"Haushalt 2013: Es könnte schlimmer sein", titelt Le Soir. "Die Open VLD erringt einen Sieg: Es kommen keine neuen Steuern", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. Lediglich zwei Zeitungen haben es geschafft, noch über die Einigung der vergangenen Nacht über die Haushaltsanpassung zu berichten.
Weißen Rauch gab es erst gegen ein Uhr in der Früh. Doch treffen auch viele Feststellungen der anderen Blätter heute noch zu. "Die Föderalregierung stolpert über die Ziellinie", bemerkt etwa De Morgen. La Libre Belgique kann sich ihrerseits nur wundern: Nach dem ganzen Getöse der letzten Tage muss man unterm Strich feststellen, dass die Haushaltskontrolle im Grunde eigentlich ziemlich banal war.
Die Föderalregierung hat in der Nacht zwar Sanierungsmaßnahmen im Gegenwert von 1,5 Milliarden Euro beschlossen. Die finanziellen Folgen sind aber vergleichsweise schmerzlos. Neue Steuern wird es nicht geben, allein die Abgaben auf Tabakprodukten werden erhöht. Auch die beschlossenen Sparmaßnahmen sind relativ geruchslos. Den Gürtel enger schnallen müssen die föderale Verwaltung, die SNCB und die Armee; Einschnitte soll es darüber hinaus im Gesundheitswesen geben. Aber alles in allem: Nichts Spektakuläres, hält Le Soir fest.
Einsparungen sind "fantasielos"
Het Nieuwsblad hat bei all dem den Eindruck, dass die Regierung vor allem Klischees vor Augen hatte. Bei der Armee sparen, in der Verwaltung; nebenbei die Akzisen auf Tabak erhöhen - das ist doch alles ziemlich fantasielos. Entscheidend ist wohl, dass alle Regierungsparteien quasi als Sieger aus den Verhandlungen herauskommen: Die PS schützt die Kaufkraft der Bürger, die flämischen Parteien können geltend machen, dass nicht an der Steuerschraube gedreht wurde. Doch gibt es keinen Grund für Euphorie. Schon bald muss der Haushalt 2014 geschnürt werden. Und dann geht’s wieder los.
Auch Le Soir traut dem Braten nicht. Die Regierung Di Rupo hat scheinbar wieder ein Wunder vollbracht. 1,5 Milliarden, die Europa gefallen und dem Bürger nicht wehtun. Das ist fast zu schön, um wahr zu sein. Kurzfristig stellt man damit vielleicht alle zufrieden. Der Beobachter wird aber das Gefühl nicht los, dass die wirklich wichtigen Reformen weiter auf die lange Bank geschoben werden.
Reformen im Kühlschrank
La Libre Belgique bescheinigt der Regierung ein gehöriges Maß an Geschick. Entscheidend war der Deal mit der EU-Kommission. Demnach wurde ja das bisherige Sparziel von 2,15 Prozent des Brutto-Inlandsproduktes nicht mehr wie ein Dogma betrachtet. Vielmehr verpflichtete sich Belgien dazu, verstärkt auf strukturelle, also bleibende Maßnahmen zu setzen. Durch dieses Aufweichen des Haushaltsfahrplans wurde die Lage entkrampft: Die PS feierte die Abkehr vom blindwütigen Sparkurs, die Liberalen bekommen dennoch ihre Sanierungsmaßnahmen. Bei all dem besteht aber eine Gefahr, nämlich die, dass die Regierung brotnötige Reformen jetzt in den Kühlschrank verfrachtet.
Zu viele Ämter sind ungesund
Auch die flämische Regierung hat ihre Haushaltskontrolle abgeschlossen. Finanziell steht Flandern bekanntlich deutlich gesünder da. Seit Jahren ist der Haushalt im Gleichgewicht. Und doch war die Haushaltskontrolle innerhalb der Peeters-Equipe von mitunter knallharten Auseinandersetzungen geprägt. Vor allem zwischen der CD&V und der N-VA, die ja Teil der flämischen Regierung ist. Einen Moment lang hatte sich ja sogar Bart De Wever persönlich in die Verhandlungen eingeschaltet, was momentweise fast schon wie ein Putschversuch aussehen konnte. Unter Normalumständen wäre die N-VA aus der Koalition geflogen, bemerkt den auch Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Dass das nicht passiert ist, liegt nur daran, dass Ministerpräsident Peeters die Koalition unverändert ins Ziel bringen will.
