Sparen oberstes Gebot
Insbesondere natürlich in den flämischen Zeitungen, von denen einige in Schlagzeilen auf Seite 1 hervorheben, wie ernst Flandern es mit der Sparpolitik meint.
So unterstreicht Het Laatste Nieuws, dass die Zahl der Mitarbeiter in den Ministerkabinetten von bisher 490 auf 290 reduziert wird.
De Morgen titelt mit „weniger Geld und weniger Minister“. Statt der erwarteten zehn wird es in der neuen flämischen Regierung nur neun Minister geben.
Sozialer Schwerpunkt
Neben den Sparmaßnahmen enthält das flämische Regierungsabkommen auch eine Reihe neuer Initiativen. Die meisten davon, so schreibt Het Nieuwsblad, werden allerdings erst in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode in Kraft treten. Dies gilt u.a. für den Zuschlag zum Kindergeld und die für alle Flamen versprochene Krankenhausversicherung.
Gazet Van Antwerpen spricht von einem sehr sozialen Regierungsabkommen mit einer besonderen Aufmerksamkeit für die schwächeren Sozialschichten. Auffallend ist, dass die Staatsreform, für die Flandern sich in der Vergangenheit immer stark machte, kaum Erwähnung findet. Das gleiche gilt für die Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde. Schlussfolgernd meint Gazet Van Antwerpen, jetzt wird viel davon abhängen, ob die noch zu ernennenden Minister in erster Linie für ihre eigene Ehre arbeiten oder zum Wohle der Gemeinschaft.
Neue Steuern nicht ausgeschlossen
Het Laatste Nieuws urteilt, dass unter den gegebenen Umständen gegen die Schwerpunkte des Regierungsabkommens nicht viel einzuwenden ist. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die neue flämische Regierung sich letztlich nicht gezwungen sieht, die Steuerschraube anzuziehen oder die Sozialbeiträge zu erhöhen, um die Krankenhausversicherung und das zusätzliche Kindergeld finanzieren zu können.
De Morgen führt im gleichen Zusammenhang aus, offensichtlich will die neue flämische Regierungsmannschaft den Eindruck vermeiden, dass alles beim Alten bleibt. Ihr erstes Ziel ist in den nächsten zwei Jahren eine drastische Sparpolitik. Bei einem negativen Wachstum von fast 4% und einer steigenden Arbeitslosigkeit, hat sie auch kaum eine andere Wahl. Erst ab dem Jahre 2011 wird es wieder finanziellen Spielraum für neue Investitionen geben, so heißt es in De Morgen.
Sieben Minister hätten gereicht
De Standaard sieht in dem flämischen Regierungsabkommen ein deutliches Signal an die föderale Politik, dass man in Flandern diskret und professionell arbeiten kann. Dies steht im krassen Gegensatz zu dem derzeitigen Immobilismus und dem gegenseitigen Misstrauen in der föderalen Regierung Van Rompuy. Dennoch übt die Zeitung auch Kritik: sieben statt neun Minister hätten auch gereicht, doch sind offenbar nicht nur die politischen Inhalte sondern auch die Ministerposten von Bedeutung.
Scharfe frankophone Kritik
Die frankophonen Zeitungen reagieren in ihren Kommentaren in erster Linie auf die neuen Initiativen Flanderns in der sozialen Sicherheit, d.h. zusätzliches Kindergeld und eine Krankenhausversicherung für alle Flamen.
La Libre Belgique spricht diesbezüglich von einem Spiel mit dem Feuer, bei dem Flandern nicht nur die nationale Solidarität teilweise außer Kraft setze, sondern auch die künftige Diskussion über die weitere Staatsreform erschweren werde.
· Zum gleichen Thema heißt es in Le Soir: das ist die neue Strategie Flanderns, die darin besteht, föderale Kompetenzen in eigener Regie auszuweiten und darauf zu warten, dass die wallonische Region und die französische Gemeinschaft mangels eigener finanzieller Mittel, ganz von alleine kommen, um den flämischen Wunsch nach einer Staatsreform zu erfüllen. Das ist nicht nur eine Beleidigung gegenüber den Frankophonen, sondern zeugt auch von mangelndem Respekt vor den Flamen, denn schließlich sind sie es, die den Kindergeldzuschlag und die Krankenversicherung finanzieren müssen.
· In ähnlichem Sinne äußert sich auch La Derniere Heure, wenn sie schreibt, allem Anschein nach will Flandern den Süden des Landes finanziell austrocknen. Wenn es so weit ist, so die flämische Überlegung, werden die Frankophonen gelaufen kommen, um neue regionale Kompetenzen gegen Geld aus Flandern einzutauschen.
·
· Große Finanzlücke bei der Sozialversicherung
·
· Abschließend noch ein Blick auf die Lage der föderalen Sozialsicherheit, deren schwierige Situation Le Soir und L'Echo auf ihren Titelseiten hervorheben. So spricht Le Soir von einem Defizit das gegenwärtig bei fast 2 ½ Milliarden Euro liegt und das sich L'Echo zufolge im kommenden Jahr sogar verdoppeln könnte, wenn voraussichtlich knapp 80.000 Arbeitslose hinzu kommen werden. Dennoch, so zitieren beide Zeitungen die sozialistische Vize-Premierministerin Onkelinx, soll es finanzielle Abstriche in der Sozialversicherung vorerst nicht geben.