Amokfahrt macht Niederländer betroffen
„Die Niederlande ins Herz getroffen“ titelt De Standaard, Gazet Van Antwerpen schreibt „Schwarzer Tag für Oranien. Eine Amokfahrt am Königinnentag fordert sieben Menschenleben“. Het Laatste Nieuws bringt als Schlagzeile „Mit hundert Stundenkilometern durch die Menschenmenge“ und Le Soir titelt „Die Niederlande unter Schock nach dem wahnsinnigen Anschlag eines Verzweifelten“.
Im Kommentar schreibt Le Soir: Erst sah es nach einem Anschlag auf das niederländische Königshaus aus, das in unserem Nachbarland allerhöchsten Symbolwert besitzt. Mittlerweise stellte sich aber heraus, dass der Täter ein verzweifelter Mann war, der gerade seinen Arbeitsplatz verloren hatte und seine Miete nicht mehr bezahlen konnte. Vermutlich hat dieser Schicksalsschlag den Amokläufer in den Wahnsinn getrieben. Schuld wäre demnach die jetzige Wirtschaftskrise.“
Was wir jetzt nach dem Anschlag auf die königliche Familie in Apeldoorn auf jeden Fall nicht tun dürfen, ist in Panik geraten und drakonische Sicherheitsmaßnahmen treffen, empfiehlt Het Nieuwsblad im Kommentar. Als Kim De Gelder in Dendermonde Babys erstochen hatte, wurde auch empfohlen, Kinderkrippen in Hochsicherheitseinrichtungen umzubauen, aber glücklicherweise hat sich der Sturm inzwischen wieder gelegt. Uns bleibt nichts anderes übrig, als ganz normal weiterzuleben.
Het Laatste Nieuws meint im Leitartikel: Vorbeugen ist besser als heilen. Auch bei uns empfiehlt es sich, dass die Sicherheitskräfte bei königlichen Besuchen vorsichtiger werden. In den Niederlanden herrschen nun Schock und Trauer. Trauer wegen der unschuldigen Todesopfer. Schock, weil dies ein Anschlag auf das Herz der Nation war, dem absoluten Symbol für das, was die Niederlande ausmacht.
Auch De Standaard glaubt, dass die Niederländer in ihren Herzen getroffen sind. Es ist in dem Land anscheinend nicht mehr möglich, den Königinnentag in Sicherheit zu feiern. Jetzt macht sich in unserem Nachbarland wieder Betroffenheit breit und werden wohl Fragen gestellt wie „Warum passiert uns das?“ und „Was machen wir verkehrt?“ oder „Was läuft schief in den Niederlanden“?
Wahlkampf am Maifeiertag
Gestern war der 1. Mai und der stand in der Wallonie vor allem im Zeichen des Wahlkampfs und der Auseinandersetzung zwischen PS und MR. Vers L'Avenir schreibt: Didier Reynders griff die PS frontal an, Elio Di Rupo tat dasselbe mit den Liberalen.
Wahlkampf - Parteien lassen ihre Muskeln spielen, titelt La Libre Belgique. Die PS gibt dem politischen und wirtschaftlichen Liberalismus die Schuld an der jetzigen Krise, die MR kritisierte die konservativen Sozialisten. Im Kommentar meint die Zeitung: Eine Mehrheit der Bürger hat kein Vertrauen mehr in die Politik und die demokratischen Einrichtungen. Schuld hieran sind die zahlreichen Affären, die schönen Reisen der Politiker und die übertriebene Politisierung des Öffentlichen Dienstes. Das ist ein fruchtbarer Nährboden für den Populismus, der die Politikverdrossenheit ungeniert ausnutzt. Die Politiker scheinen unterdessen nicht zu bemerken, dass der Graben zwischen ihnen und den Wählern immer tiefer wird.
Der Leitartikler von L'Echo schreibt: Die Reden zum 1. Mai standen im Zeichen der Demagogie und der Karikatur. Es bleibt zu hoffen, dass nächstes Jahr wieder Konkreteres zu hören sein wird und eine Bereitschaft zum Dialog erkennbar wird.
De Tijd kommentiert: Was bei den gestrige Reden zum 1. Mai vor allem auffiel, war die Blutarmut der Sozialisten. Die Linke hat keinen eigenen Plan gegen die Krise, aber im Grund genommen haben das die Liberalen auch nicht. Wir brauchen aber dringend Politiker mit frischen Ideen und der notwendigen Motivation, um etwas zu bewegen.
In Flandern warnte die SP.A gestern vor einer konservativen Machtergreifung und einer Regierung ohne die Sozialdemokraten. Gazet Van Antwerpen findet eine solche Überlegung kontraproduktiv. Warum sollte der Wähler für eine Partei stimmen, die sich jetzt schon in der Opposition sieht?
Auch Het Belang Van Limburg sieht schwarz für die SP.A. Es ist fraglich, ob diese Partei in etwas mehr als einem Monat den Wähler noch überzeugen kann. Der SP.A fehlt eine Persönlichkeit, für die sich der normale Bürger begeistern kann. Außerdem wird der Partei nicht zugetraut, die Krise in den Griff zu bekommen.
Dauerblockade der Regierung Van Rompuy durch Wahlkampfstrategie?
De Morgen schließlich meint: Nach dem 7. Juni wird sich politisch nicht viel ändern. In der Wallonie werden sich danach PS und MR weiterhin einen Kampf auf Leben und Tod liefern, und das wird die Föderalregierung bestimmt destabilisieren. Wenn in Flandern auch noch die Liste Dedecker den Durchbruch schafft, wird das auf föderaler Ebene für noch größere Unruhe sorgen. Außerdem rücken dann schon die Wahlen von 2011 immer näher: Es ist also mehr als fraglich, ob die Regierung Van Rompuy irgendwann einmal richtig durchstarten kann.