Wahlkampf: Affären statt Inhalte
Le Soir bringt als Schlagzeile: "Im Wahlkampf gibt es immer mehr Schläge unter die Gürtellinie." Bisher war der Wahlkampf ja eher lau, schreibt die Brüsseler Tageszeitung. Vergangene Woche sorgte dann aber die Donfut-Affäre für Spannung. Jetzt hat die PS eine Gegenoffensive gegen die MR gestartet. Der liberale Politiker Olivier Chastel aus Charleroi, der viele der Politskandale der vergangenen Jahre ins Rollen gebracht hat, wird nun selbst des Subsidienbetrugs beschuldigt.
Dazu meint La Dernière Heure im Kommentar: Im Wahlkampf geht es jetzt Schlag auf Schlag. Olivier Chastel, der Mann, der sich in der Vergangenheit selbst profilierte, indem er Skandale sozialistischer Politiker ans Licht brachte, muss sich nicht darüber beklagen, dass die politische Auseinandersetzung jetzt noch bissiger wird. Aber im Grunde genommen wollen die Wallonen wissen, was Ihnen die Zukunft bringt. Werden sie das im laufenden Wahlkampf noch erfahren, fragt die Zeitung.
Vers L'Avenir unterhielt sich ausführlich mit der cdH-Parteivorsitzenden Joëlle Milquet. Wir brauchen Projekte, keine Affären, so wird sie mit einer Schlagzeile zitiert. Von den sechs cdH-Ministern habe bisher keiner zurücktreten müssen und keiner sei in einen Skandal verwickelt. Im Gegenteil, ihre Partei habe zahlreiche ethische Reformen angestoßen.
Le Soir kommentiert ebenfalls die aktuelle Entwicklung in der Wallonie: Noch hat das wallonische Parlament nicht die Reife für eine kopernikanische Revolution in Sachen verantwortungsbewusster Regierungsführung. Noch immer gibt es zum Beispiel keinen wallonischen Rechnungshof, der das Finanzgebaren der Politiker kontrollieren kann. Die junge wallonische Demokratie ist noch voll im Aufbau. Das hat viele Kinderkrankheiten zur Folge. Noch hat sie ihre Reife nicht erreicht.
Auch La Libre Belgique befasst sich im Kommentar mit dem Thema Politik und Ethik. In den vergangenen Tagen hat sich die Politik, die in der Bevölkerung sowieso nicht das höchste Ansehen genießt, wieder von ihrer schlechtesten Seite gezeigt. In der Wallonie braucht man überhaupt keine populistischen Parteien. Diesen Job besorgen die so genannten demokratischen Parteien selbst. Wir müssen feststellen, dass für viele Politiker nicht die Ethik das Wichtigste ist, sondern das schnelle Geld.
Schüler misshandelt
In der flämischen Presse sind die schockierenden Bilder der brutalen Misshandlung eines 14-jährigen Schülers durch einen Berufsschullehrer auf mehreren Titelseiten und in zahlreichen Leitartikeln das beherrschende Thema.
Der Lehrer, der einen Jungen mit dem Kopf in einen Eimer Mörtel steckte, wurde suspendiert. Es meldeten sich noch andere Opfer, heißt es in Het Laatste Nieuws. Auch die Schule trägt Mitschuld, schreibt De Standaard. Der Mariadal-Schule in Hoegaarden droht jetzt sogar die Schließung.
Het Nieuwsblad findet es im Kommentar absolut unverständlich, dass der betroffene Lehrer nach diesem Zwischenfall weiter unterrichten durfte. Manche Lehrer in Berufsschulen werden mit schwierigen Schülern einfach nicht fertig, aber auch die Schulleitungen wissen nicht, was sie tun müssen. Die jetzt öffentlich gewordene Misshandlung ist ein weiterer Beleg dafür, dass Lehrkräfte, die täglich mit schwierigen Schülern konfrontiert werden, weit mehr Begleitung und Unterstützung brauchen als sie bisher erhalten.
Was in der Schule von Hoegaarden passiert ist, erinnert den Leitartikler von Gazet Van Antwerpen an die Foltermethoden in Abu Ghraib. Dass sich so etwas in einem Gefängnis im Irak abspielt, findet man ja bereits unmöglich, aber dass sich ähnliche Szenen auch in flämischen Schulen zutragen, ist völlig inakzeptabel.
De Morgen meint: Ein verantwortungsbewusster Lehrer schlägt seine Schüler nicht. Aber es geht auch nicht an, dass die Schulen die fehlende Erziehung in den Elternhäusern nachholen müssen.
De Standaard stellt im Kommentar fest, dass in vielen Schulen Schüler unterrichtet werden müssen, die dort eigentlich nicht hingehören. Aber viele von ihnen, die eigentlich in psychiatrischen Jugendanstalten untergebracht werden müssten, finden dort keinen Platz mehr. Ein normaler Lehrer ist mit solchen Problemfällen völlig überfordert.