"Pokerspiel um Zypern", titelt De Standaard. "Zypern lehnt Brüsseler Hilfspaket ab", schreibt das GrenzEcho, und Het Laatste Nieuws vermeldet auf Seite eins: "Zypern verweigert die Steuer auf Spareinlagen“.
Die Ablehnung des EU-Rettungspakets durch das zypriotische Parlament erfolgte gestern noch rechtzeitig vor Redaktionsschluss der Zeitungen, jedoch zu spät, um von vielen Blättern kommentiert zu werden. Lediglich Het Nieuwsblad widmet seinen Leitartikel diesem Ereignis und schreibt: Totale Verwirrung gestern Abend in Zypern. Niemand, wirklich niemand, hat gestern im Parlament für den EU-Rettungsplan gestimmt, nicht einmal die Parteimitglieder des Präsidenten, der den Deal ja ausgehandelt hat.
Frage: Was passiert jetzt nach diesem stümperhaften Vorgehen von Europa? Vielleicht gibt es einen neuen Rettungsplan für Zypern. Vielleicht aber muss Zypern aus der Eurozone raus, zusammenbrechen und neu anfangen. Es ist Zeit, dass die Entscheidungsträger in Europa sich mal grundsätzliche Gedanken machen, was sie eigentlich wollen. Ist es richtig, den harten Sparkurs unter dem Diktat Deutschlands weiter zu führen und Situationen wie jetzt in Zypern immer öfter herauf zu beschwören? Oder täte nicht mal ein Blick nach Amerika gut? Dort wurde Geld in die Wirtschaft gepumpt und der amerikanische Wirtschaftsriese richtet sich gerade wieder auf, so Het Nieuwsblad.
Knuddelpapst
"Schlicht, demütig. Ein Reformer?", fragt sich La Libre Belgique auf Seite eins und meint damit natürlich den neuen Papst Franziskus. Gestern ist er in Rom offiziell in sein Amt eingeführt worden. "Franziskus entpuppt sich als Knuddelpapst", meint Het Nieuwsblad und zeigt dazu ein Bild, wie Franziskus einen kleinen Jungen in seinen Händen hält.
Het Laatste Nieuws macht sich Gedanken zu dieser Volksnähe des Papstes und schreibt: Diese Bescheidenheit, die der Papst gestern ausgestrahlt hat, tut gut im Kontrast zu dem strengen moralischen Diskurs, den seine Vorgänger Johannes Paul II und Benedikt XVI in den vergangenen Jahren geführt haben. Leider unterscheidet sich Franziskus inhaltlich nicht von ihnen, er ist kein junger Rebell. Trotzdem wäre es schön, wenn er nicht nur in seinen Gesten einen Unterschied markieren würde, sondern auch in seinen Ansichten: Er sollte die Vielfalt der Welt akzeptieren, und sie nicht in strenge Moralvorstellungen pressen, findet Het Laatste Nieuws.
Die kritische Haltung des Papstes zu Homosexuellen greift die Zeitung De Morgen in ihrem Kommentar auf. Es ist doch verwunderlich, dass neben dem Königspaar auch vier Spitzenpolitiker aus Belgien gestern in Rom dabei sein wollten. Politiker, die ganz andere Auffassungen als der Papst haben. Premierminister Elio Di Rupo, der stolz auf die Rechte für Homosexuelle in Belgien ist, und ja übrigens selbst mit einem Mann zusammen lebt. Joëlle Milquet, die lange Zeit an Gesetzen gegen Homophobie gearbeitet hat, und zwei weitere Minister, das ist unter uns gesagt, doch viel zu viel Ehre für ein Staatsoberhaupt mit umstrittenen Ansichten. Das Königspaar alleine hätte in Rom gereicht, meint De Morgen.
Dexia: Strafe oder nicht?
Gazet van Antwerpen macht sich in ihrem Leitartikel Gedanken zu den 2,9 Milliarden Euro, die der belgische Staat als Kapitalspritze in die Reste der Dexiabank gesteckt hatte. Die EU hat das gestern als Ausgaben bewertet. Damit ist die belgische Staatsverschuldung im vergangenen Jahr auf 3,7 Prozent gestiegen. Eine Strafe von 750 Millionen Euro droht. Die Zeitung schreibt: Noch ist nicht sicher, ob die Strafe tatsächlich kommen wird. Viel hängt davon ab, wie Belgien jetzt weiter seine Hausaufgaben macht. Man kann nur hoffen, dass Premierminister Di Rupo aus Rom mit Inspirationen zurückkommt, um bei den Haushaltsnachbesserungen gute Arbeit zu leisten. Und das heißt: Strukturelle, langfristige Maßnahmen müssen beschlossen werden. Dadurch kann Belgien Europa zeigen, dass es seine Hausaufgaben gut macht. Der Strafe könnte man so entkommen, glaubt Gazet van Antwerpen.
Billiglohnland Deutschland
L’Echo macht sich Gedanken zu den niedrigen Löhnen, die in einigen Sektoren in Deutschland gezahlt werden. Belgische Minister wollen Deutschland deshalb wegen Wettbewerbsverzerrung bei der EU-Kommission verklagen. Die Wirtschaftszeitung schreibt: An der deutschen Praxis ist nichts Illegales, doch tut sie unserem Nachbarland wirklich gut? Was hat ein Staat davon, viele Billigarbeitskräfte ins Land zu locken, die so wenig verdienen, dass der Staat sie mit sozialen Hilfen unterstützen muss? Das ist eine absurde Situation, die durch ultraliberale Reformen des Sozialsystems - sprich Hartz IV - ermöglicht wurden. Belgien könnte Deutschland einen Dienst erweisen, dieses glaubt die Wirtschaftszeitung L’Echo.
Bild: Andreas Solaro (afp)