Die Wahlen rücken immer näher
Vers l'Avenir setzt seine Reihe von Umfragen über die Wahlabsichten in der Wallonie mit dem Wahlkreis Charleroi fort. Die herrschende Partei PS verliert demnach nahezu 15 Prozent. Die Sieger sind Ecolo mit plus 15 Prozent und die MR mit einem Gewinn von knapp 10 Prozent. Noch nie schnitt die PS in Charleroi so schlecht ab, notiert die Zeitung.
Preisverteilung für die Regionalminister
Le Soir stellt der wallonischen Regierung ein Zeugnis aus. Die Anstrengungen der PS- und cdH-Minister wurden oft von Skandalen überschattet, schreibt die Brüsseler Zeitung. Es ist paradox in dieser Legislatur, dass die Regierung hart am Aufschwung der Wallonie arbeitete und auch andere Herausforderungen in Angriff nahm, es ihr aber an Pro-Aktivität in ihrer Arbeit fehlte. Die Zeitung bewertet die einzelnen Minister. Am besten schneidet Ministerpräsident Demotte ab, gefolgt vom cdH-Umweltminister Lutgen. Letzter in der Bewertung ist Haushaltsminister Daerden. Der Mann ist mehr Clown als Minister, bemerkt Le Soir.
De Gucht schließt Sozialisten aus
Am Wochenende hat der VLD-Außenminister De Gucht sich gegen eine klassische Drei-Parteien-Regierung in Flandern ausgesprochen, meldet Het Laatste Nieuws. Für ihn ist es nicht selbstverständlich, dass die SP.A automatisch in der nächsten Regierung sitzt. Die N-VA steht der VLD auf wirtschaftlicher Ebene viel näher. In der Wallonie hat der cdH-Minister Lutgen seine Abscheu vor den Affären bei der PS kundgetan. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch die PS die föderale Regierung verlassen muss. Der Einsatz ist deutlich, erklärt der flämische Minister Frank Vandenbroucke: Die SP.A muss stärker werden, sonst kommt eine rechte Regierung zustande.
Für De Morgen hat Karel De Gucht den Sozialisten einen Gefallen getan. Er gab der SP.A die Chance, nach der sie lange suchte, ohne sie zu finden, nämlich die Opportunität, sich selbst in den Mittelpunkt des Wahlkampfes zu stellen. Die Krise der Linken ist zu strukturell und das Angebot der SP.A zu undeutlich. Für sie besteht Politik nur noch aus Regierungsteilnahme. Nach den Erklärungen des Außenministers werden die Sozialisten vielleicht einsehen, dass sie sich anstrengen müssen, um Wähler zu bewegen, für sie zu stimmen, ehe sie damit anfangen, Portefeuilles unter sich zu verteilen.
Müder Wahlkampf mit betrügerischen Kandidaten
Het Nieuwsblad bedauert, dass es bei diesem Wahlkampf kaum Begeisterung gibt, und dass viele das Gefühl haben, dass er um nichts oder nur sehr wenig geht. Es ist keine Wahl eines Premierministers wie 2007 zwischen den Kandidaten Verhofstadt und Leterme. Man schweigt auch über die Staatsreform. Selbst die europäische Konfrontation zwischen Dehaene und Verhofstadt ist kein Feuerwerk. Man fragt sich, worum es bei diesem Wahlkampf geht. Dabei gibt es einige Themen, die die Bürger betreffen: die Krise, die Arbeitslosigkeit und die Probleme der Altersversorgung.
Unter dem Titel „Alle Spitzenpolitiker betrügen die Wähler“, stellt Gazet van Antwerpen fest, 70% der flämischen Abgeordneten und Senatoren kandidieren auf den Regional- und Europalisten. Alle föderalen Minister tun das auch. Kein einziger hat auch nur die kleinste Absicht, in diesen Parlamenten Platz zu nehmen. Diese Gewohnheit muss aufhören. Wer sich auf eine wählbaren Platz für das eine oder andere Parlament setzen lässt, muss verpflichtet werden, auch in dieses Parlament einzuziehen, wenn er gewählt wird.
Start des Ghislengien-Prozesses
Im Juli 2004 forderte die Gasexplosion in Ghislenghien 24 Menschenleben und 132 Verletzte. Heute beginnt ein Gerichtsverfahren, das die Verantwortung für die Katastrophe aufzeigen soll. La Libre Belgique schreibt in ihrem Leitartikel: Die Angehörigen der Verstorbenen und die Überlebenden der Katastrophe erwarten eine Antwort auf Fragen, die sie seit fünf Jahren stellen. Sie haben das Recht, dass der Prozess Klarheit darüber verschafft, was damals in Ghislenghien geschehen ist. Sie müssen in Kauf nehmen, dass es wahrend des Verfahrens viele Streitereien zwischen Sachverständigen und Prozedurfragen geben wird. Das ist zur Findung der juristischen Wahrheit unerlässlich.
De Standaard bemerkt, das Verfahren von Ghislenghien betrifft nicht kleine Arbeiter, die einen Fehler machten, der zur Katastrophe führte. Es geht um jene, die auf höheren Posten waren und die die Explosion verhindern konnten. Die Spekulation mit dem Risiko und das Vertrauen in die belgische Vernunft, um im Notfall noch alles wieder zu Recht zu biegen, reicht in unserer komplexen Gesellschaft nicht mehr aus und ist sogar unmoralisch geworden.