Gefängnisausbrüche und die Folgen
"Diese Mutter befreite ihren Sohn aus dem Gefängnis von Merksplas", titelt heute Het Nieuwsblad. Fast alle flämischen Zeitungen kommen heute noch einmal auf die jüngsten Gefängnisausbrüche in Brugge und Merksplas zurück und bringen insbesondere Fotos von Gaby Van Loo. Die 62-jährige sitzt inzwischen ihrerseits in Untersuchungshaft. Sie hatte am Dienstag vor dem Gefängnis von Merksplas mit ihrem Auto Position bezogen und auf ihren Sohn gewartet. Zusammen mit drei anderen Männern sprang der Sohn in den Wagen, die Mutter startete und brauste davon.
Das Schicksal ihres Sohns ist wohl für das Mutterherz von Gaby Van Loo nicht mehr zu ertragen gewesen, meint Het Laatste Nieuws. Das Blatt kommt auf seiner Titelseite in diesem Zusammenhang aber auch auf einen Vorschlag der flämischen Christdemokraten CD&V zurück. Demnach sollen Fluchtversuche künftig geahndet werden. Wer nach einem Ausbruch wieder eingefangen wird soll nach Ansicht der CD&V künftig mindestens 2/3 seiner Strafe absitzen müssen und nicht mehr nach 1/3 vorzeitig entlassen werden können.
PS und cdH laufen Sturm gegen liberale Sparpläne
Fast alle Zeitungen befassen sich heute mit der katastrophalen Haushaltslage. Der neue Haushaltsminister Guy Vanhengel hatte gestern einen rigorosen Sparkurs angekündigt. Der Open VLD-Politiker stellt dabei offen die automatische Aufstockung des Etats der Krankenversicherung in Frage. Die Antwort von PS und cdH ist auf der Titelseite von Le Soir zu lesen: Hände weg von der Sozialen Sicherheit. Die beiden frankophonen Regierungsparteien sind der Ansicht, dass gerade in Krisenzeiten die Soziale Sicherheit nicht angetastet werde dürfe.
Für De Morgen steckt die Regierung in einem Dilemma. Auf der einen Seite ist es logisch, dass die Ausgaben für die Gesundheitsfürsorge nicht automatisch um 4,5% erhöht werden können, wenn der Regierung krisenbedingt die Einnahmen wegbrechen. Auf der anderen Seite ist es aber genauso nachvollziehbar, dass die Ausgaben für die Soziale Sicherheit ansteigen, nicht nur wegen der Krise sondern auch vor dem Hintergrund der Vergreisung der Bevölkerung. Die Haushaltssanierung, wird das Thema nach der Sommerpause sein; und die Messer werden schon gewetzt.
Der Preis der Krise
Für das flämische Massenblatt Het Laatste Nieuws gibt es aber so oder so nur eine Alternative: es muss gespart werden. Wenn PS und cdH sich vor die Soziale Sicherheit stellen, dann ist das im Prinzip eine noble Haltung. Die zynische Wahrheit lautet aber: wenn die Ausgaben für die Gesundheitsfürsorge weiter in die Höhe schnellen, dann werden die Kinder der Patienten oder Pflegebedürftigen irgendwann zwangsläufig die Zeche dafür zahlen. Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Deshalb braucht dieses Land ein glaubwürdiges Sanierungsprogramm, ohne rote Tabus, ohne blaue Steckenpferde und ohne orange nicht-Fleisch-nicht Fisch-Lösungen.
Het Belang van Limburg übt seinerseits harsche Kritik an der Haltung der PS. Die frankophonen Sozialisten lehnen Einschnitte innerhalb der Sozialen Sicherheit strikt ab und verweisen dabei auf das Koalitionsabkommen. Nur muss man bedenken: der Regierungsvertrag wurde vor Ausbruch der Krise abgefasst. Man kann doch jetzt nicht einfach so tun, als wäre nichts passiert. Es muss doch wenigstens erlaubt sein, die Ausgaben für die Gesundheitsfürsorge einmal kritisch in Augenschein zu nehmen. Die Sozialisten wollen verhindern, dass der kleine Mann bestraft wird; sie sollen aber nicht vergessen, dass eben dieser kleine Mann ohnehin für die Haushaltssanierung früher oder später bluten muss
Die haushaltspolitischen Fehler der Vergangenheit
Für Gazet Van Antwerpen und La Libre Belgique ist der Grund allen Übels in der Vergangenheit zu suchen. Krise hin oder her: die Regierung Verhofstadt II, aus Liberalen und Sozialisten, hat eine haushaltspolitische Dummheit nach der anderen begangen. Die Haushalte der violetten Koalition waren auf Treibsand gebaut, meint etwa Gazet Van Antwerpen. Das Budget wurde nur über sogenannte One-Shots ausgeglichen; beispielsweise durch den Verkauf von Gebäuden. Während die Wirtschaft boomte, hat man die strukturellen Probleme nicht angepackt.
Die Früchte des Wachstums wurden buchstäblich zum Fenster rausgeworfen, fügt La Libre Belgique hinzu. Der Schuldenberg wurde nur zögerlich abgetragen. Und jetzt bekommen wir die Rechnung präsentiert: allein in den letzten sechs Monaten wurden wir um zehn Jahre zurückgeworfen.
Sonnenbänke am Pranger
Schließlich befassen sich viele Zeitungen mit der jüngsten Entscheidung der Weltgesundheitsorganisation, wonach künstlich erzeugte UV-Strahlen ausdrücklich als krebserregend eingestuft werden. Wer vor dem Alter von 30 Jahren regelmäßig zum Bräunungsstudio geht, weist ein um 75% höheres Krebsrisiko auf, schreibt u.a. Vers l'Avenir.
Vor diesem Hintergrund werden wohl ohne Zweifel schon bald Stimmen laut, die sich für ein Verbot von Sonnenbänken stark machen werden, meint dazu Le Soir. Eine solche Maßnahme wäre aber überzogen. Viele Dinge des Alltags gehen mit einem gewissen Gesundheitsrisiko einher. Wer Bräunungsstudios verbieten will, der muss auch Köstlichkeiten wie Käsefondue oder Schwarzwälder Kirschtorte auf den Index setzen, weil die ja auf kurz oder lang zu Gefäßverkalkungen führen können. Man kann kein Gesundheitsrisiko vollends ausschließen, auf die Gefahr hin, dass man die Augen vor der Realität verschließt.