Dabei kam es zu widersprüchlichen Aussagen der Herren Leterme und Reynders.
Le Soir kommt zu dem Schluss: Die Mehrheit will etwas verbergen. Wenn einer der beiden Politiker gelogen hat, besitzt der Untersuchungsausschuss den Beweis für einen Verstoß gegen die Gewaltentrennung. Doch niemand in der Mehrheit will die Wahrheit kennen. Wenn das das Ergebnis der Untersuchungskommission ist, hat sie in der Ausübung ihres Auftrags versagt.
L'Echo fügt hinzu: Der Kalender, den die Kommission sich selbst auferlegt hat, gestattet ihr nicht, Konfrontationen zu organisieren. Die Mehrheit hat sich anscheinend darauf geeinigt, weil sie zu explosiv wären. Jetzt muss man sich fragen, wozu der Ausschuss noch dient.
Auch Het Laatste Nieuws findet: So wie sie arbeitet, kann diese Kommission nichts ans Licht bringen. Ein Untersuchungsrichter würde ganz anders verfahren. Er würde SMS in Beschlag nehmen - auch die des Premierministers - Richter und Kabinettschefs miteinander konfrontieren und unter Druck setzen. Diese Kommission wird das nicht tun. Sie will keinen Streit und die Regierungsparteien haben beschlossen, dass die Koalition nicht über Fortis fallen wird.
Jemand lügt unter Eid
De Standaard unterstreicht: Jemand lügt unter Eid. Finanzminister Reynders hat zwar ständig wiederholt, dass er und sein Kabinett nichts wussten, doch ihm steht die Behauptung von Yves Leterme gegenüber. Es hat ungesunde Kontakte zwischen den Kabinetten und der Magistratur gegeben.
Über Bekanntschaften versuchten die Kabinette links und rechts so viel Druck auszuüben, damit die Gutachten und Urteile der Gerichte in die Richtung gingen, die der Regierung passte. Diese Kommission wird politisch und juristisch im Sande verlaufen.
Gazet van Antwerpen behauptet: Finanzminister Reynders war nicht sehr überzeugend. Etwas sagt uns, dass er nicht die reine Wahrheit spricht. Wusste sein Kabinettschef tatsächlich nicht im voraus wie die Gutachten und Urteile ausfallen würden und hat er keine Richter unter Druck gesetzt? Für Reynders sollte man keine Hand ins Feuer legen.
Het Nieuwsblad notiert: Gestern sollte der Tag der Wahrheit sein, doch es wurde ein Tag der Widersprüche. Reynders sagte etwas anderes als Leterme. Es liegt auf der Hand, dass einer der beiden Spitzenpolitiker lügt. Ist es der aalglatte Finanzminister oder der ehemalige Premier Leterme, der erwartet, dass die Kommission ihn rein wäscht?
De Morgen hofft, dass die Befragung der drei anderen Vize-Premiers Onkelinx, Milquet und Dewael heute noch ein wenig Licht in die Affäre bringt. Nach einer Woche sind noch viele Fragen unbeantwortet. Heute ist schon der letzte Tag der Anhörungen.
Es ist nicht sicher, dass der Ausschuss jetzt schon in der Lage ist, ein Urteil über die Ereignisse in der Fortis-Affäre zu sprechen. Doch mehr Zeit hat er nicht, weil die Mehrheitsparteien beschlossen haben, dass seine Arbeiten zu Beginn des Wahlkampfes beendet sein müssen.
Der Brief des Richters
Het Belang van Limburg kommt auf den Brief des Vorsitzenden des Appellationshofs an den Untersuchungsausschuss zurück. Der Richter behauptet darin, dass die Regierung Leterme tatsächlich den Inhalt des für sie negativen Gutachtens schon vor seiner Veröffentlichung kannte. Die Regierung habe über ihre Anwälte Druck ausgeübt, um die Verkündung hinauszuzögern oder sogar zu verhindern. Damit ist die Akte Fortis endgültig zu einem offenen Krieg zwischen Politik und Justiz entartet.
Auch La Libre Belgique kommentiert diesen Brief des Richters. Er ist überzeugt, dass es Manöver gab, um den Appellationshof an der Verkündung des Urteils zu hindern. Das geht an die Substanz des demokratischen Systems. Es handelt sich um Richter, von denen man die größte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit erwartet. Wenn das Geheimnis der Beratungen geschändet wurde, ist die Demokratie erschüttert.
Die Grundpfeiler unserer Institutionen sind erschüttert. Sowohl im Kassationshof als auch im Berufungsgericht ist ein offener Krieg zwischen Richtern und Magistraten ausgebrochen. Die Parlamentarier müssen diesen Aspekt der Affäre aufdecken und um jeden Preis die Wahrheit ans Licht bringen.