Milquet schreibt offenen Brief an flämische Regierung
Die föderale Arbeitsministerin Joëlle Milquet richtet in einem offenen Brief in der frankophonen Zeitung Le Soir und dem flämischen Blatt De Morgen einen Appell an die flämische Regierung. Sie ruft die flämischen Minister auf, die föderalen Beschäftigungsmaßnahmen nicht zu blockieren, "um eine Krise zu vermeiden, die genauso gefährlich werden könnte wie der Konflikt über Brüssel-Halle-Vilvoorde".
Der flämische Widerstand habe kein anderes Ziel, als die Arbeit der Föderalregierung zu lähmen. Wenn ich keine frankophone Ministerin wäre, schreibt Milquet, und die Maßnahmen nicht von der Föderalregierung stammten, hätten die flämischen Nationalisten wohl nicht die gleiche Meinung.
De Morgen fügt hinzu: Der Streit um die Beschäftigung der jugendlichen Arbeitslosen ist nicht das einzige Thema, das zu einem Interessenkonflikt führen kann. Vielleicht kommt schon in dieser Woche ein weiterer hinzu, weil das flämische Parlament die umstrittene Steuersenkung für die Einstellung von Arbeitslosen über 50 Jahre ablehnt. Und wenn das föderale Parlament einem anderen Plan der Arbeitsministerin Milquet zustimmt, einen föderalen Fortbildungsfonds einzurichten, wird die flämische Regierung vor dem Verfassungsgericht klagen.
"Milquet verrechnet sich"
De Standaard meint: Nirgendwo steht geschrieben, dass eine föderale Beschäftigungspolitik nicht regional verschiedene Akzente setzen darf. Milquet macht einen inhaltlich fatalen Fehler, indem sie sich weigert, nach einem Kompromiss zu suchen. Sie liefert damit selbst den Beweis, dass die flämischen Nationalisten Recht haben, wenn sie behaupten, dass Belgien nicht mehr funktioniert.
Ein Interessenkonflikt wird durch das Grundgesetz ermöglicht, um die Minderheiten zu schützen. Das kann aber nur funktionieren, wenn er ein letztes Mittel bleibt. So wie es jetzt zugeht und die Interessenkonflikte sich häufen, demonstriert man, wie schwach das belgische Befriedungsmodell in Wirklichkeit ist. Das ist eine schlechte Nachricht für Yves Leterme.
Leterme hat wieder ein Problem, notiert auch Het Nieuwsblad. Er muss diese heraufziehende Krise meistern und aktiv mit nach einer Lösung suchen. In der Föderalregierung kann man hören, dass der Anlass relativ zu unwichtig ist, um einen Interessenkonflikt auszurufen. Man hofft, noch schnell zu einem Kompromiss zu finden, um eine Eskalation zu vermeiden.
Neuer Open VLD-Vorsitzender gewählt
Die flämischen Liberalen haben am Wochenende den politisch relativ unbekannten Alexander De Croo zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Er erhielt in der zweiten Runde 55% der Stimmen vor seinem Konkurrenten, dem ehemaligen flämischen Minister Marino Keulen.
Het Laatste Nieuws schreibt: Der Mann ohne Erfahrung reagierte schon wie jemand, der 20 Jahre Politik gemacht hat. Auf die Frage, was seine Partei tun werde, wenn es zwischen der flämischen und der Föderalregierung zu einem Interessenkonflikt über die Beschäftigungspolitik komme, sagte De Croo, das müssten Yves Leterme und Kris Peeters ausmachen. Abwarten, wie die CD&V die Positionen ihres belgischen Premiers und ihres flämischen Ministerpräsidenten miteinander versöhnen kann. Das war für einen Anfänger eine kluge Überlegung.
Het Belang van Limburg fragt sich, ob Alexander De Croo die VLD vor einer weiteren Wahlniederlage retten kann. Das große Problem ist, dass das V für flämisch im Parteinamen jede Bedeutung verloren hat. Viele liberale Wähler liefen zur N-VA über. Sein Vater Herman De Croo ist ein echter alter Belgier. Sein Sohn ist schlau, sagt vielleicht etwas anderes, doch meint er es auch?
Gazet Van Antwerpen glaubt: Die Basis will eine andere VLD. Sie sehnt sich nach der dunkelblauen Partei der Vergangenheit zurück, die sich hauptsächlich um Wirtschafts- und Steuerpolitik kümmert. Mit einem De Croo kann das verwirklicht werden. In anderthalb Jahren kommen entscheidende Wahlen. Die Partei muss sie gewinnen, sonst sitzt sie auf allen Ebenen in der Opposition.
Louis Michel an der Spitze der Welt
La Libre Belgique erwartet auf ihrer Titelseite, dass der bisherige belgische EU-Kommissar Louis Michel heute zum Vorsitzenden der Generalversammlung der Vereinten Nationen gewählt wird. An der Spitze der Welt, wie die Zeitung bemerkt. Alle belgischen Parteien unterstützen seine Kandidatur. Doch einige frankophonen Parteipräsidenten fürchten sich vor den innenpolitischen Auswirkungen. Michels Mandat geht pünktlich zum Start der nächsten belgischen Wahlkampagne zu Ende. Man vermutet, dass Michel nach seinem UN-Mandat mit neuem Glanz wieder in die belgische Politik einsteigen möchte.