Krise ... und kein Ende
Die schlimmste Krise seit dem zweiten Weltkrieg: unter dieser Schlagzeile berichtet De Morgen auf seiner Titelseite, dass der internationale Währungsfond für Belgien in diesem Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 3,8% voraussagt. Das ist doppelt so hoch wie die ursprüngliche Prognose des belgischen Planbüros, von der die Regierung bei der Erstellung des Haushaltes ausgegangen war. Folglich dürfte das Defizit für das laufende Jahr eine Rekordhöhe von 3 ½ Milliarden Euro erreichen. Zusätzliche Antikrisenmaßnahmen sind demnach so gut wie ausgeschlossen, auch wenn die Arbeitslosigkeit auf rund 10% anzusteigen droht.
Mit dem gleichen Thema beschäftigt sich ebenfalls Vers l'Avenir insbesondere aus der Sicht des wallonischen Unternehmerverbandes. Demnach wird sich das Konjunkturtief im Laufe des Jahres weiter verschlimmern, zumal auch die Investitionen rückläufig sind. Fast 2/3 der Betriebe, so ergab eine Umfrage, investieren zur Zeit nicht und die Hälfte geht davon aus, dass sich daran dieses Jahr nichts mehr ändern wird. Mit einem erneuten Aufschwung der wallonischen Wirtschaft rechnen die meisten Unternehmensführer frühestens für die zweite Hälfte des kommenden Jahres.
Unverantwortliches Verhalten der Sozialpartner
Um diesen schweren Zeiten die Stirn zu bieten, plädieren Belgiens Arbeitgeber dafür, nicht nur die Arbeiter, sondern auch ihre Angestellten aus wirtschaftlichen Gründen vorübergehend arbeitslos melden zu können. Dazu heißt es in Le Soir, sowohl die sozialistische Partei als auch die sozialistische Gewerkschaft sind dagegen, obwohl die Arbeitgeberseite damit droht, sie werde ohne eine solche Maßnahme zu Entlassungen gezwungen sein. Kommentierend heißt es dazu, offenbar missbrauchen beide Seiten die gegenwärtige Krise: die Unternehmer drohen mit Entlassungen, während die Gewerkschaften mit ihrem kategorischen Veto wahrscheinlich den Interessen jener schaden, die sie gerade verteidigen sollten, im Grunde auf beiden Seiten eine unverantwortliche Haltung.
Auch La Libre Belgique geht auf dieses Thema ein und schreibt u.a., der große Nachteil der wirtschaftlich bedingten Arbeitslosigkeit für Angestellte sind die hohen Kosten, die das Budget der sozialen Sicherheit sprengen könnten. Um dies zu vermeiden, dürfte die einzige Lösung darin bestehen, die Bürger zur Kasse zu bitten. Am Zug ist jetzt Arbeitsministerin Milquet. Wenn sie es schafft, die gegensätzlichen Standpunkte auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, dann sind das im anstehenden Wahlkampf wichtige Punkte für sie und ihre Partei, so schlussfolgert La Libre Belgique.
Der Goldene Händedruck bleibt
Mit dem Goldenen Händedruck für Spitzenmanager im Falle ihrer Entlassung befasst sich De Standaard. Eigentlich sollte diese großzügige Abfindung als Folge der Krise abgeschafft werden, doch ist die Regierung Van Rompuy offenbar nicht bereit, gesetzlich einzugreifen. Betriebe, die diese Regelung auch in Zukunft weiter handhaben, müssen lediglich eine Erklärung darüber abgeben, warum sie das tun, so hält De Standaard fest, obwohl sich die zuständige Parlamentskommission gestern einmal mehr entschieden gegen die Praxis des Goldenen Händedrucks ausgesprochen hat.
Wozu brauchen wir eine Armee?
Mehrere flämische Zeitungen befassen sich mit dem Afghanistaneinsatz der belgischen Fallschirmjäger, die in den vergangenen Tagen eine Säuberungsaktion der afghanischen Truppen gegen die Taliban-Rebellen auf dem Terrain begleitet
hatten.
Die Frage ist nun, so schreibt Het Belang van Limburg, ob sie damit über ihren eigentlichen Ausbildungsauftrag hinausgegangen sind. Mehrere Abgeordnete der Opposition sind zwar dieser Meinung, doch wenn Soldaten sich nicht wie solche aufführen dürfen, so heißt es weiter im Kommentar, dann haben wir auch keine Armee mehr nötig.
In ähnlichem Sinne äußert sich auch Het Nieuwsblad, wenn es schreibt, wenn die Paras sich nicht mehr aufs Terrain begeben dürfen, wenn sie nur noch mit Wasserpistolen schießen und auf gar keinen Fall in Kampfhandlungen verwickelt werden dürfen, dann sollte man sie besser abschaffen.
Het Laatste Nieuws betrachtet die Angelegenheit etwas nuancierter mit der Meinung, die Zweifel gewisser Parlamentarier an der Tragweite des belgischen Engagements in Afghanistan sind berechtigt. Angesichts dessen ist es umso bedauerlicher, dass Verteidigungsminister De Crem bereits seit 7 Wochen nicht mehr im Parlament war, um darüber Rechenschaft abzulegen. Dass die Opposition dies kritisiert und eine unverzügliche Debatte in dieser Angelegenheit verlangt, ist ihr gutes Recht.