Viele frankophone Zeitungen berichten ihrerseits ausgiebig über das Urteil im Prozess gegen die Bande um den Lütticher Schwerverbrecher Marcel Habran.
Viele Blätter beschäftigen sich schließlich noch mit einem belgo-belgischen Streit über die diplomatische Vertretung des Landes in den USA.
Flugzeugabsturz von Schiphol - Spekulationen über Ursache
„Zwei Defekte innerhalb einer Woche“, titelt heute das flämische Massenblatt Het Laatste Nieuws. Tatsächlich hat sich herausgestellt, dass die Unglücksmaschine der Turkish Airlines, die am Mittwoch unweit des Amsterdamer Flughafens Schiphol abgestürzt ist, in letzter Zeit schon häufiger mit Problemen zu kämpfen hatte.
In der Woche vor dem Absturz musste die Boeing 737 gleich zweimal wegen technischer Probleme am Boden bleiben. Noch am Montag, zwei Tage vor dem Unglück, konnte die Maschine nicht starten, weil der Bordcomputer aus unerklärlichen Gründen Alarm schlug. Die Turkish Airlines weist aber Vorwürfe zurück, wonach sie aus Kostengründen den Unterhalt ihrer Flugzeuge vernachlässige.
Die Ursache des Unglücks bleibt derweil unklar, berichtet De Morgen. Während die einen mutmaßen, der Maschine sei der Treibstoff ausgegangen, machen andere die Unerfahrenheit der Piloten für das Unglück verantwortlich.
Het Nieuwsblad stellt seinerseits die Frage, ob die Rettungskräfte um den Flughafen Zaventem auf ein vergleichbares Unglück vorbereitet wären. „In jedem Fall müssen wir die Lehren aus der Katastrophe ziehen“, zitiert das Blatt den Bürgermeister von Zaventem, Françis Vermeiren. Vermeiren will in Kürze mit Vertretern sämtlicher Rettungsdienste noch einmal eine Bestandsaufnahme vornehmen.
Nach dem Urteil - Habran-Prozess wirft Fragen auf
Vor allem die frankophonen Zeitungen beleuchten heute ausgiebig das Urteil im Prozess gegen die Bande um den Schwerverbrecher Marcel Habran. Die insgesamt elf Angeklagten mussten sich unter anderem wegen einer Serie von von spektakulären Überfällen auf Werttransporte vor dem Lütticher Schwurgericht verantworten.
Vor allem festzuhalten ist, dass Marcel Habran für schuldig befunden wurde, tatsächlich der Anführer der Bande gewesen zu sein. Das allein war ihm schon schwer nachzuweisen, betont La Derniere Heure. Abgesehen von einigen wenigen DNA-Spuren gab es in diesem Mammutprozess nämlich keine materiellen Beweisen.
Außerdem herrschte das Gesetz der Omerta: Die Angeklagten haben sich nicht gegenseitig belastet, von etwaigen Geständnissen ganz zu schweigen. Das Gericht konnte sich nur auf Aussagen anonymer Kronzeugen basieren. Resultat: Vier der insgesamt acht Morde, die Gegenstand des Verfahrens waren, bleiben auch nach dem Prozess unaufgeklärt.
Einige Zeitungen stellen denn auch die Frage in den Raum, was der Prozess am Ende gebracht hat. Zu viel ist zu viel, meint etwa La Libre Belgique. Es war der Prozess der Superlative, eines der längsten Verfahren der belgischen Rechtsgeschichte. Gegenstand waren nicht weniger als 20 Verbrechen. Angesichts der personellen und materiellen Mittel, die durch den Prozess mobilisiert wurden, muss man sich fragen, ob die Prozedur vor den Schwurgerichten noch zeitgemäß ist. Der Wahrheitsfindung hat der Habran-Prozess jedenfalls nur bedingt gedient.
Le Soir geht noch einen Schritt weiter. Am Ende könnte das Urteil, das nach 6 Monaten gefallen ist, zu allem Überfluss auch noch eine Todgeburt sein. Tatsächlich ist Belgien ja gerade erst vom europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg verurteilt worden, und zwar eben wegen der Schwurgerichtsprozedur. Nach dem Straßburger Urteil müssen die Geschworenen ihren Schuldspruch begründen, was ja auch im Habran-Prozess nicht geschehen ist.
Ein Einspruch gegen das Lütticher Urteil ist vor diesem Hintergrund höchstwahrscheinlich. Eine Umsetzung der Straßburger Forderung erscheint aber in unserem derzeitigen System als höchst unrealistisch. Tatsächlich mussten die Geschworenen im Habran-Prozess sage und schreibe 415 Fragen beantworten, und die entsprechende Antwort müsste also in Zukunft jedes Mal ausgiebig begründet werden. Ein Ding der Unmöglichkeit, meint Le Soir.
Streit um "Flämische Außenpolitik"
De Standaard berichtet heute auf seiner Titelseite über einen belgo-belgischen Streit über die diplomatische Vertretung des Landes in den USA. Der flämische Ministerpräsident Kris Peeters hat unlängst der belgischen Botschaft in den USA vorgeworfen, im Zusammenhang mit dem Schicksal von Opel Antwerpen nicht ausreichend aktiv geworden zu sein. Peeters drohte sogar mit der Entsendung eines flämischen Sonderbotschafters in die Vereinigten Staaten.
Damit löste er einen Sturm der Entrüstung aus. Der frischgebackene belgische Botschafter, Jan Matthijsen, wies die Vorwürfe zurück. Am Ende musste Peeters zurückrudern. Hintergrund für dieses Scharmützel ist wohl auch der Umstand, das Flandern gerade erst eine eigene Vertretung in New York eröffnet hat.
Sozusagen als Retourkutsche übt Außenminister De Gucht gegenüber De Standaard fast schon vernichtende Kritik an dieser Initiative. Das flämische Haus in New York kostet viel Geld, wird aber wohl nur einen sehr beschränkten Nutzen haben, sagt De Gucht.
In 100 Tagen wird gewählt
Das Börsenblatt L'Echo schließlich wirft einen Blick auf die Wahl vom 7.Juni, die also in genau 100 Tagen stattfinden wird. L'Echo hofft auf einen Wahlkampf, der den Namen verdient. Was wir jetzt brauchen sind klare Ideen, Lösungsansätze und Absichten. Für unsere Demokratie wäre es wünschenswert, wenn sich die Parteien klar voneinander abgrenzen, damit der Wähler in diesen Krisenzeiten auch wirklich eine Wahl hat.