Im Einzelnen:
“Niederknien vor Kriminellen“, schreibt De Standaard auf Seite eins. “Papst Franziskus küsst die Füße von jungen Straftätern“, so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg. Viele Zeitungen veröffentlichen heute das Foto, das den neuen Papst zeigt, wie er den Insassen eines Jungendgefängnisses in Rom die Füße wäscht.
Viele Blätter bringen heute auch Eindrücke von den gestrigen Studentenprotesten. In Flandern und im frankophonen Landesteil haben junge Menschen zeitgleich gegen die ihrer Ansicht nach katastrophalen Bedingungen an den Universitäten und Hochschulen des Landes protestiert. “Der Aufschrei der Studenten überall in Belgien“, bringt es Le Soir auf den Punkt. Doch stellen sich einige Zeitungen die Frage, ob der Eindruck der Studenten wirklich stimmt.
Ist das frankophone Unterrichtswesen wirklich unterfinanziert?, fragt sich L‘Avenir in seinem Leitartikel. Das ist wohl eine Frage des Blickwinkels. In Belgien fließt vergleichsweise viel Geld der öffentlichen Hand ins Unterrichtswesen. Resultat: Jeder hat die Möglichkeit, ein Studium zu beginnen. Das ist an sich lobenswert. Es gibt aber einen Nebeneffekt: Immer mehr Jugendliche beginnen ein Studium, ungeachtet ihres Bildungsniveaus oder ihrer Motivation. Im Endeffekt wird viel zu häufig also eigentlich nur das Recht auf Scheitern finanziert.
Unterrichtswesen - Geld effizient anlegen!
Und doch sollte man die Protestkundgebung von Gestern nicht ignorieren, mahnt Le Soir. Zunächst einmal haben die Studenten ein hohes Maß an Reife bewiesen, indem sie ihre Kräfte gebündelt und in beiden großen Landesteilen zugleich ihre Forderungen zum Ausdruck gebracht haben. Denn in der Tat: Die Herausforderungen sind die gleichen. In diesem Land muss in Forschung und Entwicklung, in neue Technologien, schlicht und einfach in Gehirne investiert werden. Das ist auf Dauer der einzig effiziente Schutzwall gegen die Krise.
A propos Geld: Die Regierung sucht weiter nach Mitteln und Wegen, um den Haushalt wieder in die Spur zu bekommen. Weißen Rauch gab’ s aber auch in der vergangenen Nacht noch nicht. Dabei hatte sich gestern verhaltender Optimismus breitgemacht. “Die Atmosphäre ist schon ein bisschen besser“, zitiert Het Laastste Nieuws ungenannte Verhandlungsteilnehmer. Es sind vor allem die flämischen Liberalen OpenVLD, die derzeit mit beiden Füßen auf der Bremse stehen. “Der Streit um neue Steuern stellt die OpenVLD gegen alle anderen Koalitionspartner“, stellt Het Nieuwsblad fest.
Immenser Druck auf OpenVLD.
“Der Druck auf der OpenVLD ist immens“, titelt denn auch De Morgen. In der jetzigen Phase geht es aber nicht mehr so sehr um Politik, sondern viel mehr um Psychologie, konstatiert La Libre Belgique. Der Open VLD-Vizepremier Alexander De Croo steht auch partei-intern unter enormen Druck. Seine Parteichefin Gwendolyn Rutten hat ihm klar gemacht, dass er gelyncht werde, falls er mit einer neuen Kollektion an Steuern aus der Verhandlung herauskommt.
Das Grenz-Echo zieht eine Parallele zum heutigen Karfreitag. Die Regierung hat derzeit ein schweres Kreuz zu tragen. Zwar ist die EU-Kommission Belgien entgegengekommen. Sparziel ist nicht mehr ausdrücklich ein Defizit von 2,15 Prozent; vielmehr müssen strukturelle Maßnahmen mit nachhaltiger Wirkung auf den Weg gebracht werden. Doch EU-Kommissar Olli Rehn ist nicht Simon von Cyrene. Der hat Jesus auf seinem Kreuzweg einen Moment lang die Last abgenommen. Die Regierung muss ihr Kreuz alleine tragen.
