"Crombez fordert Untersuchung der Belfius-Deals", schreibt De Morgen auf Seite eins. Der Staatssekretär für Betrugsbekämpfung, John Crombez, hat Staatsanwaltschaft und Polizei damit beauftragt, den Vorwürfen nachzugehen, dass Belfius dabei geholfen hat, Steuergelder am belgischen Fiskus vorbei nach Irland und auf die Barbados-Inseln zu bringen. De Morgen hatte die Verstrickung der Dexia-Nachfolgebank Belfius in die Offshore-Leaks-Affäre am Mittwoch veröffentlicht.
Druck auf Kessel
Kommentierend meint dazu De Standaard: Belfius sagt jetzt: Das haben damals alle gemacht, sprich Systeme für Steuerhinterziehung in Steueroasen aufgebaut. Das erinnert uns an den Radsport, wo jetzt auch alle sagen: Gedopt haben damals alle. Das macht die Sache aber nicht besser. Es ist gut, dass Staatssekretär John Crombez der Sache jetzt nachgeht. Der Druck muss auf den Kessel bleiben. Unterstützung bekommt Crombez dabei von dem belgischen Europa-Abgeordneten Saïd El-Kahdraoui. Und das ist ebenfalls gut. Denn Banken zu regulieren, kann nur in einem europäischen Rahmen gelingen. Und dafür ist auch die Harmonisierung der Steuersysteme unentbehrlich, findet De Standaard.
De Morgen sieht das ähnlich: Transparenz bei Banken und Bürgern geht einher mit Transparenz im Steuersystem. Die Regeln müssen klar und einfach sein. Nicht wie heute, wo das belgische Steuersystem einem Wollknäuel gleicht, dass keiner mehr entwirren kann, meint De Morgen.
Spektakuläres Nein
La Libre Belgique greift in ihrem Kommentar die Jahreshauptversammlung von Belgacom auf. Das Telekommunikationsunternehmen gehört mehrheitlich dem belgischen Staat. Dessen Vertreter hatten am Mittwoch Nein gesagt zu dem Gehalt, das dem Belgacom-Chef Didier Bellens für 2012 gezahlt werden sollte. Es handelt sich um 2,4 Millionen Euro. Die Zeitung schreibt: Das war eine medienwirksame Aktion angeordnet vom Minister für öffentliche Unternehmen Jean-Pascal Labille. Doch was sind die Konsequenzen? Bellens wird natürlich Argumente finden, sein Gehalt zu rechtfertigen. Das sei nun mal der Preis für Spitzenmanager bei großen Unternehmen. Dieses fragwürdige Argument haben wir schon oft gehört, doch der belgische Staat wird es schwer haben, dagegen anzukommen, glaubt La Libre Belgique.
Die Wirtschaftszeitung L'Echo kommentiert das Nein zu Bellens Gehalt kritisch: Wenn es Minister Labille wirklich um die Sache gegangen wäre, hätte er Möglichkeiten gehabt, die Angelegenheit im Vorfeld zu klären. Die von der Regierung ernannten Mitglieder des Aufsichtsrates hätten die Gehaltsfrage vor der Generalversammlung intern regeln können. Doch Labille wollte das Spektakuläre. Für alle Unternehmen, wo der Staat Hauptaktionär ist, ist das ein schlechtes Signal. Denn es zeigt, dass es der Regierung wichtiger ist, politische Botschaften medienwirksam zu verteilen, als sachgerecht zu arbeiten, schlussfolgert L'Echo.
Gerüchte über Änderung des Grundgesetzes
Gazet Van Antwerpen geht in ihrem Kommentar auf die gestrigen Aktionen mehrerer Gewerkschaften ein. Diese hatten damit ihren Anliegen Nachdruck verliehen, die sie bei den Verhandlungen zu einem Einheitsstatut für Arbeiter und Angestellte verteidigen. Die Zeitung schreibt: Der Ball liegt zurzeit im Lager der Föderalregierung. Denn Gewerkschaften und Arbeitgeber haben sich bisher nicht einigen können, doch auch in der Regierung ist man zerstritten. Jetzt machen sogar Gerüchte die Runde, dass das Grundgesetz geändert werden soll, nur damit alles beim Alten bleiben kann. Sprich: dass der arbeitsrechtliche Unterschied zwischen Arbeitern und Angestellten legal wird, also das Gegenteil von dem, was der Oberste Verfassungsgerichtshof 2011 festgestellt hat. Das wäre natürlich eine Katastrophe. Alle müssen sich jetzt am Riemen reißen: Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften. Sie müssen gemeinsam eine Lösung finden. Und zwar in dem zeitlichen Rahmen, der ihnen vorgegeben ist, nämlich bis zum 8. Juli, so Gazet Van Antwerpen.
Radikale als Wahlkampfthema
Le Soir ärgert sich in seinem Kommentar über die Zerstrittenheit in der Regierungskoalition zu den in Belgien angeworbenen Islamisten, die in den Bürgerkrieg nach Syrien gezogen sind: Jeder schiebt sich jetzt die Verantwortung für Versäumnisse. Im Streit zwischen Innenminister Joëlle Milquet, Christdemokratin, und Außenminister Didier Reynders, Liberale, schaltet sich jetzt auch noch Gesundheitsministerin Laurette Onkelinx für die Sozialisten ein. Da können wir uns ja auf eine heitere Diskussion einstellen, wenn das Thema am Freitag im Rat diskutiert werden soll. Doch ist der Streit völlig unangebracht, denn das Thema ist zu ernst, um sich im Vorwahlkampf für 2014 politisch positionieren zu wollen, findet Le Soir.
Archivbild: Nicolas Maeterlinck (belga)