Stunde der Wahrheit
„Ja oder Nein, die Stunde der Wahrheit hat geschlagen“, so die Balkenüberschrift von La Libre Belgique. Gestern sei noch einmal kräftig für ein Ja zum Deal mit der französischen Großbank BNP Paribas gelobbyt worden.
Derweil drücke die Regierung von Premier Van Rompuy die Daumen, damit auch tatsächlich eine Mehrheit der Aktionäre dem Verkauf der Bankaktivitäten von Fortis zustimmt.
Im Leitartikel kommentiert das Blatt: Alles oder fast alles sei zur außerordentlichen Hauptversammlung der Fortis-Aktionäre gesagt oder geschrieben worden. Das Anbrechen der Stunde der Wahrheit würde an sich schon fast für Erleichterung sorgen, so lange schon dauere die Saga Fortis an.
Es gebe leider keine Ideallösung für die Problematik, notiert La Libre Belgique. Drei Bemerkungen, so das Blatt, könne man aber festhalten: Erstens, die Finanz- und Bankenwelt fürchte sich vor einem Sturz ins Leere. Er würde unausweichlich vernichtende Folgen haben. Zweitens, die belgische Wirtschaft braucht zurzeit mehr denn je Finanzinstitute, die solide und strategische Visionen haben. Und schließlich, die 25.000 Mitarbeiter sowie die 4 Millionen Kunden hätten ein Recht auf eine solide Zukunft. Ja oder Nein, jetzt sei es an den Aktionären, zu entscheiden.
Entscheidung hat Auswirkungen auf das ganze Land
Für De Standaard ist der „D-Day für Fortis“ angebrochen. Die Zeitung spricht im Leitartikel von einem Thriller, der sich heute im Heysel-Messegelände abspielen werde.
Denn selten oder nie zuvor sei die Hauptversammlung der Aktionäre eines Unternehmens so wichtig gewesen wie die, die heute in Halle 6 des Messegeländes stattfinde.
De Standaard kommentiert diese Aktionärsversammlung als nicht nur wichtig für die Anteilseigner selber, sowie für die Fortis-Angestellten, sie habe vielmehr Bedeutung für das ganze Land.
Nicht allein, weil Fortis immer noch die größte belgische Bank mit Millionen Kunden sei, sondern auch, weil der Staat Steuergelder in Milliardenhöhe in die Rettungsaktion für Fortis investiert habe.
Sollten die Aktionäre das von der belgischen Regierung abgesteckte Szenario zum Verkauf der Bankaktivitäten von Fortis an BNP Paribas verwerfen, dann habe das Folgen für jeden Einwohner des Landes, so De Standaard.
Derweil habe die belgische Regierung gestern, so weiß das Blatt zu berichten, am Rande der Illegalität versucht, mit 125 Millionen Anteilsscheinen ohne Stimmrecht an der Abstimmung heute teilzunehmen. Der x-te Beweis dafür, wie weit man bereit ist, in dieser Sache zu gehen.
Fortis an BNP Paribas: Ja oder Nein?
Für De Morgen lautet der Aufmachertitel hierzu heute: „Allgemeine Mobilmachung für Fortis“. Die Befürworter des Deals mit BNP Paribas würden alles daran setzen, um die historische Schlacht heute zu gewinnen. Dennoch werde es ein Kopf-an-Kopf-Rennen, sagt auch De Morgen voraus.
Gut vier Monate nach dem Crash des Bankversicherers Fortis hätten nun endlich auch die Aktionäre heute die Gelegenheit, ihre Meinung zur Zerschlagung und Aufspaltung ihres Unternehmens zu äußern.
Als die belgische Regierung hierüber Anfang Oktober letzten Jahres entschied und Absprachen traf, standen die Aktionäre im Abseits. Ob ein Ja oder ein Nein zum Deal mit BNP Paribas heute als Entscheidung falle, ist auch für De Morgen undeutlich und schwer vorhersehbar.
Nach Schätzungen wird ein Viertel der Aktionäre, notiert das Blatt, wohl von seinem Stimmrecht Gebrauch machen.
Etwa 5.000 Aktionäre werden Stimmrecht nutzen
Auch Het Laatste Nieuws erkennt „Hochspannung bei Fortis“. Auch Belgiens auflagenstärkste Zeitung weiß nicht, wie die Abstimmung der Anteilseigner heute ausgehen wird, zitiert aber Finanzminister Reynders mit den Worten „Es wird sehr spannend“.
Die flämische Tageszeitung informiert darüber, dass der Handel mit Fortis-Aktien an der Euronext-Börse heute ausgesetzt wurde, und erst wieder nach dem Ende der Hauptversammlung und dem Bekanntwerden des Abstimmungsresultats aufgenommen werden wird.
Nach Angaben von Het Laatste Nieuws werden gut 5.000 bis 5.500 Aktionäre zur außerordentlichen Hauptversammlung erwartet. Unter den Anteilseigner, die an der Abstimmung heute teilnehmen, seien indes auch bis zu 2.500 Mitarbeiter der Fortis, die ebenfalls Aktien besitzen und ein Stimmrecht haben.
Wie werden sich die Aktionäre entscheiden?
Vers L'Avenir fragt sich in der Balkenüberschrift zu diesem Thema, wer bei Fortis das letzte Wort haben wird. Ab 10:00 Uhr heute Morgen gehe es im Heysel-Messezentrum schlichtweg um die Zukunft von Fortis.
Die Aktionäre müssten auf fünf Fragen antworten. Ob damit aber das Ende der Fortis-Saga gekommen sei, könne man bei weitem nicht mit Sicherheit sagen.
Werden die bereits gemachten Absprachen von den Aktionären bestätigt, könnten die Regierung und die Angestellten von Fortis aufatmen.
Angestrengte Gerichtsverfahren aber oder sogar neue gerichtliche Schritte in dieser Sache, wären damit jedoch nicht vom Tisch.
Dies gelte auch für den Fall, dass auf die vorgelegten Fragen heute von den Aktionären mit Nein geantwortet wird.
Rezession in Belgien
Le Soir schließlich macht heute mit neuen Zahlen der belgischen Notenbank zur Rezession auf und beziffert das Schrumpfen der Wirtschaft auf 1,9 Prozent.
Deshalb läute die BNB die Alarmglocke und werde 2009 konjunkturell definitiv ein schwarzes Jahr.