Het Laastste Nieuws wünscht sich seinerseits mehr innerbelgische Solidarität. Vor allem die flämische und die föderale Regierung scheinen systematisch gegeneinander zu arbeiten. Ein Dialog findet nicht statt. Das führt dazu, dass Flandern es noch in Kauf nehmen würde, dass die Föderalregierung die Steuern erhöht. Hauptsache, man muss sich nicht beteiligen. Und auch die Wallonen und Brüsseler kochen ihr eigenes Süppchen. Ein föderales Land wie Belgien kann aber nur funktionieren, wenn alle Beteiligten föderale Bundestreue an den Tag legen.
L’Echo analysiert die Lage auf EU-Ebene. In Sachen Haushaltsdisziplin steht Deutschland inzwischen alleine da, stellt das Blatt fest. Und was muss das Nachbarland da über sich ergehen lassen! Immer häufiger werden Vergleiche mit Nazi-Deutschland angestellt. Das ist unlauter. Isoliert ist Deutschland auch deswegen, weil Frankreich sich in diesen Tagen verdächtig still verhält. Man würde sich einen François Hollande wünschen, der der deutschen Kanzlerin Angela Merkel den Rücken stärkt.
Lukratives Krankfeiern
"Strengere Kontrollen für kranke Beamte", kündigen Het Belang Van Limburg und Gazet Van Antwerpen auf ihrer Titelseite an. Demnach soll entschlossener vorgegangen werden gegen mutmaßliche Missbräuche in der föderalen Beamtenschaft. Hier geht es vor allem um das weit verbreitete Bunkern von Krankheitstagen, führt Gazet van Antwerpen in seinem Leitartikel aus. Die werden dann nämlich vor dem Eintritt in den Ruhestand buchstäblich abgefeiert.
Dieses Gewohnheitsrecht kollidiert mit dem gesunden Menschenverstand. Ähnlich sieht das Het Belang van Limburg. Umso mehr, als Beamte über eine Jobgarantie verfügen. Außerdem bekommen sie eine vorteilhaftere Pension.
La Libre Belgique befasst sich heute nochmal mit dem Terrorverdächtigen, der ja vor einigen Tagen erschossen worden ist. Das Blatt zeichnet die letzten Jahre seines Lebens nach: "Der sehr internationale Parcours des mutmaßlichen Terroristen Benladghem", so die Schlagzeile.
Auch auf der Titelseite von Het Laatste Nieuws geht es um islamistischen Terror: "Haltet Ausschau nach Jugendlichen mit langen Bärten", steht in Blockbuchstaben auf Seite eins. Diese Order gilt für die Antwerpener Polizei. Diese "Jugendlichen mit langen Bärten", das könnten nämlich junge Männer sein, die nach Syrien reisen wollen, um dort in den Heiligen Krieg zu ziehen.
Kompany versus De Wever
Einige Zeitungen berichten heute über eine bemerkenswerte Initiative des belgischen Fußball-Stars Vincent Kompany. Der Kapitän der Roten Teufel hat in seiner Heimatstadt Brüssel einen Fußballclub gekauft. Damit verbunden ist ein Sozialprojekt für benachteiligte Jugendliche aus Problemvierteln, wie unter anderem De Standaard und Het Laatste Nieuws berichten.
De Morgen ist voll des Lobes für die Initiative: Kompany hat seine Wuzeln nicht vergessen. Hier geht es längst nicht nur um den Kauf eines Fußballclubs, das ist ein gesellschaftliches Statement. Es ist ohnehin der zweisprachige Vincent Kompany, der wie kein Zweiter das Land in seiner Vielfalt repräsentiert. Insofern ist er zusammen mit der Nationalmannschaft im kommenden Jahr womöglich der härteste Gegner von Bart De Wever.