BHV: DG-Parlament könnte Föderalstaat mittels Prozedur des Interessenkonflikts erneut Zeit verschaffen
Die Brüsseler Scheinwerfer richten sich in diesen Tagen mehr und mehr auf den Osten des Landes. Um eine Abstimmung im Parlament über eine Spaltung des Wahlbezirkes Brüssel-Halle-Vilvoorde zu verhindern, könnte die DG bekanntlich bald in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Nachdem die Frankophonen jetzt all ihr Pulver verschossen haben, wird erwartet, dass das Eupener Parlament in Kürze einen Interessenkonflikt geltend macht, um der Brüsseler Politik mehr Zeit zu verschaffen, notiert dazu La Libre Belgique.
Lambertz: DG will in Sachen BHV neutral bleiben
Die Brüsseler Tageszeitung bringt an exponierter Stelle ein Interview mit Ministerpräsident Karl-Heinz Lambertz. Der betont noch einmal den erklärten Willen der Deutschsprachigen, in dieser gemeinschaftspolitisch hoch brisanten Thematik neutral zu bleiben. Die DG wolle sich jedenfalls nicht zum Werkzeug der Frankophonen machen. Ohne ein positives Signal aus Flandern und auch vom Föderalstaat sollte sich die DG besser vornehm zurückhalten. Er werde in den kommenden Tagen in jedem Fall den Dialog mit den flämischen Parteipräsidenten suchen. Für La Libre Belgique besteht dennoch kaum ein Zweifel daran, dass das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft den dann vierten Interessenkonflikt in Sachen Brüssel-Halle-Vilvoorde schon bald in die Wege leiten dürfte.
Ungleichheit vor dem Fiskus: Willkür oder Schicksal?
"Vor dem Fiskus sind nicht alle Betriebe gleich" titelt derweil das flämische Massenblatt Het Laatste Nieuws. Eine Studie hat ergeben, dass die Wahrscheinlichkeit einer Steuerkontrolle stark vom Standort des Unternehmens abhängig ist. In Charleroi etwa beläuft sich die Chance auf eins zu zehn, dass ein Betrieb Besuch vom Fiskus bekommt - in Hasselt liegt die Wahrscheinlichkeit gerade einmal bei einem Prozent. Hier handelt es sich für ein Mal nicht um ein gemeinschaftspolitisches Problem, bemerkt dazu De Standaard. Die unterschiedliche Behandlung von Betrieben lässt sich nicht in irgendeiner Weise durch die Sprachgrenze erklären. Dies ist aber allenfalls ein Grund mehr, dem Fiskus hier Willkür zu unterstellen. Stellt sich die Frage: Welche Legitimität hat ein Steuersystem, in dem eine so flagrante Ungerechtigkeit herrscht?
Gazet van Antwerpen spinnt diesen Gedanken weiter: Gerade jetzt werden von den Bürgern zusätzliche Anstrengungen erwartet. Umso wichtiger ist es also, dass die Menschen sehen, das Steuern gerecht erhoben und eingetrieben werden. Nur so können sie sich wirklich hinter ein gesellschaftliches Projekt scharen.
Het Laatste Nieuws sieht das etwas anders: Das Streben nach Gleichbehandlung ist zwar ein nobles Ansinnen, gehört aber leider in das Reich der Utopien. Der Fiskus ist kein unpersönliches großes Ganzes, sondern er setzt sich eben aus Mensch zusammen, wo nun einmal der eine strenger oder konsequenter ist als der andere. Die beiden zuständigen Staatssekretäre, Devlies und Clerfayrt, haben gestern allenfalls den Beweis für ihre eigene Überflüssigkeit geliefert.
Ungleichheit auch vor Gericht…
Stichwort Ungleichbehandlung: La Dernière Heure weiß zu berichten, dass auch Geschwindigkeitsübertretungen je nach Gerichtsbezirk unterschiedlich geahndet werden. In einer Region droht auf der Autobahn eine Geldbuße ab einem Tempo von 133 km/h, in einer anderen Region wird man schon bei 127 km/h zur Kasse gebeten. Justizminister Stefaan De Clerck hat sich fest vorgenommen, die Staatsanwaltschaften hier zu einem einheitlichen Vorgehen zu bewegen.
Haushaltsberatungen ideologisch gefärbt
Über Geld wird auch nach wie vor in der Brüsseler Rue de la Loi gesprochen. Bis um nächsten Dienstag muss der Haushalt für die kommenden beiden Jahre stehen. Die Diskussionen sind weiter geprägt von erheblichen Spannungen zwischen den einzelnen Parteien. Für La Libre Belgique ist das auch eine Folge des Wahlsystems. Wegen der zunehmenden Zersplitterung des politischen Spektrums werden die Koalitionen schon immer größer und heterogener. Das rächt sich dann in Krisenzeiten, wenn es darum geht, schmerzhafte Einschnitte vorzunehmen. Hier prallen Ideologien aufeinander. Die Folge sind schwammige Kompromisse statt wirklich ehrgeiziger Reformen, beklagt La Libre Belgique. Eine Verbesserung ist da leider nicht in Sicht.
Entscheidung erst in der Wahlkabine
Wie auch viele andere Zeitungen beleuchtet Vers l'Avenir eine neue Studie von Politologen, die das Wahlverhalten beim letzten Urnengang im Juni unter die Lupe genommen haben. Ein Fazit: Die Wähler sind mehr denn je unentschlossen; ihre Entscheidung steht erst buchstäblich in letzter Sekunde fest.
Jugendarbeitslosigkeit besorgniserregend
Und noch eine Studie sorgt für lebhafte Diskussionen. Im Augenblick sind 137.000 Jugendliche ohne Job, notiert unter anderem Het Nieuwsblad besorgt. Wenigstens ein Teil von ihnen wird möglicherweise auch längerfristig keine Arbeitsstelle finden. Hier droht also eine veritable "verlorene Generation" heranzuwachsen. Da gibt es nur eins: Wir müssen alles tun, um diese Jugendlichen nicht ihrem Schicksal zu überlassen.