Gazet van Antwerpen stellt fest: Jean-Marie Dedecker muss ständig eingreifen, um Brände zu löschen, die Anhänger seiner eigenen Partei gelegt haben. Die Aufstellung der Listen für die Regional- und Europawahlen haben zu einem heftigen internen Streit geführt. Dabei schneidet die LDD in den Meinungsumfragen gut ab. Die Frage drängt sich auf, ob sie schon in der Lage ist, Regierungsverantwortung zu tragen. Nach den Wahlen vom 7. Juni müssen CD&V und VLD vielleicht entscheiden, ob sie in den kommenden Jahren mit der sozialistischen SP.A oder mit der freibeuterischen Dedecker Partei regieren wollen. Das wird mehr als eine Entscheidung zwischen Mitte-Links oder Mitte-Rechts. Eine Koalition mit der LDD würde nämlich auch eine Zusammenarbeit mit einer Partei bedeuten, die sich vom Establishment distanziert.
De Standaard fügt hinzu: Wenn noch jemand auf der Liste Dedecker glaubte, man dürfe öffentlich Kritik an der Führung und den Kollegen üben, hat er diese Illusion nach dem Osterwochenende verloren. Auch bei der Liste Dedecker ist interne Demokratie eine störende Erscheinung, die man so schnell wie möglich bekämpfen muss. Dedecker wollte als weißer Ritter in den Wahlkampf einziehen, doch das ist ihm nicht gelungen.
Auch Het Nieuwsblad meint: Jean-Marie Dedecker hat am Wochenende wie ein Diktator Ordnung in seine Partei gebracht. Er will nicht dulden, dass seine Parteimitglieder ihre Meinung äußern. Alle, die glaubten, dass Parteien wie die LDD mehr politische Ethik an den Tag legen würden, fühlen sich betrogen. De Decker wurde vor zwei Jahren in die Kammer gewählt. Doch im Juni steht er als Spitzenkandidat auf den Listen für die flämische Region und das Europaparlament. Er will diese Ämter nicht ausüben, sondern Ersatzkandidaten einsetzen. Die Partei entscheidet an der Stelle ihrer Wähler.
Die Partei der Unzufriedenen
Het Laatste Nieuws behauptet: Mit Meinungsumfragen, die der LDD 16% der Stimmen prophezeien, zieht die Partei Unzufriedene an: Bürger, die nur eine vage Sympathie für Jean-Marie gemein haben, aber keine gemeinsame Sichtweise, keinen verwandten Lebensstil, nicht dasselbe Gesellschaftsbild, höchstens den gleichen Ärger. Es sind politische Asylanten, die nirgendwo anders Unterschlupf fanden.
Het Belang van Limburg findet: Die LDD ist zu einem Haufen Unzufriedener geworden, die es in anderen Parteien nicht mehr aushielten, sowie einiger bekannter flämischer Persönlichkeiten am Ende ihrer Karriere. Die, die jetzt für die Partei im Parlament sitzen, haben kein Gewicht. Ihr Beitrag zur Politik ist gleich Null. Dennoch wird die LDD mit den Stimmen der Unzufriedenen die Wahlen gewinnen. Dadurch versplittert die politische Landschaft noch mehr. Dann sind noch mehr Parteien nötig, um eine Regierung zu bilden. Man muss noch mehr Kompromisse schließen, und damit wird die Unzufriedenheit der Bevölkerung noch wachsen.
Der Etat entgleist
De Tijd hat berechnet, dass in den nächsten fünf Jahren 15 Milliarden Euro eingespart werden müssen, um den Staatshaushalt wieder ins Lot zu bringen. Das ist nicht nur die Schuld der Krise, sondern auch der Regierungen, die in den letzten Jahren die Zügel locker gelassen haben. Einsparungen in der Sozialsicherheit und beim Staatsapparat sind unvermeidlich. Ein soziales Blutbad ist nicht nötig, wohl aber die Bereitschaft, einige Tabus aufzugeben.
La Libre Belgique schreibt in ihrem Leitartikel: Alle Regierungen des Landes haben sich entschlossen, bis zu den Wahlen nichts zu tun, was die Wähler verärgern könnte. Der Staatshaushalt entgleist unterdessen und wird bald völlig außer Kontrolle geraten. Der Schneeballeffekt wird sich dieses Jahr wiederholen. Die Staatsschuld ist in eine Spirale geraten und beschleunigt das Defizit der Staatsfinanzen.
De Morgen kommentiert die misslungene Auferstehung des ehemaligen Premierministers Leterme. Er muss sich zuerst als Mensch wieder finden, ehe ein politisches Comeback möglich ist. Er will überstürzt zurückkehren und verbaut sich damit selbst seine politische Laufbahn.