Die Themen im Einzelnen.
Mit Erstaunen stellen viele Zeitungen fest, in was für eine große Krise das kleine Land Zypern die Europäische Union gestürzt hat. Das zypriotische Parlament hatte das EU-Hilfspaket abgelehnt, mit dem die Banken des Landes und der Staat selbst vor dem drohenden Bankrott gerettet werden sollten. Hauptgrund für die Ablehnung ist eine Zwangssteuer auf alle Spareinlagen in zypriotischen Banken.
Die Kommentatoren suchen nach Verantwortlichen für die Krise. Le Soir schreibt dazu: Es wäre jetzt einfach, mit dem Finger auf die Politiker in Zypern zu zeigen, sie als unfähig hinzustellen, wie man das in Brüssel jetzt macht. Doch das ist falsch. Den Fehler haben die europäischen Einrichtungen selbst begangen. Sie haben einstimmig, diesen Aktionsplan verabschiedet, der das Vertrauen in die Euro-Zone unterminiert. Denn mit ihrem Beschluss, auch Sparguthaben unter 100.000 Euro mit der Steuer zu belegen, haben die europäischen Entscheidungsträger ihr eigenes Wort gebrochen. Die wirkliche Bedrohung für Europa ist nicht finanzieller Art, sie liegt in der Unfähigkeit, Europa richtig zu regieren, meint Le Soir.
Was für eine Blamage!
Ähnlich kommentiert L'Avenir: Zypern ist das neue schwarze Schaf Europas. Aber die EU ist mindestens genauso zu kritisieren. Wir wollen als Beleg dafür nur die erste Äußerung von Herman Van Rompuy zu diesem Thema zitieren. Er sagte: Jahrelang hatte man Zypern mit einem jährlichen Haushaltdefizit von über 10 Prozent schalten und walten lassen. Man hat nicht darauf reagiert. Zitat Ende. Was soll man dazu sagen? Muss man diesen Fehler etwa jetzt verzeihen?, fragt sich L'Avenir.
L'Echo nimmt sich einzelne Personen vor und schreibt: Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem ist erst seit kurzem Chef der Euro-Gruppe. Jörg Asmussen lediglich seit gut einem Jahr Mitglied im Direktorium der Europäischen Zentralbank. Eigentlich wäre es an ihnen gewesen, diesen katastrophalen Zypern-Beschluss in Brüssel zu verhindern. Sie hätten voraussehen können, was das für Folgen hat. Vielleicht hat ihnen die Routine gefehlt. Wer weiß was der erfahrene Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, und der langjährige Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker entschieden hätten. Leider werden wir das nie erfahren, konstatiert L'Echo.
Für Het Nieuwsblad sind die jüngsten Entwicklungen auf Zypern nur noch peinlich: Was für eine Blamage für Europa! Jetzt müssen die Russen Zypern retten, das großartige Projekt EU kann oder will das nicht mehr leisten. Nicht nur die Glaubwürdigkeit in die Union ist tief erschüttert, auch der europäische Traum hat Schaden genommen, findet Het Nieuwsblad.
Rosa oder roter Stift?
"Belgien bekommt als erster eine Strafe von Europa", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Die Zeitung will das von Mitarbeitern der EU-Kommission erfahren haben. Grund: Die 2,9 Milliarden Euro, die der belgische Staat als Kapitalspritze in die Reste der Dexia-Bank gesteckt hatte. Die EU-Kommission wertet das als Staatsausgaben. Damit würde das Haushaltdefizit in 2012 über der magischen Grenze von drei Prozent liegen. Nach EU-Regeln wird dann eine Strafzahlung fällig.
Wie kann man nur so blauäugig sein, fragt sich Het Laatste Nieuws in ihrem Kommentar. Unsere Politiker hätten sich doch denken können, dass die EU-Kommission anders rechnet. Bei den gerade anlaufenden Nachverhandlungen zum Haushalt 2013 wollten es einige locker angehen. Allen voran der neue Finanzminister Koen Geens. Er meinte, dass einmalige Sparmaßnahmen erstmal genügen, strukturelle Entscheidungen könne man auf Herbst verschieben. Doch die EU-Kommission hat uns daran erinnert: Ein Nachlassen in den strukturellen Sparbemühungen kann uns teuer zu stehen kommen. Der rosafarbene Stift muss bei den Haushaltsverhandlungen wieder dem roten Stift weichen, meint Het Laatste Nieuws.
Unschuld verloren
"Schwere Betrugsfälle an der Uni", titelt De Morgen. "Rektoren gehen gegen Betrügereien vor", so De Standaard. Beide Zeitungen vermelden, dass zumindest die flämischen Universitäten schärfer gegen Wissenschaftsbetrug vorgehen wollen.
An der Freien Universität Brüssel waren in jüngster Zeit mehrere Fälle vor allem im medizinischen Bereich entdeckt worden. Kommentierend meint dazu De Standaard: Wir sind um eine Illusion ärmer. Die Wissenschaft hat ihre Unschuld verloren. Laut einer Umfrage der niederländischen Zeitschrift EOS kennen 44 Prozent der Wissenschaftler Kollegen, die bei ihren Forschungen schon mal geschummelt haben. Das ist erschreckend. Gerade wenn man weiß, wie wenig dieser Fälle nur bekannt werden.
Das liegt an den Universitäten selbst, an den Wissenschaftsbetrieb, wo es sich nicht gehört, einen Kollegen anzuschwärzen. Dagegen muss jetzt vorgegangen werden. Universitäten müssen wieder zum Hort der Kritik werden. Auch gegen sich selbst, auch gegen ihr eigenes Personal, so De Standaard.
Archivbild: belga