Belgisches Schiff wahrscheinlich entführt mit Kurs auf Somalia
„Die Pompei antwortet nicht“, titelt heute die die Brüsseler Tageszeitung Le Soir. La Libre Belgique sieht Belgien auf ihrer Titelseite „in der somalischen Falle“; Gazet Van Antwerpen spricht auf Seite lapidar von „beklemmender Unsicherheit“. Am Samstagmorgen brach der Kontakt zu dem belgischen Baggerschiff Pompei plötzlich ab. Die Pompei befand sich zu dem Zeitpunkt nördlich der Seychellen. Der böse Verdacht hat sich inzwischen bestätigt: Das Schiff ist wohl in der Hand von somalischen Piraten. Unter den zehn Besatzungsmitgliedern sind auch zwei Belgier.
Einen Kontakt mit den Piraten gab es offenbar noch nicht, berichtet unter anderem De Standaard unter Berufung auf den föderalen Krisenstab. Das kann möglicherweise auch noch etwas dauern. In derartigen Fällen melden sich die Piraten mitunter erst nach dreißig Tagen, berichtet das Blatt. Fürs Erste hat de Krisenstab eine Nachrichtensperre verhängt.
Dass ein belgisches Schiff von Piraten gekapert wird, das musste früher oder später passieren, zitiert De Morgen einen Experten. Pro Woche durchkreuzt wenigstens ein belgisches Schiff die Gefahrenzone vor der Küste Somalias. Überraschend sei demnach allenfalls der Tatort: Noch nie sei ein Schiff in der Nähe der Seychellen, so weit von Somalia entfernt, angegriffen worden.
La Derniere Heure will ihrerseits jedoch die Freunde von Kreuzfahrten beruhigen. Erstens: Kreuzfahrtschiffe nehmen in der Regel andere Routen als Handelsschiffe, und zweitens: Ein Traumschiff wurde bislang noch nie von Piraten angegriffen.
Hilfe für Somalia der Schlüssel zur Lösung des Piraterieproblems?
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit der Frage, wie man sich gegen derartige Attacken schützen kann. Und alle sind sich einig: Die Bekämpfung der somalischen Piraten ist eine Sisyphusarbeit.
Für die Piraterie gilt im Wesentlichen dasselbe wie für den Terrorismus: Die Bekämpfung der Freibeuter mit militärischen Mitteln ist allenfalls ein Teil der Lösung, meint etwa La Libre Belgique in ihrem Kommentar. Zu lange hat die Internationale Gemeinschaft zugesehen, wie Somalia im Chaos versinkt. Damit wurde das Land am Horn von Afrika zu einer idealen Brutstätte für Gesetzlose aller Couleur. Wie der Zufall so will, findet am Mittwoch eine Somalia-Konferenz in Brüssel statt. Hier muss sich die Welt des somalischen Schicksals annehmen.
Auch Het Nieuwsblad blickt hoffnungsvoll auf die Brüsseler Somaliakonferenz. Warum sind harmlose somalische Fischer zu dreisten Piraten geworden? Doch nur, weil man das Land seit fast zwanzig Jahren seinem Schicksal überlassen hat. Trauriger Höhepunkt der Ohnmacht der Welt war die katastrophale US-Intervention in Somalia 1992-93, die zu allem Überfluss den Namen „Restore Hope“ trug. Dem Land wieder Hoffnung zu geben, das muss mehr denn je das Ziel der Welt sein, meint Het Nieuwsblad.
Belgischer Arzt in Somalia entführt
Dies, zumal Somalia jetzt noch im Mittelpunkt einer zweiten Affäre steht, die Belgien unmittelbar betrifft: Gestern wurde ein Team der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ in Somalia entführt. Darunter ist auch ein flämischer Arzt, berichtet unter anderem Het Belang Van Limburg auf seiner Titelseite.
De Morgen fügt hinzu: Die beiden Ärzte wurden in ihrem eigenen Wagen mit unbekanntem Ziel verschleppt, ihre somalischen Mitarbeiter wurden freigelassen.
Bespitzelungsaffäre: Dedecker isoliert
Die meisten Zeitungen kommen heute noch einmal zurück auf die jüngste Affäre um den flämischen Krawallpolitiker Jean-Marie Dedecker. Am Wochenende wurde bekannt, dass Dedecker einen Privatdetektiv auf den OpenVLD-Politiker und Außenminister Karel De Gucht angesetzt hat. Der Privatermittler sollte nach Worten von Jean-Marie Dedecker mutmaßliche dunkle Geschäfte der Familie De Gucht untersuchen.
Mit dieser Aktion hat sich Dedecker innerhalb der flämischen Parteienlandschaft isoliert, berichtet unter anderem De Standaard. Von einem „Cordon sanitaire“, jener Bannmeile, die schon um den Vlaams Belang gelegt wurde, ist demnach zwar noch keine Rede. Die Bereitschaft der anderen Parteien, mit der Liste Dedecker zusammenzuarbeiten, hält sich aber mehr denn je in Grenzen.
In seinem Kommentar will De Standaard die Vorgehensweise von Jean-Marie Dedecker aber nicht grundsätzlich verurteilen. Einen Privatdetektiv zu engagieren, ist an sich nicht illegal. Die Frage ist, welche Methoden er angewandt hat. Jedenfalls haben die Ermittlungen des selbst ernannten Robin Hood nichts ergeben. Nur über Dedecker selbst wissen wir jetzt ein bisschen mehr.
Andere Zeitungen sind in ihrer Beurteilung nicht so milde. Einen Privatdetektiv zu engagieren ist tatsächlich per se nicht illegal, meint etwa Het Laatste Nieuws. Allerdings gibt es da eine Grundbedingung: Die Arbeit des Privatermittlers muss in aller Transparenz erfolgen, mit Blick auf den Schutz des Privatlebens.
Jean-Marie Dedecker hat sich mit dieser Affäre jedenfalls in den eigenen Fuß geschossen. Seine Fans werden ihn zwar dafür nicht fallen lassen; der gemäßigte Flame mit gesundem Verstand könnte aber auf Abstand zur Liste Dedecker gehen.
Jean-Marie Dedecker hat sich darauf spezialisiert, seine politischen Gegner zu beschädigen, fügt Het Belang Van Limburg hinzu. Und das Ziel heiligt offenbar die Mittel. Dabei weiß man am Ende nicht mehr, wofür die Liste Dedecker eigentlich steht. Allerdings wirft die Affäre auch Fragen auf: So bekam Dedecker nach eigener Aussage eine Tipp von einem Justizvertreter, was besagte Ermittlungen erst in Gang brachte. Fazit: Es gibt offenbar selbst bei Gericht Menschen, die einem Jean-Marie Dedecker mehr vertrauen als der Justiz.
Le Soir indes sorgt sich um das Klima, das in dieser Vorwahlzeit zunehmend vergiftet erscheint. Auf der einen Seite ein flämischer Robin Hood, der vorgibt, die Demokratie retten zu wollen, aber eigentlich nur aus persönlichem Ehrgeiz und aus Rachegelüsten handelt. Und auf der anderen Seite der wallonische Parlamentspräsident José Happart, der wie ein rebellischer Igel die USA-Reise der wallonischen Abgeordneten mit aberwitzigen Argumenten zu verteidigen sucht. Da kann man nur hoffen, dass wir in dieser Woche wieder andere Stimmen hören: die der Vernunft.