Frank De Winne ist zurück
„De Winne hat bald wieder beide Beine am Boden“, titelt heute La Libre Belgique .
Der belgische Astronaut Frank De Winne kehrt heute nach sechs Monaten an Bord der internationalen Raumstation ISS auf die Erde zurück. Und die Mission war ein voller Erfolg, schreibt Het Belang van Limburg unter Berufung auf Fachleute. Nach seiner Rückkehr erwarten den Belgier aber neue Herausforderungen, wie u.a. De Standaard und Gazet Van Antwerpen hervorheben: er muss sich und seinen Körper jetzt wieder an ein Leben auf der Erde gewöhnen.
Leterme, die Sozialpartner und die Wirtschaftskrise
„Yves Leterme befindet sich bereits im Auge eines sozialen Sturms“, titelt indes heute Het Nieuwsblad. Tatsächlich sind alle Wirtschaftsindikatoren im roten Bereich. Innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Erwerbslosen um über 40.000 gestiegen, notiert Le Soir heute auf seiner Titelseite. Und das ist noch längst nicht alles. Im kommenden Jahr könnten noch einmal bis zu 90.000 Jobs vernichtet werden. Das wären 200 verlorene Arbeitsplätze pro Tag, rechnet L'Echo vor. Angesichts dieser dramatischen Meldungen haben die Sozialpartner gestern bei Premierminister Yves Leterme vorgesprochen. Und Leterme hat die Gewerkschaften enttäuscht, wie De Morgen in seiner Titelgeschichte hervorhebt. Die Gewerkschaften fordern eine Vereinheitlichung des Angestellten- und des Arbeiterstatuts. In den Augen der Arbeitnehmervertretungen müssten sich dabei aber die Arbeiter eher dem Statut der Angestellten annähern. In der Praxis würde das bedeuten, dass Arbeiter künftig im Falle einer Kündigung Anrecht auf eine höhere Abfindung hätten. Die Arbeitgeber lehnen ein Einheitsstatut ab. Und der Premierminister wollte sich nicht in den sozialen Dialog einmischen: die Sozialpartner mögen bitte selbst nach einer Lösung suchen.
Einheitsstatut für Arbeiter und Angestellte?
Wo Leterme Recht hat, hat er Recht, meint De Morgen dazu in seinem Kommentar. Die Forderung der Gewerkschaften könnte sich nämlich als kontraproduktiv erweisen. Wenn man die Abfindungen erhöht, auf die Arbeiter im Kündigungsfall Anrecht haben, dann muss man sich nicht wundern, wenn Betriebe in der Folge zögern, neue Mitarbeiter einzustellen.
Het Belang van Limburg sieht das ähnlich. Man müsse nämlich auch bedenken, dass die Einführung eines Einheitsstatuts kurzfristig zu einem Kahlschlag führen kann. Vor Inkrafttreten einer solchen Maßnahme, könnten Betriebe dazu neigen, sich noch schnell von Mitarbeitern zu trennen, bevor es richtig teuer wird.
Die Gewerkschaften und die Realität
Für Gazet Van Antwerpen müssen auch die Gewerkschaften den Realitäten ins Auge sehen : Dieses Land und seine Politiker sind weitgehend ohnmächtig angesichts der sozialen Katastrophe. Wer kann es Multinationals verbieten Arbeitsplätze abzubauen oder Standorte zu verlegen? Von Regierungen lassen sich diese Unternehmen nicht reinreden. Der flämische Ministerpräsident kämpft in diesen Tagen wie ein Löwe für den Erhalt der Beschäftigung in Flandern. Er ist aber ein Löwe ohne Zähne. Am Freitag wollen die Gewerkschaften eine Kundgebung organisieren; das ist nachvollziehbar, doch wenn das Ziel die Politik ist, dann sucht man sich nur einen Sündenbock.
Dabei sollten sich die Gewerkschaften auch einmal an die eigene Nase fassen. Het Laatste Nieuws geht in seinem Leitartikel auf die Situation bei Bayer in Antwerpen ein. Dort will die Direktion die Wochenarbeitszeit von 33 auf 35 Stunden anheben. Im Gegenzug soll der Verbleib in Antwerpen für fünf Jahre garantiert werden. Die Gewerkschaften laufen dennoch Sturm gegen die Arbeitszeiterhöhung. Damit spielen sie mit der Zukunft von 842 Mitarbeitern und ihren Familien. Wir stehen vor einen Zeitenwende, warnt das Blatt. Und wer das nicht einsieht, der schafft die Armut von morgen.
EU beschließt Aufstockung von Elternurlaub
Het Laatste Nieuws und De Standaard bringen heute auf ihrer Titelseite eine gute Neuigkeit. Die EU hat entschieden, den Elternurlaub auf dann mindestens vier Monate aufzustocken. Außerdem soll ein Elternteil dem anderen drei Monate übertragen können, so dass sich dann der Elternurlaub für den anderen Elternteil auf insgesamt sieben Monate belaufen kann. Ob belgische Väter und Mütter jetzt aber einen Monat länger Elternurlaub auch wirklich bekommen, ist noch nicht sicher, warnt De Standaard. Arbeitgeber könnten das Ganze nämlich mit bestehenden Regelungen wie Laufbahnunterbrechung oder Zeitkredit verrechnen.
Schweizer Minarette oder die Grenzen der Volksentscheide
Einige Zeitungen kommen heute noch einmal auf das von der Schweiz beschlossene Bauverbot der Minarette zurück.
Über die Möglichkeit einer vergleichbaren Regelung in Belgien meint La Libre Belgique: Belgien ist und bleibt ein multikulturelles Land. Wer glaubt, Zuwanderer dazu zwingen zu können, unsere Religion oder gar unsere Sitten und Gebräuche anzunehmen, der träumt. Wer Hunderttausenden das Recht auf eigene Gotteshäuser verwehrt, der erreicht nicht Integration, sondern das genaue Gegenteil. Zum selben Thema notiert De Standaard: die jüngsten Ereignisse vermitteln den Eindruck, als seien Minarette plötzlich die Vorboten einer neuen Belagerung von Wien, wie zuletzt 1683. Die Schweizer Entscheidung übersteigt bei weitem den eidgenössischen Kontext: die Schweiz nimmt eine eindeutige Diskriminierung in ihr Grundgesetz auf und unterminiert damit die Glaubwürdigkeit des Westens und seiner angeblich universellen Werte.
Das Schweizer Beispiel zeigt jedenfalls, dass Volksbefragungen nicht der Weisheit letzter Schluss sind, meint De Tijd in seinem Leitartikel. Demokratie ist nicht die Diktatur der Mehrheit; sie beinhaltet auch den Schutz der Grundrechte von Minderheiten. Man kann komplexe gesellschaftspolitischer Fragen nicht reduzieren auf ein Referendum über Baugenehmigungen. Ein Minarett ist eben keine Brücke.