Schwere Zeiten für den Premier?
Het Laatste Nieuws warnt Premierminister Van Rompuy vor schweren Zeiten. Sein Parteifreund Kris Peeters hat seine flämische Koalition ausgehandelt ohne sich um seinen föderalen Amtskollegen Van Rompuy zu kümmern. Das ist der Vorbote der Haltung, die der N-VA-Vorsitzende De Wever gegenüber der föderalen Ebene einnehmen will: Heute nicht beachten, morgen dagegen arbeiten. Das Land steht vor entscheidenden Monaten. Die Liberalen werden sich zudem jeder Steuererhöhung widersetzen. Die MR schart sich um ihren Führer Reynders. Je mehr seine Widersacher über seinen Sturz spekulieren, desto kleiner wird die Aussicht, dass das geschieht.
EU-Kommissar Louis Michel, der in La Libre Belgique seine Rückkehr in die nationale Politik ankündigt, erklärt in einem Interview: Reynders braucht mich nicht zu fürchten. Michel will keine Spaltung der MR, sondern mit all seinen Kräften für die Partei arbeiten. Zur künftigen Staatsreform sagt er: Man kann sehr weit gehen, doch einige Bereiche müssen verschont bleiben, zum Beispiel die Sozialsicherheit. Eine Regionalisierung der Beschäftigungspolitik und der Justiz sowie eine Steuerhoheit für die Regionen lehnt er nicht ab. Man müsse alles tun, um vor den nächsten Wahlen im Jahre 2011 substantielle Fortschritte zu erzielen. Doch das wird nicht einfach sein. Das Land sei in Gefahr, wenn man die Verhandlungen den Fanatikern überlasse. Sie müssten von einem Rat der Weisen geführt werden.
EU bemängelt belgisches Defizit
De Standaard berichtet: Die EU-Kommission wird am Mittwoch den belgischen Haushaltsplan verwerfen. Eine realistische Haushaltsplanung und Absprachen mit den Regionen drängen sich auf. Premier Van Rompuy arbeitet bereits seit einigen Wochen an einem Zweijahresetat. Er hat festgestellt, dass die Prognosen, die Belgien der EU vorgelegt hat, nicht eingehalten werden können. Die Zurechtweisung durch die Kommission kommt nicht unerwartet. Dass Europa das belgische Stabilitätsprogramm in den Papierkorb wirft, schadet dem Ruf von Premier Van Rompuy, doch direkte Folgen hat es nicht. Theoretisch kann Europa Sanktionen auferlegen, doch bisher hat es noch keinen Gebrauch davon gemacht.
Zum gleichen Thema bemerkt De Morgen: Die EU ist zu dem Schluss gekommen, dass die Haushaltsentwürfe der Regierungen Leterme und des Van Rompuy-Kabinetts das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden. Es ist sehr selten, dass die Kommission aus einem Haushaltsplan Kleinholz macht: Fehlende Information, keine Sparmaßnahmen, kein Überblick über die finanzielle Lage der Gliedstaaten - und die Liste ist noch lang. Unterdessen ist auch die Stabilität der Van-Rompuy-Regierung in Gefahr, nachdem der liberale Koalitionspartner aus der Regionalregierung verdrängt wurde.
Flämische Koalitionsverhandlungen
Gazet Van Antwerpen glaubt, dass die regionalen Koalitionsverhandlungen in Flandern nicht einfach sein werden. Es gibt keinen Spielraum für eine neue Politik. Die Regierung wird sparen müssen, denn es droht ein Defizit von 1,9 Milliarden Euro. Kris Peeters wird alle Ausgaben unter die Lupe nehmen müssen, um überall zu sparen. Unterdessen verhandeln die künftigen Partner bereits über die Verteilung der Ministerämter.
Het Belang Van Limburg stellt fest, dass es mehr Kandidaten als Ämter gibt. Sicher ist, dass Kris Peeters Ministerpräsident bleibt und dass Erik Van Rompuy Parlamentspräsident wird. Eine Frage ist, ob Bart De Wever Vorsitzender de N-VA bleibt oder Minister wird. Die CD&V hätte nichts dagegen, weil er als Minister weniger Schaden anrichten kann, als an der Spitze seiner Partei.
Umstrittenes Kopftuch
Le Soir berichtet auf seiner Titelseite über den Widerstand der MR gegen das Tragen eines Kopftuchs durch die neue zentrumshumanistische Brüsseler Parlamentarierin Mahinur Özdemir. Die MR schlägt ein Verbot des Tragens aller religiösen und philosophischen Symbole in parlamentarischen Versammlungen vor. In seinem Leitartikel lehnt Le Soir dies ab, weil es gegen das Wesen des allgemeinen Wahlrechts verstoße. Eine solche Auswahl der Kandidaten zu treffen, gleicht mehr einem nordkoreanischen Regime als einer westlichen Demokratie.