Abu Ghraib liegt in Forest
Die jüngsten Enthüllungen über das Verhalten von Polizeibeamten im Gefängnis von Forest werden heute von fast allen Zeitungen beleuchtet. De Standaard zieht schon den Vergleich mit dem berühmt berüchtigten Foltergefängnis von Abu Ghraib. Polizisten der Zone Brüssel-Süd hatten in den letzten zwei Monaten mehrmals wegen eines Streiks des Gefängnispersonals die Bewachung der Häftlinge in der Haftanstalt von Forest übernehmen müssen. Was sich dann hinter den Gefängnismauern abspielte, spottet jeder Beschreibung. Die Beamten sollen die Insassen buchstäblich gefoltert haben. Die Vorwürfe kommen von der zuständigen Aufsichtsbehörde und werden inzwischen auch gerichtlich untersucht.
Die Folteraffäre muss folgen haben
Bei den Beschuldigungen handelt es sich eindeutig um mehr als nur bloße Gerüchte, notiert dazu De Morgen. Diese Affäre muss in jedem Fall sehr ernst genommen werden. In einem Rechtsstaat haben alle Menschen Rechte, auch Gefängnisinsassen. Und es ist absolut unannehmbar, wenn diese Rechte ausgerechnet von denen mit Füßen getreten werden, die sie schützen sollen.
Het Nieuwsblad nennt die Vorfälle in seinem Kommentar „beschämend“. Natürlich sind die Häftlinge keine Heiligen, doch sie wurden ja schließlich schon bestraft. Die Strafe ist aber Freiheitsberaubung, nicht mehr und nicht weniger. Diese neue Affäre ist aber nur ein neues Kapitel in einer unendlichen Geschichte. Die Verhältnisse in unseren Gefängnissen müssen uns die Schamröte ins Gesicht treiben. Dabei merken wir nicht, wie sehr wir uns selbst damit schaden. Die meisten der Gefangenen werden nämlich irgendwann wieder auf freien Fuß gesetzt. Das Verhalten, das sie nach ihrer Freilassung an den Tag legen, wird dann nur ein Spiegelbild dessen sein, was sie im Gefängnis erlebt haben.
Soziale Kahlschläge
Het Laatste Nieuws bringt heute auf seiner Titelseite eine beeindruckende Zahl. Allein gestern wurden in Belgien an einem Tag 674 Jobs vernichtet. Zwar wächst die Wirtschaft wieder, doch merkt man davon wenig auf dem Arbeitsmarkt, notiert dazu das Blatt. Der Grund ist offenbar nach Ansicht des Unternehmerverbandes FEB, dass die Wirtschaft zwar tatsächlich anzieht, aber leider nicht schnell genug. Gazet Van Antwerpen sorgt sich in diesem Zusammenhang denn auch einmal mehr um das Antwerpener Opel-Werk. Jetzt hat der GM-Europachef durchblicken lassen, dass der Opel-Mutterkonzern bei der Sanierung des Autobauers vor allem rein wirtschaftliche Argumente berücksichtigen will. Doch muss man sich da keine Illusionen machen: die meisten ökonomischen Parameter sind für Antwerpen im roten Bereich. Die Lohnkosten steigen etwa hierzulande schneller als in den Nachbarländern. Ob Antwerpen das durch bessere Qualität wett machen kann, bleibt abzuwarten.
Belgien fällt im Korruptionsbarometer zurück
Gestern wurde bekannt, dass Belgien einer internationalen Rangliste zufolge korrupter geworden ist. Für das Grenz-Echo steckt das Land gar schon im Korruptionssumpf. Demnach wurden zwei von drei Betrieben schon das Opfer eines Bestechungsversuchs. Im alten Europa der 15 steht Belgien damit nur auf dem zehnten Platz, notiert dazu Het Belang van Limburg. Und das ist ein schlechtes Resultat, erst Recht im Zeichen der Wirtschaftskrise. Es ist doch kein Zufall, dass die bestplatzierten in der Korruptionshitparade, also Länder wie Dänemark, Schweden oder die Schweiz, zugleich die wirtschaftlich gesündesten sind. Der Wirtschaft kann es nicht gut gehen ohne einen gut funktionierenden Staatsapparat. In diesem Zusammenhang nuanciert De Standaard: Belgien ist nicht korrupter geworden, sondern die anderen Länder haben sich verbessert. Das ändert aber nichts daran, dass man hierzulande wieder einmal nicht vorausschauend agiert. Das ist nämlich der Kern des belgischen Problems. In diesem Land herrscht Lethargie. Allenfalls reagiert man auf Entwicklungen und plötzlich muss man mit Schrecken feststellen, dass andere in der Zwischenzeit Fortschritte machen.
Neue Entwicklung in „Fortis-Gate“ - Affäre
Viele Zeitungen widmen sich einmal mehr der sogenannten „Fortis-Gate“-Affäre. Nach wie vor wird untersucht, ob es im Fortis Prozess Ende vergangenen Jahres versuchte Einflussnahme von Seiten der Politik gegeben hat. La Libre Belgique bringt auf ihrer Titelseite die Meldung wonach Justizminister Stefan De Clerck jetzt die Untersuchungen an sich reißt. Tatsächlich laufen zwei parallele Ermittlungen; und zwischen den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Gent und des Kassationshofes gibt es Widersprüche. Dass dafür Justizminister De Clerck nun die Akte an sich reißt, ist allerdings ein absolut außergewöhnlicher Vorgang, bemerken dazu gleichermaßen L'Echo und De Tijd. De Clerck ist offensichtlich in dieser Staatsaffäre so etwas wie die letzte Bastion.
Herman for president!?
Viele Zeitungen befassen sich heute auch einmal mehr mit der politischen Zukunft von Premierminister Herman Van Rompuy. Morgen oder übermorgen wird die EU entscheiden, wer zum ersten ständigen EU-Ratspräsidenten gekürt wird.
De Standaard prognostiziert auf seiner Titelseite einen Clash zwischen Van Rompuy und dem ehemaligen britischen Premier Blair. Die Briten blasen demnach offenbar zum letzten Gefecht. Für De Tijd besteht indes kein Zweifel: es kann nur einen geben, und das ist Herman Van Rompuy. Nach wie vor hat kein Land klar und deutlich Widerstand angemeldet. Wie De Morgen auf seiner Titelseite berichtet, ist inzwischen noch ein gewichtiges Argument hinzu gekommen: vom deutschen Botschafter in Belgien hat das Blatt erfahren, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, eindeutig hinter Van Rompuy steht.
Von Päpsten und Päpstinnen
Le Soir geht in seinem Leitartikel auf die Forderung einer Gruppe von EU-Politikerinnen ein, die wenigstens eine Frau in der EU-Führungsriege sehen will. Prinzipiell gebe es da sicher keinen Einwand, meint Le Soir, doch sollte man hier doch bitte den Realitäten ins Auge sehen. Der ständige Ratspräsident sollte jemand sein, der in seiner Eigenschaft als Staats- oder Regierungschef schon einmal an einem Gipfeltisch gesessen hat. Dieses Kriterium trifft aber derzeit nun einmal auf keine mögliche Kandidatin zu. In Anlehnung an einen Ausspruch von Guy Verhofstadt könnte man sagen: eine neuer Papst kommt immer aus dem Kreis der Kardinäle.