Fehler begangen. Er hat seine ganze Karriere in der wallonischen Politik aufgebaut, wo es ein Publikum für politisches Kabarett gibt. Er erntet zahlreiche Vorzugsstimmen, ist sehr populär und hat eine eigene Fernsehshow. Mit diesem Minister-Kabarettisten ist eine ernsthafte Debatte unmöglich. Es ist zu befürchten, dass seine Vorschläge zur Rettung der Pensionen auch lächerlich ausfallen werden.
Brief an Daerden
Kritik erntet Daerden auch in der frankophonen Presse. Le Soir veröffentlicht einen Brief an Daerden. Darin heißt es: Ihre Haltung im Senat ist verwerflich. In unserer Demokratie werden die Minister von den Parlamentariern kontrolliert. Das ist eine ernsthafte Angelegenheit. Weshalb verwechseln Sie die Tribüne des Senats mit einem Fernsehstudio und antworten wie ein spöttischer Witzbold. Sie haben übertrieben. Ihre Haltung ist eines föderalen Ministers unwürdig. Über die Pensionen haben Sie noch nichts gesagt. Niemand kennt Ihre geplanten konkreten Maßnahmen.
Für Leterme hat die Bekämpfung der Krise Priorität
De Morgen bringt die Schlagzeile: "Premier Leterme macht die Bekämpfung der Krise zur höchsten Priorität". Er lädt die Gemeinschaften und Regionen ein, gemeinsam mit ihm diesen Kampf zu führen. Leterme will spätestens Anfang Februar diese Gespräche abschließen. In seinem Kooperationsföderalismus will er eine bessere Zusammenarbeit mit den Gliedstaaten durchsetzen. Die Staatsreform hat nichts damit zu tun. Leterme wiederholte, sie dürfe kein Alibi sein, um die Wirtschaftskrise nicht anzupacken.
Le Soir bringt ein kurzes Interview mit dem Vorsitzenden der flämischen nationalistischen Partei N-VA, Bart De Wever. Er behauptet, Leterme hat seinen Ehrgeiz fallen lassen und verzichtet auf alle wichtigen Reformen. De Wever glaubt nicht mehr an eine Staatsreform vor den Föderalwahlen 2011. Die flämische Regierung wolle eine solche Reform verwirklichen, aber sie warte auf den richtigen Augenblick. Jetzt seien die Bedingungen nicht gut, weil die flämischen Parteien in der Föderalregierung sind. Die N-VA werde das Wahlergebnis abwarten und hoffe, dass die flämische Bevölkerung ein weiteres Signal dafür geben werde, dass sie die Staatsreform unbedingt wolle.
Die cdH-Vorsitzende Joëlle Milquet sagt in einem Interview mit La Dernière Heure, es wäre sehr ernst, wenn die Flamen erneut damit drohten, einseitig die Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde zu verabschieden. Das würde zu einem Sturz der Regierung führen. Die Koalition wolle eine solche Krise kurz vor dem belgischen EU-Vorsitz um jeden Preis vermeiden.