Turtelboom regularisiert ein wenig - gemischte Reaktionen
„Alleingang von Ministerin Turtelboom setzt die PS unter Druck“, titelt De Standaard. Mit ihrer Ankündigung, dass Familien mit schulpflichtigen Kindern unter gewissen Bedingungen ein vorläufiges Bleiberecht für ein Jahr erhalten, hat die OpenVLD-Ministerin klargestellt, wer in der Koalition das Sagen hat, schreibt die Zeitung. Die OpenVLD hat sich profiliert, die PS ist isoliert.
Het Laatste Nieuws kommentiert: Die Kritik von PS-Ministerin Arena und dem Zentrum für Chancengleichheit und Rassismusbekämpfung ist nicht angebracht. Sowieso ist das Zentrum eine staatliche Behörde, und die muss die Entscheidungen der Regierung ausführen und nicht kommentieren.
„Asylministerin Turtelboom ist die Schlaueste der Klasse“ meint Het Belang Van Limburg. Sie hat die Regularisierungsdebatte entschärft und ist ihr Image als Eiserne Lady erst einmal los. Außerdem hat sie der PS den Schwarzen Peter zugespielt. Diese Partei lässt sich sowieso nur von Ecolo gängeln. Turtelbooms Geste ist auch ein Erfolg für Van Rompuy und sie beweist, dass CD&V und OpenVLD auf der gleichen Wellenlänge sind.
„Gut, aber nicht gut genug“, so bewertet der Leitartikler von De Standaard den Vorstoß von Turtelboom. Nicht jeder illegal in Belgien wohnende Ausländer kann eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Gebraucht werden akzeptable und deutliche Kriterien, aber auf die kann sich die föderale Regierung anscheinend nicht mehr einigen. Vielleicht ist es deshalb besser, die Asylpolitik zu regionalisieren.
Di Rupo gegen Sparpläne
„Kein Sparplan“, so fasst Le Soir auf Seite 1 ein ausführliches Interview mit dem PS-Vorsitzenden Di Rupo zusammen. Ein Sparprogramm zur Sanierung der Staatsfinanzen sei eine Idee der Rechten, sagt Di Rupo. Es gehe doch nicht an, dass die Bürger für die Fehler der Finanzjongleure aufkommen müssen. Solange die Sozialisten in der Regierung seien, werde es einen solchen Sparplan nicht geben. Viel wichtiger wäre es, den Steuerbetrug zu bekämpfen und das Finanzministerium besser zu organisieren, so Di Rupo.
Van Rompuy denkt an Steuererhöhungen
In Het Laatste Nieuws sieht Premier Van Rompuy das etwas anders: In einem Interview sagte der Regierungschef, zur Sanierung des Staatshaushaltes seien Sparmaßnahmen absolut notwendig aber nicht ausreichend. Gebraucht würden auch Mehreinkünfte. Eine Erhöhung der Einkommenssteuer hält der Premier aber nicht für möglich. Er sieht wohl Spielräume bei der Mehrwertsteuer.
Wahlen: Krisenstimmung bei cdH und PS
Mit den bevorstehenden Wahlen befasst sich La Derniere Heure. In manchen Parteihauptquartieren herrscht Panik. Vor allem bei der PS und bei der cdH sorgen die Meinungsumfragen für Krisenstimmung. Die cdH befürchtet, nur noch viertgrößte Partei im französischsprachigen Landesteil zu werden. Die PS kann sich nach den Wahlniederlagen von 2006 und 2007 keine neue Schlappe leisten.
Listenplatz H. Grommes
Im Grenz-Echo erfahren wir auf Seite Eins, dass die cdh-Präsidentin Milquet beim gestrigen Eupen-Besuch ankündigte, dass der ostbelgische Regionalabgeordnete Herbert Grommes im Bezirk Verviers auf der cdH-Ersatzliste für die Regionalwahlen kandidieren wird.
Stimmenmagnete missachten Wählerwillen
Im Kommentar kritisiert La Libre Belgique die Art und Weise, wie momentan die Listen für die Europa- und Regionalwahlen zusammengestellt werden. Manche Parteien haben beschlossen, die Politiker auf die ersten Listenplätze zu setzen, die sich eines großen Bekanntheitsgrades und einer großen Beliebtheit bei den Wählern erfreuen, um so möglichst viele Stimmen zu kassieren. Nicht in Ordnung ist aber, dass viele dieser Stimmenmagnete überhaupt nicht vorhaben, ins Europa- oder Regionalparlament einzuziehen, weil sie lieber Minister bleiben wollen. Das bedeutet aber, dass der Wählerwille nicht respektiert wird. Und dann muss man sich über die Politikverdrossenheit der Bürger nicht wundern.
Bewährt sich Jugendstrafrecht im Fall Marius O.?
Unter anderem in Het Nieuwsblad erfahren wir, das Mariusz O., der junge Komplize des Mörders von Joe Van Holsbeeck, die Jugendhaftanstalt sechs Monate früher als vorgesehen verlassen konnte und zu seinen Eltern nach Polen zurückgekehrt ist. Im Kommentar zeigt die Zeitung Verständnis für die Enttäuschung und Bitterkeit von Vater Van Holsbeeck. Die Justiz hat der Familie nicht das Gefühl vermitteln können, dass das Recht gesiegt hat.
Le Soir kommentiert: Es ist zu hoffen, dass die Haftentlassung von Mariusz ein Erfolg wird. Wichtig wäre es aber, dass dies auch überprüft wird. Nur so lässt sich nämlich feststellen, ob unser Jugendstrafrecht wirklich etwas bringt.