De Gucht entscheidet sich für Europa
So lautet die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Der Außenminister wird zum neuen belgischen Kommissar. Der VLD-Vorsitzende Verhofstadt muss einen neuen Vize-Premier für die Föderalregierung finden. Der ehemalige Premierminister Leterme wird wahrscheinlich Außenminister. Es wird wohl nicht die einzige Änderung in der Besetzung der Föderalregierung bleiben.
De Standaard legt aus: De Gucht hatte keine andere Wahl. Eigentlich wollte er noch warten, um auf föderaler Ebene dabei zu sein, wenn über den Haushaltsentwurf und die Ausländerpolitik entschieden wird. Doch der plötzliche Abgang von Louis Michel setzte ihn unter Druck. Hätte Belgien nicht schnell einen Nachfolger für Michel angedeutet, hätte das großen diplomatischen Schaden angerichtet.
De Tijd unterstreicht: Eigentlich wollte De Gucht nur EU-Kommissar werden, wenn er einen einflussreichen Posten erhalten könnte. Er hat das Amt des Kommissars für Handel im Auge. Doch er ist nicht der einzige. Die großen Mitgiedsländer arbeiten schon in ihren Lobbys. Alle wollen die großen wirtschaftlichen Posten. Und sie haben in Europa immer noch mehr Gewicht als die kleinen Staaten. De Gucht hat zudem den Nachteil des schlechten Rufs, den Belgien geniesst. Die europäischen Institutionen haben beobachtet, dass Belgien seit Jahren in einer politischen Krise steckt, durch die Entscheidungen ausbleiben. Die belgische Politik gilt als Vorbild dessen, was man nicht tun sollte.
De Gucht hat auch parteiinterne Gründe
Het Nieuwsblad erklärt: die Wahlniederlage hat die Liberalen in der Föderalregierung sehr geschwächt. Der heraufziehende Kompromiss über die Asylpolitik verlangt von der VLD, viel Wasser in den Wein zu geben. Auch bei der Haushaltsaufstellung können die Liberalen nicht punkten. Die Basis ist unzufrieden mit der Regierungsbeteiligung. De Gucht verlässt das Schiff rechtzeitig und geht nach Europa. Das illustriert die Verzweiflung, die sich bei der VLD breit macht.
La Libre Belgique behauptet: De Gucht hatte Gefallen an seiner Rolle als wichtigster Mann der VLD gefunden. Er wäre gerne noch belgischer Außenminister gewesen, wenn das Land im kommenden Jahr den europäischen Vorsitz übernimmt. Doch nach den Wahlen hat De Guchts Freund und Feind Verhofstadt wieder die Zügel in die Hand genommen. De Gucht spürte, dass er nicht mehr am Ruder bleiben konnte. Hinzu kommen die Gerüchte über Neuwahlen im Herbst. Danach hätte De Gucht keine Garantien mehr, zum nächsten belgischen Kommissar zu werden. Aus all diesen Gründen hat De Gucht schließlich zugestimmt.
Was macht Louis Michel?
Le Soir fragt, ob Louis Michel lange im Europaparlament bleiben wird. Der Mann hat niemals geleugnet, dass er wieder eine nationale Rolle spielen will. Die Wahlniederlage der MR hat ihm ein paar Hindernisse in den Weg gelegt.Jetzt wartet er auf die Föderalwahlen. Spätestens 2011. Vielleicht wartet er nicht so lange, wen in der MR Didier Reynders die Zügel abgeben muss und die Rollen neu verteilt werden. Schließlich braucht man bei den Verhandlungen über die Staatsreform erfahrene Schiedsrichter. Auch das wäre etwas für Michel.
Flämische Koalitionsverhandlungen vor dem Abschluss
Mit den flämischen Koalitionsgesprächen befasst sich De Morgen. Der flämische Haushalt wird erst im Jahr 2012 wieder im Gleichgewicht sein. Das sind schlechte Nachrichten für Premier Van Rompuy, der im Herbst einen fast unmöglichen föderalen Haushaltsplan aufstellen muss. Flandern muss in den kommenden Jahren mehr als zwei Milliarden Euro auftreiben. Dadurch kann eine Reihe von Wahlversprechen nicht eingehalten werden, bis wieder Geld vorhanden ist.
Gazet van Antwerpen spricht von einem soliden, aber nicht bahnbrechenden flämischen Abkommen. Erfreulich ist, dass man eine echte flämische Sozialsicherheit aufbaut. Ab 2012 soll der Haushalt wieder ausgewogen sein. Das ist mutiger und vernünftiger als die Absichten der wallonischen und Brüsseler Regierungen.