Devolders Doppelschlag bei der „Ronde“
„Grandios“, titelt heute Gazet van Antwerpen; “Super Stijn“ meint Het Nieuwsblad; sogar der seriöse Standaard spricht auf seiner Titelseite von einem triumphalen Doppelschlag. Ausnahmslos alle Zeitungen berichten heute in großer Aufmachung über den Sieg von Stijn Devolder bei der gestrigen 93. Flandernrundfahrt. Der 29-jährige geht in die Geschichte der „Ronde“ ein, da ihm als einer der wenigen das Kunststück gelang, den renommierten Frühjahrsklassiker zum zweiten Mal in Folge zu gewinnen.
Obamas Traum
Noch mehr Aufmerksamkeit bekommt aber der neue Superstar der Politik, der neue US-Präsident Barack Obama, der in den letzten Tagen in mehreren Etappen den europäischen Verbündeten einen ausgiebigen Antrittsbesuch abstattete. Dabei wagte Obama in fast allen Belangen den Bruch mit der Vergangenheit. Der US-Präsident hat die richtigen Worte gefunden, um die Europäer in seinen Bann zu ziehen, bemerkt etwa Vers l'Avenir. Obama macht ein Bekenntnis zum Klimaschutz, träumt von einer atomwaffenfreien Welt und richtet sich dabei auf Augenhöhe an die Europäer. Die Welt hat sich binnen kürzester Zeit verändert, meint denn auch Het Nieuwsblad ein seinem Kommentar. Anders als sein Vorgänger hat sich der neue US-Präsident für eine freundschaftliche Haltung den Europäern gegenüber entschieden, geprägt von gegenseitigem Respekt. Zwar muss Obama seine Versprechen noch einhalten, bis auf weiteres sorgt der schwarze Präsident im Weißen Haus aber mit seinen noblen Absichten fast schon für Frühlingsgefühle.
Auch Het Laatste Nieuws reagiert enthusiastisch auf den Besuch des US-Präsidenten in Europa. Obamas erster Auftritt in Europa hatte einen fast schon historischen Anstrich. Er ist noch keine 100 Tage im Amt, und doch zeigt sich bereits, dass sich die amerikanische Außenpolitik grundlegend verändert hat. Die transatlantische Allianz ist wieder hergestellt, Amerika und Europa sind wieder eins. Seit Kennedy hat Europa nicht mehr so viele Erwartungen in einen amerikanischen Präsidenten gesteckt. Barack Obama übernimmt in diesen schweren Zeiten ohne Zweifel Verantwortung.
Barack Obama - ein naiver Träumer?
Einige Zeitungen warnen dagegen vor blindem Optimismus. Obama träumte in Prag den Traum einer atomwaffenfreien Welt, notiert etwa Het Belang van Limburg. Zweifellos ein schöner Traum, wenn er nicht nur wenige Stunden später schon von einer nord-koreanischen Rakete in Trümmern gelegt worden wäre. Tatsächlich haben ja die Steinzeitkommunisten von Pjöngjang, die ihren Untertanen nur Gras zu essen geben, die Welt provoziert, indem sie am Sonntag eine Rakete lancierten, die angeblich einen Satelliten ins Orbit bringen sollte. Damit bekommt Obama gleich die Grenzen aufgezeigt. Und hier zeigt sich auch schon die Gefahr, nämlich, dass die schöne Rhetorik der letzten Tage sich schnell in Wohlgefallen auflöst.
Ähnlich sieht das La Libre Belgique. Nordkorea hat den neuen US-Präsidenten gleich wieder auf den Boden der geopolitischen Tatsachen zurück gebracht. Zugleich lässt die nordkoreanische Rakete die Aussagen und den Traum von Barack Obama fast schon als hasardös oder zumindest total deplaziert erscheinen. Obama will Staaten wie den Iran oder Nordkorea mit Worten dazu bringen, ihre atomare Aufrüstung aufzugeben. Hier muss er allerdings irgendwann auch Resultate aufweisen können, auf die Gefahr hin, dass er am Ende als sträflich naiv da steht.
Die Türkei und die Trennung von Kirche und Staat
De Standaard kommt seinerseits noch einmal auf das Gerangel um einen neuen NATO-Generalsekretär zurück. Die Benennung des Wunschkandidaten fast aller NATO-Staaten, des Dänen Anders Fogh Rasmussen, war eine Zeit lang einzig durch die Türkei blockiert worden. Ankara hatte es den Dänen nicht verziehen sich im so genannten Karikaturenstreit vor die Medien gestellt zu haben. Durch sein Nein! zu Rasmussen hat der türkische Ministerpräsident Erdogan seinem Land einen Bärendienst erwiesen, meint De Standaard. Erdogan wollte die übrigen 27 NATO-Staaten dazu zwingen, einen Kandidaten abzulehnen, nur weil er die Meinungsfreiheit verteidigt hat. Die Botschaft ist fatal: es mag so aussehen, als habe selbst ein angeblich sekulärer islamischer Staat ein Problem mit der Trennung von Kirche und Staat. Und das ist auch ein schlechtes Signal an die gemäßigten Moslems hierzulande.
Fernand Koekelberg, das Opfer von Lynchjustiz?
Viele Zeitungen befassen sich heute mit der neuen Affäre um den Chef der föderalen Polizei, Generalkommissar Fernand Koekelberg. Am Freitag war Koekelberg vom neuen Innenminister Guido De Padt der versuchten Manipulation bezichtigt worden. Koekelberg soll dem Innenminister angeboten haben, eine ihn betreffende anonyme Klage unter den Teppich zu kehren. Damit sei er zum Opfer von Lynchjustiz geworden, zitieren heute etwa De Standaard und De Morgen den Polizeichef. In diesem Zusammenhang berichtet die Brüsseler Tageszeitung Le Soir, dass sich drei Gewerkschaften sogar an Premierminister Van Rompuy gewandt haben. Die neue Affäre Koekelberg werfe Fragen auf insbesondere im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit unseres politischen Systems. Und der Premierminister soll jetzt für Klarheit sorgen.