Mehr war nicht drin
Ein Blick auf die Schlagzeilen: "Obama hat Kopenhagen nicht gerettet, schuld sind vor allem die Chinesen" meint Vers l'Avenir. "Doch noch Einigung beim Klimagipfel" titelt das Grenz-Echo, die Umweltorganisation Greenpeace spricht aber von einem ernüchternden Ergebnis. Le Soir und La Libre Belgique bewerten den erzielten Minikonsens als nicht ausreichend. Und De Standaard titelt über einem Foto, das US-Präsident Obama und dessen chinesischen Amtskollegen Wen Jiabao beim Gespräch zeigt: "Sorry Welt, mehr war nicht drin!"
Was hat Kopenhagen gebracht?
"Der Berg gebar eine Maus", so fasst De Standaard im Kommentar das Ergebnis des Klimagipfels zusammen. Positiv ist aber, dass auch ohne Kopenhagen die Bereitschaft, etwas gegen die Erderwärmung zu tun, weiter zunimmt. Es hat keinen Zweck, darauf zu warten, dass die Staaten sich endlich einigen, dass eine umweltfreundlichere Technologie zur Verfügung steht, oder darauf, dass sich die Konsumenten den neuen Anforderungen anpassen. Wichtig ist, dass an einer Klimastrategie gearbeitet wird.
La Libre Belgique kommentiert: Hauptgesprächsgegenstand war in Kopenhagen in den vergangenen Tagen nicht das Klima, sondern das Geld. Es sieht danach aus, als seien die finanziellen Interessen der armen und der reichen Länder nicht miteinander zu versöhnen. Außerdem zeigte sich, dass Amerika auch unter Obama kaum Bereitschaft zeigt, sich auf andere Länder einzulassen. Europa hat es dann wieder sehr schwer, Einfluss auf die Debatte zu nehmen.
Auch Vers l'Avenir findet: In der Klimadebatte ist die Stimme der reichen Länder sehr viel lauter. Es kann nur verwundern, dass Amerika ankündigt, in den kommenden drei Jahren fünf Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, damit sich arme Länder gegen die Folgen der Erderwärmung wappnen können. Dieser Betrag ist eine Lappalie, wenn man weiß, dass der Irakkrieg alle drei Monate neun Milliarden Euro kostet.
Het Belang van Limburg bewertet den Gipfel von Kopenhagen wohl als Erfolg: Nie war die Bereitschaft, die größte Herausforderung der Menschheit anzugehen, größer als jetzt. Aber dieser vorsichtige Optimismus entlässt die führenden Politiker dieser Welt nicht aus ihrer Verantwortung. Der Kampf gegen die Erderwärmung wird uns ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts kosten. Um die Banken zu retten, waren sogar fünf Prozent nötig.
Was bringt es dem Pinguin?
De Morgen kommentiert: Nach Kopenhagen muss die Welt weiter auf ein ehrgeiziges Klimaschutzabkommen warten. Die einzige Hoffnung liegt jetzt bei den beunruhigten Bürgern. Auch wenn die Polizei von Kopenhagen ihr Bestes tat, um die Klimaschützer in ein schlechtes Licht zu stellen, so waren sie es doch, die sich an ihre Abmachungen gehalten haben.
Auch Le Soir meint im Leitartikel, und das nicht nur wegen des Klimagipfels sondern auch wegen der defekten Brüsseler Kläranlage: Der Umweltschutz ist schon lange keine alleinige Aufgabe der Umweltschützer mehr. Wenn die jetzigen Generationen dafür sorgen wollen, dass die Welt ihren Nachfolgern erhalten bleibt, muss einfach jeder zum Umweltschützer werden. Umwelt- und Klimakatastrophen kennen keine Grenzen.
Gazet van Antwerpen bewertet den Kopenhagener Gipfel ebenfalls kritisch. Man hat den Eindruck gehabt, dass der Gipfel vor allem eine public relations - Operation war. Jeder Teilnehmer wollte sich der Welt von seiner grünsten Seite zeigen. Wenn die Welt den Bach runter geht, dann ist das bestimmt nicht ihre Schuld: Diese Botschaft sollte in Kopenhagen vermittelt werden. Es ist eher fraglich, ob die Pinguine von der Show in Kopenhagen wirklich profitieren werden.
Obdachlosendrama
Het Nieuwsblad bringt auf Seite 1 das Drama der obdachlosen Familien, die noch immer, trotz Frost, auf der Straße übernachten müssen. Im Kommentar meint die Zeitung: Solche Zustände dürften in unserer Gesellschaft eigentlich nicht vorkommen. Unterdessen spielen sich die zuständigen Behörden gegenseitig den schwarzen Peter zu. Es fehlt aber eine strukturelle Lösung. Dass Premier Leterme die Bevölkerung um Hilfe bittet, ist ein skandalöser Beweis der staatlichen Ohnmacht.
Het Laatste Nieuws findet es völlig inakzeptabel, dass die Armee es nicht schafft, Obdachlose in die zur Verfügung gestellten Kasernen zu befördern. Unter Verteidigungsminister Flahaut wäre dies nicht der Fall gewesen. Die zuständigen Behörden erwecken den Eindruck, als ginge sie das gar nichts an. Warum unternimmt der Staat hier nichts?
Die Sanatoriums-Saga
Das Grenz-Echo schließlich kommentiert den möglichen Abriss des Sanatoriums: Das Sanatorium abzureißen, bedeutet nicht im Umkehrschluss, dass der Umzug des Parlaments schlagartig um die Hälfte billiger wird. Für das Parlament wird es jetzt darauf ankommen, verlorengegangene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen. Transparenz und Augenmaß sind gefragt. Ein weiteres Fiasko kann sich am Kaperberg niemand erlauben.