Brüsseler Abwässer auf dem Weg zum Meer..
"Der Brüsseler Umweltministerin steht das Wasser bis zum Hals", titelt heute De Morgen. La Libre Belgique meint auf Seite 1: "Huytebroeck schippert in trüben Gewässern". Der Brüsseler Umweltskandal schlägt nach wie vor -um im Bild zu bleiben- hohe Wellen. Seit dem 8. Dezember steht die größte Kläranlage der Hauptstadt still. Die Folge: Die Abwässer von 1,1 Millionen Brüsselern werden ungesäubert in die Senne geleitet. "Der Unterlauf des Flusses ist mausetot", schreibt denn auch Het Nieuwsblad auf seiner Titelseite. Alle Fische sind entweder tot oder haben das Weite gesucht. Die jahrelangen Anstrengungen, um die einstige Brüsseler Kloake wieder zum Leben zu erwecken, sind mit einem Mal zunichte gemacht. Die Verschmutzung hat längst die Rupel erreicht, die ihrerseits in die Schelde mündet. In einigen Tagen erreicht der Dreck damit die Nordsee.
Umweltkatastrophe: Flämische Gemeinden klagen
Die an besagten Flussläufen gelegenen flämischen Gemeinden toben denn auch vor Wut. Nach der Stadt Mechelen und der flämischen Regierung unternimmt jetzt auch Antwerpen rechtliche Schritte, meldet Gazet van Antwerpen auf seiner Titelseite. Die Kläger wollen eine einstweilige Verfügung durchsetzen, verbunden mit einem Zwangsgeld. Allein Mechelen will eine Million Euro pro Tag einfordern, an dem das Problem nicht gelöst ist. Doch sei ein "Ende der Verschmutzung in Sicht", meldet De Standaard in Blockbuchstaben auf seiner Titelseite. Demnach soll morgen Mittag die Kläranlage wieder weitgehend in Betrieb genommen werden. Die Frage nach den Verantwortlichkeiten steht dabei jedoch weiter im Raum. Neben dem Betreiber der Anlage, dem Unternehmen Aquiris, steht nach wie vor die Brüsseler Umweltministerin Evelyne Huytebroeck im Kreuzfeuer der Kritik. Die Ecolo-Politikerin ist gestern Hals über Kopf vom Kopenhagener Klimagipfel nach Brüssel zurückgekehrt. Sie muss heute vor dem Brüsseler Parlament in dieser Sache Rede und Antwort stehen. Gestern nahm sie bereits nach ihrer Rückkehr Stellung zu den Vorwürfen; die Darlegungen der Ministerin werden heute in vielen Zeitungen wiedergegeben. Huytebroeck weist im Wesentlichen die Kritik weit von sich, räumt allenfalls Kommunikationsprobleme ein.
Zuständige Ministerin Huytebroeck im Feuer der Kritik
Het Laatste Nieuws reicht das nicht. Was macht ein Minister, wenn die Luft dünn wird? Er schiebt anderen die Schuld in die Schuhe, meint das Blatt. Huytebroeck hätte zumindest lauthals Alarm schlagen müssen. Außerdem trägt sie als zuständige Ministerin zumindest die Verantwortung für die Katastrophe.
Wie viel Schuld trägt Kläranlagenbetreiber Aquiris?
Auch für Le Soir hat die Ministerin Fehler gemacht. In der Politik gibt es eine goldene Regel: Man muss da sein, wo es brennt. Und das ist wohl das größte Versäumnis von Evelyne Huytebroeck, die nach Kopenhagen reiste, während vor ihrer Haustür eine Umweltkatastrophe ihren Lauf nahm. Verantwortlich dafür ist natürlich in erster Linie das Unternehmen Aquiris, dem auch die Rechnung präsentiert werden muss. Doch kann sich Huytebroeck nicht dahinter verstecken; sie hat als Ministerin die Macht und die Pflicht, den Bürger und die Umwelt zu schützen.
"Kündigungsprämie" polarisiert Sozialpartner
Zweites großes Thema in der Tagespresse ist das Klima unter den Sozialpartnern, das sich offenbar in den letzten Tagen dramatisch verschlechtert hat. Die Regierung hat ja vorgestern nicht nur die bisher geltenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise verlängert, sondern auch einige Neuerungen beschlossen. Unter anderem sollen Arbeiter, die innerhalb der nächsten sechs Monate entlassen werden, in den Genuss einer de facto Abfindung kommen. Die Arbeitgeber sind angesichts dieser Entscheidung buchstäblich an die Decke gegangen. Gazet van Antwerpen glaubt den Grund für die Aufregung zu kennen: Die Arbeitgeber sehen in der so genannten Kündigungsprämie eine Vorwegnahme im Hinblick auf die Verhandlungen über ein Einheitsstatut. Für die Unternehmerwelt zeigt sich die Regierung hier parteiisch. Doch muss man zugeben, dass der nach wie vor in Belgien bestehende Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten längst überholt ist, meint De Standaard in einem Kommentar. Seit inzwischen fünfzig Jahren streiten die Sozialpartner über eine Vereinheitlichung beider Statute. Gerade erst sind entsprechende Verhandlungen wieder in einer Sackgasse geendet. Und jetzt, wo die Regierung sozusagen die Rechte der Arbeiter aufwertet, ist zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften ein wahrer Krieg ausgebrochen.
Pyrrhussieg der FGTB..
Het Belang van Limburg hat Verständnis für die Wut der Arbeitgeber. Es war schließlich die FGTB, die die Verhandlungen verlassen hat. Die sozialistische Gewerkschaft wandte sich danach an die PS, die dann in der Regierung mit Hilfe von cdH und CD&V die Kündigungsprämie durchsetzte.
Die FGTB stellt sich damit aber selbst ein Bein, warnt De Morgen. Ein Einheitsstatut ist jetzt wieder in weite Ferne gerückt. Ein Ende de Diskriminierung von Arbeitern wäre aber viel wichtiger als eine noch dazu zeitlich befristet Maßnahme wie die Kündigungsprämie.
De Tijd ruft derweil beide Seiten zur Besonnenheit auf. Dass die Regierung sich derart offen in den sozialen Dialog einmischt, ist bestimmt keine gute Sache. Doch sollte man die Kirche im Dorf lassen. Bei der Kündigungsprämie für Arbeiter handelt es sich nicht um eine astronomische Summe. Auf der anderen Seite haben aber in diesen Krisenzeiten alle Arbeitnehmer das Recht auf sozialen Schutz.
Es bleibt beim Traum: Wohl keine weiße Weihnacht
Le Soir schließlich hat eine schlechte Neuigkeit für Romantiker: Für die nächsten Tage haben die Meteorologen zwar Schneefall gemeldet; eine weiße Weihnacht dürfte es aber, den Fachleuten zufolge, auch in diesem Jahr nicht geben.
Roger Pint