Afghanistan - ein zweites Vietnam?
In Afghanistan sind gestern belgische Soldaten ins Visier der Taliban geraten. Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Militärkonvoi, in dem auch zwei belgische Fahrzeuge fuhren, gab es aber weder Tote noch Verletzte. Der Vorfall zeigt einmal mehr, wie sich die Lage in Afghanistan zugespitzt hat, meint dazu Het Belang van Limburg.
In diesem Zusammenhang machte der Oberbefehlshaber der amerikanischen Truppen am Hindukusch, General Mc Chrystal, mit einer alarmierenden Einschätzung von sich reden: die Taliban sind im Begriff die Oberhand zu erlangen. Das ist kein Wunder, meint das Blatt. Der von den Amerikanern eingesetzte Präsident Karzai hat gar nichts erreicht. Das Land ist zerfressen von Korruption und Misswirtschaft. Viel zu viele Afghanen sterben zudem durch Nato-Bomben. US-Präsident Obama wäre gut beraten, noch einmal die Geschichte des Vietnamkrieges nachzulesen.
La Libre Belgique teilt diese düstere Einschätzung. Der amerikanische Oberbefehlshaber hat mit erschreckender Offenheit Farbe bekannt. Acht Jahre hat der Westen gebraucht, um einzusehen, dass eine rein militärische Lösung zum Scheitern verurteilt ist. Nirgendwo im Mittleren Osten kann man auch nur ansatzweise von Demokratie sprechen. Für die Nato-Staaten wird der Krieg damit immer schwieriger zu rechtfertigen.
Brüsseler Börse im Aufwind
Sozusagen von der Heimatfront, genauer gesagt von der Brüsseler Börse, wissen einige Zeitungen indes Positives zu vermelden. Innerhalb von fünf Monaten verzeichnete der Bel20 Aktienindex ein Plus von 50%, berichtet u.a. De Morgen. Angetrieben wird die Brüsseler Börse durch die Finanzwerte. So hat sich der Kurs von Dexia seit Jahresbeginn verdoppelt, der von Fortis sogar verdreifacht.
Doch sollte man den Tag nicht vor dem Abend loben, warnt die Börsenzeitung De Tijd in ihrem Kommentar. Die Geschichte lehrt uns, dass auf einen Crash zuweilen eine kräftige Hausse folgen kann. So geschehen z.B. 1930, nach dem Absturz von 1929. Die Erholung war aber, wie wir heute wissen, nur von kurzer Dauer. Die Anleger müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Märkte im Augenblick sehr unruhig und volatil sind. Davon abgesehen: selbst ein Aufschwung an den Börsen ist nicht notwendigerweise ein Vorbote für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung. Die Staaten haben Unsummen investiert, um den Weltuntergang abzuwenden. An diesem Erbe werden wir noch schwer zu tragen haben.
Der eine spart, der andere spielt
Stichwort Geld: Der kleine Börsenboom mag es nicht vermuten lassen, aber der Belgier hat sich in den letzten Monaten auf das gute alte Sparbuch zurückbesonnen. Wie L'Echo berichtet, sind im letzten Halbjahr die Spareinlagen um satte 23 Milliarden Euro angewachsen. Ende Juni lagen auf belgischen Sparbüchern über 170 Milliarden Euro. Und das ist absoluter Rekord.
Und wem die Zinserträge nicht reichen, der sucht offensichtlich sein Heil im Glücksspiel. La Derniere Heure hat herausgefunden, dass die belgischen Kasinos ihren Umsatz um 20% in den letzten drei Jahren gesteigert haben. Die Zahl ist beeindruckend: 2008 haben die Belgier demnach in den neun Spielbanken des Landes 120 Millionen Euro ausgegeben.
Die Fortis-Gate-Affäre und der Rechtsstaat
Weiteres großes Thema in der Tagespresse ist heute einmal mehr die Justiz. Zum einen die Ermittlungen in der sogenannten Fortis-Gate-Affäre. Justizintern wird nach wie vor nach der undichten Stelle gesucht, nach demjenigen, der die Regierung Ende 2008 über den Inhalt eines Gerichtsurteils in Zusammenhang mit dem Fortis-Verkauf informierte. Neben einer Richterin am Brüsseler Appellationshof wird auch der Präsident des Kassationshofes verdächtigt, sein Berufsgeheimnis verletzt zu haben.
Der Eindruck, der hier entsteht, ist absolut desaströs, tobt De Morgen in seinem Kommentar. Kann der Bürger noch an einen Rechtsstaat glauben, in dem selbst die höchsten Magistraten offensichtlich elementare Grundregeln missachten? In jedem Fall dürfen die Vorfälle nicht ohne Folgen bleiben. Die Justiz muss ihre schwarzen Schafe bestrafen; ansonsten entsteht der Eindruck, dass es sich bei der Magistratur um eine Kaste handelt, die sich alles erlauben darf.
Verdächtige Todesfälle und quatschende Justizminister
Doch auch der Zustand der Justiz insgesamt ist einmal mehr Gegenstand der Berichte und Kommentare in einigen Zeitungen.
Le Soir etwa beleuchtet den Tod eines Häftlings im Gefängnis von Jamioulx bei Charleroi. Erste Untersuchungen scheinen darauf hin zu deuten, dass dem Ableben des Häftlings Gewaltanwendung von Seiten der Wärter vorausging. Dies ist nur ein weiteres Kapitel in diesem unseligen Sommerlochtheater, meint Le Soir in seinem Kommentar. Ob nun Ausbrüche in Serie oder verdächtige Todesfälle - seit Jahren ist bekannt, dass das belgische Justiz- und Gefängniswesen krank ist. Die einen brechen aus, andere rebellieren und wieder andere begehen Selbstmord. Auf der anderen Seite hält das Personal immer häufiger dem Druck nicht mehr stand. Und die Lösungen, die die Regierung in Aussicht stellt, sind und bleiben unzureichend. In diesem Zusammenhang übt Het Laatste Nieuws harsche Kritik am derzeitigen Justizminister Stefaan De Clerck.
Der schwingt sich selbst zum Heilsbringer auf, wirft seinen Vorgängern Untätigkeit vor, tut so, als seien die letzten Fortschritte im Justizwesen vor 10 Jahren erzielt worden, als er sein erstes Gastspiel als Justizminister gab. Und wenn er unter Druck gerät, dann versucht er mit aller Macht, den anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Das einzige was wir jetzt brauchen, ist aber ein Justizminister, der nicht quatscht, sondern die Probleme anpackt.