Die Geschichte zeigt aber, dass Bart De Wever sich irgendwann für einen Job entscheiden muss. Bürgermeister der größten flämischen Stadt zu sein und zugleich Parteivorsitzender, diese Kombination ist auf Dauer ungesund.
N-VA auf Dreißiger-Jahre-Kurs?
Apropos N-VA, apropos Antwerpen. Die N-VA geführte Mehrheit im Antwerpener Stadtrat musste ja eine empfindliche Niederlage hinnehmen. Die umstrittene Erhöhung des Einschreibegeldes für Ausländer, diese Maßnahme wurde von der zuständigen Provinzgouverneurin gekippt. Für die CD&V-Politkerin Cathy Berx kollidierte die Antwerpener Regelung mit belgischem und auch mit europäischem Recht. Die zuständige N-VA-Schöffin Liesbeth Homans will die Entscheidung aber nicht hinnehmen. Ihr Beschluss stehe im Widerspruch zu einem Gesetz von 1968? Nun, wir leben jetzt im Jahr 2013, sagt Homans unter anderem in De Standaard.
Bei De Morgen schrillten angesichts der Argumentation der N-VA die Alarmglocken. Vergleiche mit den Dreißiger Jahren sind ja anscheinend verboten, meint das Blatt sarkastisch. Aber die jüngsten Aussagen der N-VA-Schöffin Homans gehen doch verdächtig in eine gewisse Richtung. Homans unterscheidet ausdrücklich zwischen der juristischen und der tatsächlichen Realität.
Das ist nicht mehr weit von der "Le pays réel-Rhetorik von Léon Degrelle, der ja auch die tatsächliche Lebenswirklichkeit der Menschen in Konflikt sah mit der institutionellen und juristischen Realität. Davon abgesehen darf man erwarten, dass das nicht die letzte Provokation der N-VA in diesem Register war. Die Partei weiß, dass sie viele Ex-Vlaams-Belang-Wähler in ihren Bann gezogen hat. Die gilt es jetzt zu halten.
Belgier im Heiligen Krieg
"Jene Belgier, die sich für den Dschihad entschieden haben", so die Titelgeschichte von La Libre Belgique. Hier geht es um junge Männer, die meisten aus Flandern, die nach Syrien gegangen sind, um dort in den Heiligen Krieg zu ziehen.
Einer von ihnen ist im Krieg umgekommen, meldet Het Nieuwsblad auf Seite eins. Der 23-jährige Sean aus Laeken kämpfte seit November in Syrien: Er war zusammen mit vier Freunden in den Krieg gezogen. Bereits in der vergangenen Woche starb er bei einem Feuergefecht.
Monseigneur hat das Wort
"Homosexuelle sollten abstinent sein", zitiert Het Laatste Nieuws heute Monseigneur André-Joseph Léonard. Léonard hat sich in einem Interview mit RTBF und Le Soir zu dem Thema geäußert. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Abstinent sein? Léonard tue so, als beschränke sich Homosexualität auf Sex, konterten bereits Homosexuellen-Organisationen.
"Cyberkrieg mit belgischen PCs", titelt derweil De Standaard. Demnach sind Millionen von Computer in Belgien infiziert mit Programmen, die es Hackern erlauben, die Kontrolle über den Rechner zu übernehmen. Und die Computer können sie dann für ihre Zwecke einsetzen.
"Rekorddividenden für Aktionäre", jubelt das Börsenblatt L'Echo. Anscheinend geht es den börsennotierten Belgischen Unternehmen recht gut; und davon profitieren natürlich die Anteilseigner.
Fußball-Prinzessin
Das Foto einer jungen Frau schließlich findet man heute auf vielen Titelseiten wieder: Es ist Christel Kompany, die Schwester von Vincent, dem Kapitän der Fußballnationalmannschaft. Vincent Kompany hat ja den Brüsseler Fußballclub FC Bleid gekauft. Und seine Schwester Christel soll den Vorsitz des Vereins übernehmen. De Morgen nennt sie die "Prinzessin von Molenbeek".
Archivbild: Giuseppe Giglia (epa)