Die Themen im Einzelnen.
"Die sozialistische Maschine wacht auf", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. Der Parteitag der frankophonen Sozialisten hatte am Wochenende erstmals unter Leitung des neuen PS-Chefs Paul Magnette stattgefunden. Dieser hatte die Genossen in einer kämpferischen Rede zu mutigem Handeln bei den anstehenden Aufgaben aufgefordert. Kommentierend dazu meint La Libre Belgique: Neben der PS fand auch noch der Parteitag von Ecolo an diesem Wochenende statt.
Beide Ereignisse standen im Zeichen der nächsten Föderalwahlen von 2014. Das Vorwahlfieber, wie es in Flandern die N- VA bereits regelmäßig schürt, hat jetzt auch die Wallonie ergriffen. Dieser frühe Zeitpunkt birgt seine Gefahren. Denn der Wahlkampf darf die Politiker nicht davon abhalten, sich den wichtigen Themen der Föderalpolitik anzunehmen, die während der kommenden 13 Monate im Konsens aller Regierungsparteien gelöst werden müssen, warnt La Libre Belgique.
Flandern als Vorbild für Magnette?
Le Soir kommentiert die Ideen von Paul Magnette zum Index. Die PS war bei der Frage, ob man den Index behalten soll oder nicht, ins Hintertreffen geraten. Magnette hat das jetzt geändert. Klar hat er gesagt: Er möchte den Index behalten, ihn aber reformieren. Das ist zu begrüßen, denn trotz aller Unkenrufe: Der Index hat sich bewährt. Ihn zu bewahren, lohnt sich für die Gesellschaft in Belgien. Es bleibt nur zu hoffen dass Magnette seinen Worten auch Taten folgen lässt und tatsächlich dem Index einen modernen Anstrich verleiht, schreibt Le Soir.
De Standaard meint zum PS-Parteitag: Nun ist das Wunderkind Paul Magnette der oberste Sozialist. Er hat das ganz gut gemacht, denn die Aufgabe war nicht leicht: Auf der einen Seite muss er die Gewerkschaften gewinnen, die mit der Arbeit der Föderalregierung ja nicht unbedingt zufrieden sind. Zum anderen muss er auch gerade die Arbeit dieser Föderalregierung verteidigen. Applaus hat er von beiden Seiten bekommen. Doch wir wollen ihm etwas raten: Um unsere Gesellschaft wieder wettbewerbsfähig zu machen, sollte er nicht den lyrischen Gesang des Index anstimmen. Besser sollte er nach Flandern schauen, was dort seine Parteifreunde vorschlagen: Die lavieren nämlich nicht über eine Vermögensbesteuerung, sondern wollen das Einkommen von Vermögen gerechter besteuern. Das Vorbild muss also Flandern sein, nicht Frankreich, wo ebenfalls ein Genosse den Wahlsieg der Sozialisten mit Ideen von gestern gerade kräftig gegen die Wand fährt, so De Standaard.
"Sinnloses Verbot in Schaerbeek"
L'Avenir befasst sich mit dem Verbot des Bürgermeisters von Schaerbeek, in einem Umkreis von 200 Metern um den Nordbahnhof kostenloses Essen zu verteilen. Eine radikalislamistische Gruppe hatte dort ihre kostenlose Essensausgabe dazu genutzt, junge Moslems für den Kampf in Syrien zu gewinnen. Die Maßnahme ist absurd, findet L'Avenir, denn sie trifft die falschen, nämlich die Bedürftigen. Die Anwerber werden weiterziehen, oder in den Untergrund abtauchen. Wenn man wirklich erreichen mochte, dass die jungen Menschen sich von den Anwerbern nicht mehr angesprochen fühlen, muss man das Leid der jungen Menschen bekämpfen, nämlich die Armut, meint L'Avenir.
Auch Het Nieuwsblad findet das Verbot sinnlos. Die Anwerber haben ihre kostenlose Essensausgabe einfach ein paar Hundertmeter weiter in einen Park verlegt. Einzelmaßnahmen bringen gerade in einer Großstadt wie Brüssel gar nichts. Die 19 Stadtgemeinden gehen fließend ineinander über. Wenn man tatsächlich wirkungsvoll gegen die Anwerber vorgehen möchte, müssen alle Stadtgemeinden an einem Strang ziehen. Am besten noch gemeinsam mit den umliegenden flämischen Gemeinden wie zum Beispiel Vilvoorde, so Het Nieuwsblad.
"Wir müssen über Verkehrssicherheit reden"
Het Laatste Nieuws widmet seinen Leitartikel der Meldung, dass in Belgien statistisch gesehen, jede Woche drei junge Autofahrer zwischen 18 und 24 Jahren tödlich verunglücken. Damit liegt Belgien fast am Ende einer Aufstellung, die die EU vor wenigen Tagen veröffentlicht hat; schlechter schneiden nur Polen und Griechenland ab. Die Zeitung findet: Gründe dafür gibt es viele, zum Beispiel die Unbesonnenheit gerade der jungen Männer und veraltete Verkehrsinfrastruktur. Trotzdem machen es andere Länder besser als wir. In Schweden weiß jeder, dass das Ziel null Verkehrstote heißt. In den Niederlanden, ein Land, das man sehr gut mit Belgien vergleichen kann, belässt man es nicht dabei, warnende Plakaten an den Straßenrand zu kleben, sondern führt über Verkehrssicherheit einen öffentlichen Diskurs. Das ist der Weg. Auch wir müssen wieder mehr über Verkehrssicherheit reden, schlussfolgert Het Laatste Nieuws.
Gähnen über den König
Het Belang Van Limburg schließlich macht sich Gedanken zur erneuten Diskussion um die Rolle des Königs: Und schon wieder geht es um den König, gähnt das Blatt. Die Positionen sind wieder die gleichen, Flamen dagegen, Frankophonen dafür, und ein König, der schweigt. Wie wäre es, wenn der König einmal selbst die Reformen anstoßen würde, auf die sich die Parteien nicht einigen können. Auch er könnte mal sagen: Ich will modern werden und mein Vorbild sind die Niederlanden, wünscht sich Het Belang Van Limburg.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)