Radioaktiver Vorstoß
De Standaard titelt: "Magnette macht eine unbezahlbare Dummheit. Belgien riskiert den Verlust der Electrabel-Milliarden."
"Regierung im Clinch über längere Laufzeiten der Atomkraftwerke", so fasst es De Tijd mit einer Schlagzeile zusammen.
"Uneinigkeiten über das Atom-Manna" ist die Schlagzeile in Le Soir, La Libre Belgique titelt: "Der radioaktive Vorstoß von Magnette".
Zeitungskommentare: Magnette erntet Kritik
De Morgen findet, der Energieminister begehe eine Dummheit. Als Gegenleistung für den Verzicht auf den Atomausstieg hofft er darauf, dass Electrabel einen saftigen Betrag an den Finanzminister überweist und die Strompreise senkt. Beides finden natürlich die Wähler der PS eine gute Sache. Leider ist Magnette völlig falsch an die Sache 'rangegangen. Noch bevor er überhaupt mit Electrabel ein erstes Mal verhandelt hat, versprach er bereits den Weiterbetrieb der alten belgischen Atomkraftwerke. Da muss man ja naiv sein, wenn man darauf hofft, dass Electrabel jetzt noch zu einer finanziellen Gegenleistung bereit ist. Konkret bedeutet das: Der Strompreis wird nicht sinken, aus dem Atomausstieg wird auch nichts, und Geld für Energiealternativen gibt es schon gar nicht, meint De Morgen.
Wo bleibt die langfristige Planung?
Le Soir kommentiert: Das eigentliche Drama ist, dass die belgische Regierung überhaupt nicht weiß, was sie in Sachen Energie eigentlich langfristig will. Seit zehn Jahren schiebt sie notwendige Entscheidungen vor sich hin. Es hat den Anschein, dass belgische Politiker nur bis zum nächsten Wahltermin planen können. Zu langfristigen Strategien sind sie nicht fähig. Das gilt für den Atomausstieg genau so wie für den zu erwartenden Renten-GAU.
Auch De Tijd gibt Magnette schlechte Punkte. Der Energieminister versucht, drei Fliegen mit einem Schlag zu töten. Und das ist natürlich nicht möglich. In Ordnung findet die Zeitung, dass einige Atomkraftwerke länger am Netz bleiben sollen. Dann sind wir zumindest sicher, dass noch Strom aus der Steckdose kommt. Mit seiner Initiative wird aber die Dominanz von Electrabel am belgischen Markt überhaupt nicht gebrochen. Und ob Electrabel bereit sein wird, das Loch im belgischen Staatshaushalt mit zu stopfen ist vorerst mehr als fraglich. Das glaubt der Leitartikler erst, wenn der erste Euro aus Frankreich überwiesen wird.
Auch La Libre Belgique schießt den Vorschlag von Energieminister Magnette ab. Der PS-Minister hofft darauf, dass das reiche Electrabel kräftig zahlen wird. Aufgrund des Electrabel-Monopols konnte der Konzern vergangenes Jahr steuerfrei zwei Milliarden Gewinn kassieren. Und das wird aufgrund des ungeschickten Vorgehens von Magnette wohl auch so bleiben. Es besteht kein Zweifel: In Paris wurde bereits der Champagner kühl gestellt.
Ist der Atomausstieg überhaupt sinnvoll?
Gazet van Antwerpen findet, es sei doch klar, dass Belgien ohne Atomstrom gar nicht auskommen kann. Wenn es beim geplanten Atomausstieg geblieben wäre, wäre in einigen Jahren das Licht ausgegangen. Mit einigen Windkraftzentralen und dem bisschen Sonnenenergie ist die belgische Stromversorgung nicht zu stemmen. Sowieso wäre ein Atomausstieg scheinheilig, weil dann ausländischer Atomstrom importiert werden müsste.
Das sieht auch L'Echo ähnlich: Schon seit Jahren fehlt den verschiedenen Regierungen der Mut, endlich zuzugeben, dass nach einem Atomausstieg im Jahre 2015 die Stromversorgung im Lande nicht mehr gewährleistet ist. Sowieso ist Atomstrom ein gutes Mittel gegen den Klimawandel. Und ein Verzicht auf den Atomausstieg bringt auch dem belgischen Staatshaushalt zusätzliche Geldmittel. Jetzt steht es endlich fest, dass sich die belgische Regierung zum Atomstrom bekennt. L'Echo begrüßt das.
Hat Atomenergie noch Zukunft?
Vers l'Avenir bemängelt im Kommentar, dass die jetzige Debatte vor allem von Lobbyisten dominiert wird. Dem Bürger fällt es da nicht leicht, sich ein vernünftiges Urteil zu bilden. Dass die Atomenergie die Energie der Zukunft ist, darüber kann man diskutieren. Gebraucht werden jetzt aber ehrliche und intelligente Argumente.
Für La Dernière Heure ist Ecolo der Verlierer der jetzigen Entwicklung. Genau wie die Öko-Abgabe kam auch der geplante Atomausstieg auf Initiative der Grünen zustande. Sobald die Grünen aber nicht mehr für eine Mehrheit gebraucht wurden, wurde diese ökologische Politik schnell wieder vergessen. Es sieht ganz danach aus, dass sich die Grünen von den anderen Parteien immer wieder an der Nase herumführen lassen.
Redaktion streikt
Het Nieuwsblad erscheint heute mit zwei Blanko-Seiten. Auch gestern fehlten in der Zeitung schon auf einer Seite die Artikel. Damit protestiert die Redaktion gegen die Kündigung von sechs Journalisten. Solange diese Maßnahme nicht zurückgenommen wird, wird jeden Tag eine zusätzliche Blanko-Seite in dieser Zeitung erscheinen.