Leterme hat die Staatsreform aufgegeben
Le Soir schreibt: Leterme hat einen Versuchsballon aufgelassen. Das Verfassungsgericht verlangt eine Lösung für das Problem BHV, aber nicht unbedingt eine Spaltung des Wahlbezirks, erklärt er jetzt. Das ist ein Durchbruch im flämischen Wortschatz. Der Premierminister riskiert in diesem Abenteuer seinen Kopf.
De Standaard behauptet: Premier Leterme hat seinen Ehrgeiz, den Staat noch in dieser Regierungsperiode zu reformieren, endgültig aufgegeben. Seinen früheren Standpunkt, dass man eine Staatsreform brauche, um eine effiziente Krisenpolitik zu führen, hat er offensichtlich verlassen. Er bleibt zwar überzeugt, dass eine gemeinschaftspolitische Verhandlungsrunde über die Beschäftigungspolitik kommen muss, doch die absolute Priorität liegt für ihn in den kommenden Monaten in der Bekämpfung der Krise und der Arbeitslosigkeit.
La Libre Belgique warnt: Ein Zusammenstoß zwischen dem Süden und dem Norden des Landes, ehe Belgien den Vorsitz der Europäischen Union übernimmt, hätte einen gewaltigen Widerhall. Ex-Premier Jean-Luc Dehaene, der versucht, eine Lösung für das Problem BHV zu finden, hat auch das Schicksal der Föderalregierung in seinen Händen. Sollte Dehaene in seiner Mission scheitern, würde die gesamte föderale Regierung einstürzen.
Gazet Van Antwerpen ist sicher: Premierminister Dehaene hat die Staatsreform offiziell aufgegeben. Gestern sagte er, es sei offensichtlich keine Staatsreform zu erwarten. Das zeigt, dass der Premierminister sich den Wünschen der frankophonen Parteivorsitzenden unterwirft. Er ist bei den Verhandlungen nicht mehr als ein Zuschauer. Und das Regierungsabkommen ist nicht mehr als ein Blatt Papier.
L'Echo erklärt: Der Kooperationsföderalismus ist ein frommer Wunsch. Auf föderaler Ebene wird es bald einen interessanten Test geben. Regionen und Gemeinschaften müssen bis Ende Januar mit der föderalen Ebene einen neuen Stabilitätspakt aushandeln. Es genügt nicht, Schlimmeres zu verhindern und die Situation von Tag zu Tag zu verfolgen, wie Leterme sagte. Die Regierungen dienen nicht dazu, die Krise zu verwalten. Sie müssen eine neue Politik entwerfen. In dieser Hinsicht ist Leterme zu apathisch.
Konflikt zwischen Leterme und Peeters bahnt sich an
De Morgen stellt fest: Im starken Gegensatz zu seinen vorherigen gemeinschaftspolitischen Versprechen und Prioritäten findet Leterme es jetzt wichtig, dass die verschiedenen Regierungen des Landes zusammenarbeiten, um die sozial-wirtschaftlichen Probleme, die durch die Wirtschaftskrise entstanden sind, anzupacken. Dieser Standpunkt ist genau das Gegenteil von dem, was Leterme in seiner Wahlkampagne erklärt hat und verstößt auch gegen die Doktrin der flämischen Regierung, die ihre Befugnisse ausüben und die Föderalregierung unter finanziellen Druck setzen will, um weitere Etappen der Staatsreform zu erzwingen. Damit bahnt sich ein Konflikt zwischen dem föderalen Premier Leterme und dem flämischen Ministerpräsidenten Peeters an.
De Tijd unterstreicht: Eine Haushaltssanierung ist eine äußerst schwierige politische Übung. Besonders in einem komplexen Land wie Belgien. Man muss Absprachen über die Verteilung der Lasten der Sanierung zwischen dem Föderalstaat und den Regionen machen. In der Föderalregierung muss eine Einigung über die Sanierungsmaßnahmen erreicht werden. Das führt unvermeidlich zu gemeinschaftspolitischem Zank. Das darf kein Alibi sein, um die Haushaltssanierung und die Staatsreform auf die lange Bank zu schieben. Die Probleme müssen gleichzeitig angepackt werden.
Het Laatste Nieuws glaubt: Den alten Leterme gibt es nicht mehr. Er hat aus seinen Fehlern gelernt und weiß, dass ein belgischer Regierungschef geben und nehmen können muss. Es wütet eine Krise, die keine Zeit für wochenlange Verhandlungen über Methoden und Terminkalender lässt.