Daerden: Keine große Begeisterung in Flandern
Der Clown Michel Daerden betritt den föderalen Zirkus, heißt es in De Standaard. Daerden ist der populärste wallonische Politiker und wird von seinen Anhängern auf Händen getragen. Er sorgt für seine Leute und sie sorgen für ihn. So geht es in Lüttich zu. Doch Politik ist noch etwas anderes als populär sein. Daerden verfügt in Flandern über keine Legitimität. Ausgerechnet er erhält das Pensionsministerium, einen der wichtigsten Pfeiler des Föderalstaates. Mit ihm wird auch dieser Pfeiler einstürzen.
Het Nieuwsblad findet: Der Alkoholmissbrauch ist nicht der größte Vorwurf, den man Daerden machen kann, sondern dass er ein Vertreter einer besonderen Art von PS-Kultur in der Wallonie ist, die aus persönlicher Bereicherung und Belohnung der Freunde besteht. PS-Präsident Di Rupo hat versprochen, dem ein Ende zu bereiten. Doch wenn er Flandern einmal beweisen könnte, dass es ihm ernst gemeint ist, sieht man nichts davon. Es ist unbegreiflich, dass Premierminister Van Rompuy eine Figur wie Daerden in seiner Regierung zulässt. Das zeigt, wie machtlos er ist.
Daerden Phänomen und nicht nur Clown
Het Laatste Nieuws schreibt: Daerden ist ein wallonisches Phänomen. Nicht nur seine Vorliebe für Burgunder sorgte für Probleme. Als Minister ließ er viele Budgets entgleisen, als Rechnungsprüfer profitierte er oft von Staatsaufträgen, und als Sozialist führte er ein luxuriöses Leben.
Daerden ist nicht nur ein Clown, unterstreicht Le Soir. Selbst Yves Leterme musste anerkennen, dass er bei den Verhandlungen über das Finanzierungsgesetz eine bessere Dossier-Kenntnis hatte als alle flämischen Unterhändler. Daerden ist ein echter Spezialist der Staatsfinanzen. Er kann sein Talent jetzt gebrauchen, um die Zukunft der Pensionen sicher zu stellen.
Vorrang für die regionale Ebene
De Morgen hat den Eindruck, dass auch für PS-Präsident Di Rupo die regionale Ebene wichtiger geworden ist als die föderale. Anders kann man nicht erklären, weshalb er ausgerechnet Daerden in die Föderalregierung katapultiert hat. Das geschah, weil Ecolo und die cdH zu Recht ein absolutes Veto gegen diesen Mann einlegten. Doch das ist noch kein Grund, um zehn Millionen Bürgern eine Figur vor die Nase zu setzen, die nicht in der Lage ist, über vier Millionen Wallonen zu regieren.
Auch De Tijd stellt fest: Auf beiden Seiten der Sprachengrenze setzen alle Parteien auf die Regionalregierungen. Dort sitzen die Minister, die eine Zukunft haben. Die Föderalregierung ist zweite Garnitur. Die Parteien erwarten nur noch wenig von ihr. Eine Sanierung der Staatsfinanzen wird wohl auch nicht kommen.
Het Belang van Limburg gibt zu bedenken: Die Umbildung der Föderalregierung ist ein weiterer Beweis dafür, dass getrennte Wahlen auf regionalem und föderalem Niveau eine Farce sind. Regionalwahlen haben Folgen für die Föderalregierung. Nach jeder Wahl werden alle Regierungen abgeändert und alle Parlamente neu zusammengestellt. Weil das alle zwei Jahre geschieht, ist eine langfristige Politik unmöglich geworden.
Die Macht der Parteipräsidenten
Gazet Van Antwerpen meint: Um eine effiziente Politik zu führen, müsste der Premierminister seine Regierung selbst zusammenstellen. In Belgien ist so etwas unmöglich. Fünf Parteien bilden die Regierung, und ihre Vorsitzenden fühlen sich wie Gottvater. Sie schieben die Minister wie Schachfiguren zwischen der föderalen und regionalen Ebene hin und her. Mit Michel Daerden sinkt das Ansehen der belgischen Regierung auf einen noch nie da gewesenen Tiefstand.
La Libre Belgique stellt fest: Die Parteipräsidenten sind in Belgien allmächtig. Sie ernennen und versetzen ihre Minister. Das ist gefährlich, weil alle Kandidaten für ein politisches Amt davor zurückschrecken, die Strategie der Präsidenten zu kritisieren. Sie bewundern sie weniger, als sie sie fürchten.
La Derniere Heure sieht in der Entfernung Daerdens aus der Regionalpolitik das Signal, auf das man wartete. Elio Di Rupo hat diesen Schritt gewagt. Das war nicht selbstverständlich, wenn man weiß, welchen Schaden Daerden ihm zufügen kann.