"Amerika ist am Boden zerstört und stellt sich Fragen", titelt l'Avenir. "Bomben waren in Schnellkochtöpfen", heißt es bei Het Nieuwsblad auf Seite eins, und Het Laatste Nieuws schreibt: "Nagelbomben sollten vor allem verletzen".
Alle Zeitungen berichten heute ausführlich in Wort und Bild über die beiden Bombenexplosionen beim Boston-Marathon. Drei Todesopfer und 183 Verletzte gibt es zu beklagen, so der letzte Stand der Dinge für die Zeitungsredaktionen.
Kommentierend meint dazu Het Nieuwsblad: Das war ein extrem feiger Anschlag. Ein Marathon hat null Symbolwert. Er steht für nichts Politisches, für nichts Religiöses, ist einfach ein Sportereignis, an dem sich die Menschen erfreuen; gerade in Boston ein Volksfest. Wer immer auch hinter dem Anschlag steht und damit irgendeinen Feind, irgendeinen Besatzer oder irgendeinen Satan ins Herz treffen wollte, er hat sein Ziel verfehlt, findet Het Nieuwsblad.
Le Soir freut sich über die Besonnenheit, mit der US-Präsident Obama auf den Anschlag reagiert hat: Obama hat darauf verzichtet, vorschnell Verdächtigungen zu äußern, mit dem Finger in eine bestimmte Richtung oder auf eine bestimmte Gruppe zu zeigen. Das ist auf der einen Seite gut für ihn selbst, denn man wird ihm später nicht vorwerfen können, falsche Fährten gelegt zu haben. Auf der anderen Seite ist es wichtig für die Gesellschaft. Sie ist nach den Anschlägen vom 11. September immer noch traumatisiert. Jetzt mit Ruhe zu reagieren, tut den Amerikanern gut. Denn sie haben wieder Angst. Es ist das Verdienst ihres Präsidenten, diese Angst nicht weiter zu schüren, schreibt Le Soir.
Anschlag in Boston: Ziel verfehlt
L'Avenir macht sich Gedanken zu den Tätern: Die These, dass es sich bei den Hintermännern um einen "inneren Feind" handeln könnte, vereinfacht die Sache ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Die Unsicherheit wird dadurch noch größer. Vor allem würde es bedeuten, dass die Vereinigten Staaten erneut tief gespalten sind. So, wie sie es in den dunkelsten Kapiteln ihrer Geschichte waren, bei den nationalistischen, ethnischen und religiösen Konflikten. Unter Präsident Bush kam die Unsicherheit von außen, um die amerikanische Weltherrschaft zu bekämpfen. Wird es eine Folge der Politik von Obama sein, dass die Vereinigten Staaten sich erneut mit den längst vergessen geglaubten Dämonen ihrer inneren Zerrissenheit konfrontiert sehen? fragt L'Avenir.
Fouad Belkacem: "Gefährlicher Clown"
La Libre Belgique greift in ihrem Kommentar Razzien auf, die die Polizei am Montag in mehreren belgischen Städten bei mutmaßlichen Mitgliedern der radikalislamistischen Vereinigung Sharia4Belgium durchgeführt hat. Vier Personen, darunter der Kopf der Gruppierung Fouad Belkacem, wurden festgenommen. Die Zeitung findet: Das war eine gelungene Aktion. Sie war von langer Hand geplant und die Regierung zeigt, dass sie einen Plan gegen Radikalismus in Belgien hat. Machen wir uns aber nichts vor. Man braucht einen langen Atem, wenn dieser Kampf dauerhaft erfolgreich sein soll. Er ist legitim, aber Achtung: Er darf nicht dazu führen, dass Grundfreiheiten und Bürgerrechte eingeschränkt werden und ganze Gesellschaftsgruppen pauschal gebrandmarkt werden. Solche Tendenzen sind aber leider schon jetzt zu beobachten, beklagt La Libre Belgique.
Het Laatste Nieuws schreibt zu Fouad Belkacem: Der Mann sieht immer aus wie ein Clown, wenn man ihn auf Bildern sieht. Doch jetzt
ist klar: Er ist ein gefährlicher Clown. Das Lachen vergeht uns allen, wenn wir wissen, dass wegen ihm 30 junge Belgier nach Syrien gegangen sind, um dort in Reihen von islamistischen Gruppierungen Menschen zu entführen, zu foltern und zu töten. Es ist nur zu begrüßen, dass wir so einem Fanatismus hier bei uns Einhalt gebieten, urteilt Het Laatste Nieuws.
Lütticher Stahlbecken: Hoffnung auf Ära nach ArcelorMittal
Die Wirtschaftszeitung L'Echo macht sich Gedanken um die Zukunft der Stahlproduktion in Lüttich: Noch ist die Hoffnung nicht verloren, dass es eine Ära nach ArcelorMittal geben wird. Der Trumpf des Lütticher Stahlbeckens ist sein Forschungszentrum. Es genießt weltweite Anerkennung. Das werden die möglichen Investoren wissen, mit denen die wallonische Regierung zurzeit Gespräche führt. Bleibt nur noch die Frage zu klären, ob ArcelorMittal sich zu einem Verkauf erweichen lässt. Bislang sieht es ja nicht danach aus, so L'Echo.
Steigende Kinderarmut in Flandern
De Standaard vermeldet, dass die Armut in Flandern 2011 allgemein zwar zurückgegangen, die Kinderarmut aber gestiegen ist. Das ist ein schlimmer Befund, kommentiert die Zeitung. Denn in Belgien verfügt der Staat prozentual über genauso viele Steuereinnahmen, wie die skandinavischen Länder. Nur leider wird das Geld bei uns nicht wie in Skandinavien massiv in die Sicherung der Sozialstrukturen gesteckt. Wenn es um Umverteilung geht, und das ist ja zurzeit sehr in Mode, sollten wir zuallererst an diesen Bereich denken, findet De Standaard.
Foto: Stan Honda (afp)