Korruption, Erpressung und Vertuschung
So bringt Het Laatste Nieuws die Schlagzeile: Ein korrupter Rechtsanwalt schrieb in einer Geldwäscheaffäre ein Urteil anstelle der Vorsitzenden des Brüsseler Handelsgerichts, Francine De Tandt, und das zu seinem eigenen Vorteil. Die Polizei fand in seinem Büro zwei Farden voller Beweise für Korruption. Neben De Tandt geraten jetzt der Generalstaatsanwalt De Lentdecker und der Richter des Brüsseler Appellationshofes, Blondeel, in den Verdacht, die Richterin in Schutz genommen und die Affäre vertuscht zu haben.
De Tijd, die gestern den Stein ins Rollen brachte, berichtet heute: Die föderale Gerichtspolizei verfügt über Elemente, die zeigen, dass hohe Richter Unternehmer erpresst haben. Sie sollen gegen Bezahlung Betriebsleiter durch die Entsendung von Gerichtsvollziehern unter Druck gesetzt haben. Verschiedene Rechtsanwälte und selbst der juristische Dienst einer belgischen Großbank waren Opfer dieses Korruptions- und Erpressungssystems.
Die Dutroux-Affäre der Justiz
Das führt Het Nieuwsblad zu der Frage: Wird das zur Dutroux-Affäre der Justiz, einem Skandal, der die Richter aus ihrem Elfenbeintrum vertreibt? Wenn bewiesen wird, dass tatsächlich Urteile in millionenschweren Affären gekauft werden konnten, und dass politisch ernannte Richter Hand in Hand mit ihren Schirmherren handelten, muss der Elfenbeinturm bis auf die Grundfesten abgerissen werden. Es lebe der Rechtsstaat mit unabhängigen und untadeligen Richtern.
Het Belang van Limburg unterstreicht: Wenn das alles wahr ist, muss man daraus schlussfolgern, dass die gesamte Führung der Brüsseler Gerichte korrupt ist. Die Fortis-Affäre hat gezeigt, dass die Spitzenmagistrate in der Lage sind, die Regierung zu stürzen, ohne sich selbst dafür verantworten zu müssen. Belgien ist mehr ein Richterstaat als ein Rechtsstaat.
Wem kann man noch vertrauen?
De Standaard stellt die Fragen: Wem kann man noch vertrauen? Das Gericht ist entweder korrupt oder das Opfer einer Abrechnung. Was ist das Schlimmste? Die neue Affäre passt gut zu der sonderbaren Wende, die die Fortis-Affäre in den letzten Wochen genommen hat. Auch dort entstand der Eindruck, dass in Zeiten der Hochspannung okkulte Mechanismen in Bewegung gesetzt werden, die mit der Gewaltentrennung und anderen Prinzipien des Rechtsstaates bitter wenig zu tun haben. Wenn die Vorwürfe in dieser neuen Affäre zutreffen, müssen die Verantwortlichen die schwersten Strafen erhalten.
De Morgen unterstreicht: Die Folgen dieses Skandals sind nicht zu überschätzen. Zuerst zeigt er einen totalen Vertrauensbruch zwischen den höchsten Polizeidiensten des Landes und dem Brüsseler Gericht. Wenn die Korruption bewiesen wird, sind die Auswirkungen gigantisch. Jeder, der in der Vergangenheit von einem der betroffenen Richter ein negatives Urteil erhielt, kann dann verlangen, dass seine Sache neu behandelt wird und Schadenersatz fordern. Das könnte den belgischen Staat Millionen Euro kosten.
Die Justiz muss Rechenschaft ablegen
Le Soir schreibt unter dem Titel: „Die Justiz muss Rechenschaft ablegen“: Die Politiker werden ständig kontrolliert, doch die Justiz erscheint als stehe sie über dem Gesetz. Sie ist allmächtig, braucht sich nicht zu rechtfertigen und versteckt oder vertuscht ihre eigenen Funktionsstörungen. Das ist eine unerträgliche Situation, auf die die Politik seit der Dutroux-Affäre nicht reagiert.
La Derniere Heure erklärt: Die Bevölkerung verlangt nichts als die Wahrheit. Die Richter machen zu oft den Eindruck, als fühlten sie sich unantastbar. Ihr besonderes Statut muss mit Zurückhaltung, Unbescholtenheit und untadeligen moralischen Qualitäten einhergehen. Das ist eine absolute Notwendigkeit, wenn unsere Institutionen noch korrekt funktionieren sollen und die Magistrate geachtet sein wollen.
La Libre Belgique meint: Diese Affäre ist explosiv und riecht nach Schwefel. Noch ist niemand unter Anklage gestellt, und die Gefahr einer Manipulation oder Abrechnung ist nicht ausgeschlossen. Man muss der Sache auf den Grund gehen, denn die schon schwer angeschlagene Glaubwürdigkeit der Justiz steht auf dem Spiel.