Außerdem analysieren viele Zeitungen das gestrige TV-Interview von Ex-Premier Yves Leterme.
Beerdigung der Dendermonde-Opfer
„Lieber Leon, eines Tages sehen wir Dich wieder“, titelt heute Het Nieuwsblad. Het Laatste Nieuws meint auf Seite 1: Wir waren wunschlos glücklich. Am Samstag sind der kleine Leon und auch die 54-jährige Betreuerin Marita Blindeman zu Grabe getragen worden. Beide waren am 23. Januar von Kim De Gelder in einer Kindertagesstätte von Dendermonde mit einem Messer getötet worden.
Fast alle Tageszeitungen widmen sich ausgiebig dem emotionalen Ereignis. Dabei hatte u.a. die Mutter des kleinen Leon das Wort ergriffen. Im Anschluss an die kirchliche Trauerfeier trugen die Eltern selbst den kleinen weißen Sarg aus der Kirche (siehe oben). Ein Foto, das sich ebenfalls auf den Titelseiten vieler Zeitungen wiederfindet.
Niels Albert ist Rad-Cross Weltmeister
Ebenso allgegenwärtig ist das Foto des 22-jährigen Niels Albert, der gestern das Regenbogentrikot im Rad-Cross überstreifen durfte. Gazet van Antwerpen nennt ihn schon „König Albert“, Het Nieuwsblad spricht gar vom neuen Weltherrscher. Het Belang van Limburg zeichnet schon auf seiner Titelseite die jüngsten Monate in der Kariere des jungen Rad-Cross-Fahrers nach: „von der Intensivstation zur Weltspitze“. Tatsächlich erlitt Niels Albert noch vor einigen Monaten einen schweren Sturz, bei dem er sich eine Verletzung an der Milz zuzog. Umso bemerkenswerter ist jetzt sein Sieg bei den Weltmeisterschaften im niederländischen Hoogerheide, meinen viele Zeitungen unisono.
In diesem Zusammenhang erinnern einige flämische Zeitungen an die jüngste Entscheidung des flämischen Sportministers Bert Anciaux, den Rad-Cross von der Liste der Top-Sportarten zu streichen. Das darf man vor dem Hintergrund des Weltmeistertitels von Niels Albert und der Bronzemedaille von Sven Nys als unglückliche Entscheidung bezeichnet, meint etwa Het Nieuwsblad.
Anciaux versteckt sich in diesem Zusammenhang hinter seiner Verwaltung, die ihm zu dieser Entscheidung geraten habe. Begründung: Rad-Cross ist keine olympische Sportart. Nachdem am Wochenende hunderttausende an den Bildschirmen die WM verfolgt haben, ruderte Anciaux zurück, bezeichnete Rad-Cross als eine seiner Lieblingssportarten und versprach, Querfeldein-Fahren künftig genauso zu fördern wie früher. Mit all dem hat Anciaux, der gerade erst zur SP.A übergetreten ist, in seiner neuen Partei bestimmt nicht punkten können.
Anciaux war ja erst vor einigen Tagen wegen eines abenteuerlichen Vergleichs zwischen den Opfern des Amoklaufs von Dendermonde und den toten Kindern von Gaza ins Gerede gekommen. Vor diesem Hintergrund sieht Het Laatste Nieuws in Bert Anciaux denn auch ein Opfer politischer Ränkespiele. Zugegeben: das Timing des Sportministers konnte schlechter nicht sein. Den Rad-Cross ausgerechnet kurz vor der WM von der Liste der Topsportarten zu streichen, wenn 1½ Millionen Flamen vor dem Fernseher sitzen, ist stümperhaft.
Doch muss man auch einräumen, dass Rad-Cross außerhalb von Flandern niemanden wirklich interessiert. Die Chance, dass die Sportart irgendwann einmal olympisch wird, ist Null. Doch machen die Liberalen von der Open VLD aus der ganzen Geschichte gleich eine Staatsaffäre. Auch die CD&V lässt in diesen Tagen keine Gelegenheit aus, Anciaux an den Pranger zu stellen. Das lässt nur eine Schlussfolgerung zu: im Augenblick sind alle Mittel recht, um Anciaux k.o. zu schlagen.
Yves Leterme meldet sich zurück
Viele Zeitungen kommen heute auf das TV-Interview zurück, das Ex-Premier Yves Leterme gestern in der VRT gegeben hat. Es war das erste Lebenszeichen des gefallenen Regierungschefs seit gut 1½ Monaten. Dabei, so unterstreicht u.a. De Morgen auf seiner Titelseite, machte Leterme klar, dass er bei den anstehenden Wahlen keine Liste anführen wird - weder bei den Regional-, noch bei den Europawahlen. Doch sorgte Leterme dann auch gleich wieder für eine Kontroverse, als er die Hoffnung äußerte, die Untersuchungskommission über mutmaßliche versuchte Einflussnahme in der Fortis-Gate-Affäre möge doch bitte nicht von politischen Strategiespielchen geprägt sein. Das ruft gleich den designierten Vorsitzenden der Untersuchungskommission, den flämischen Liberalen Bart Tommelein auf den Plan, der Leterme aufrief sich, in Zurückhaltung zu üben.
Het Belang van Limburg sieht das anders. Es ist absolut nicht einzusehen, warum Leterme derzeit schweigen sollte, meint das Blatt in seinem Kommentar. Leterme hat schließlich das Recht, zu sagen, was er denkt. Erst recht, wenn er sich die Fragen stellt, die sich jeder stellt. Man kann jedenfalls nur hoffen, dass wirklich die ganze Wahrheit über die Fortis-Gate-Affäre ans Licht kommt. Und hier muss man nicht nur die Rolle der Politik durchleuchten, sondern auch die der Magistratur. Es ist offenkundig, dass Magistraten selbst innerhalb ein und desselben Gerichtshofes offen gegeneinander Krieg führen. Diese Zustände gehören zumindest unter die Lupe genommen.
Gazet van Antwerpen bemerkt im Zusammenhang mit dem Leterme-Interview: Mit Herman Van Rompuy an der Spitze der föderalen Regierung ist endlich Ruhe eingekehrt. Und offenbar hat Leterme das nun auch eingesehen. Er scheint zudem begriffen zu haben, dass er wohl in den nächsten Jahren keine Hauptrolle mehr spielen dürfte. Ein EU-Posten, das wäre für Leterme im Augenblick wohl das höchste der Gefühle.
Heirat zwischen MR und LiDé?
Le Soir schließlich befasst sich heute ausgiebig mit dem neuen Stein auf dem politischen Schachbrett in der Wallonie: LiDé, die radikal-liberale Bewegung von Rudy Aernoudt. Der streitbare Flame hat sich offenbart fest vorgenommen, die politische Landschaft in der Wallonie einmal kräftig aufzumischen.
Die MR spielt mit dem Gedanken, den Intimus des flämischen „Hau-drauf“ Politikers Jean-Marie Dedecker auf ihre Wahllisten zu setzen. Bei der Lektüre des Interviews, das Aernoudt dem Brüsseler Blatt gegeben hat, kommen aber Zweifel auf, ob eine Hochzeit zwischen der MR und LiDé für die MR gesund wäre, meint Le Soir.