Einige Zeitungen befassen sich einmal mehr mit der allgemeinen Wirtschaftslage und insbesondere mit dem Konjunkturpaket des neuen US-Präsidenten Barack Obama.
Chaos um Fortis
„Heilloses Durcheinander“, titelt heute La Libre Belgique. Das Grenz-Echo meint auf Seite 1: „Verwirrung um neuen Fortis-Deal“. De Standaard und De Tijd sprechen von einem knallharten Pokerspiel um Fortis.
Die Regierung hat sich ja erst in den frühen Morgenstunden auf Nachbesserungen an der Zerschlagung der Fortis-Holding geeinigt. Bereits gestern wurde den ganzen Tag lang hart verhandelt. Sogar der große Boss der französischen Bankengruppe BNP Paribas war nach Brüssel gekommen, um mit den Belgiern einen neuen Kompromiss auszuhandeln.
Gibt es ein neues Abkommen oder nicht? Diese Frage stand bis tief in die Nacht im Raum. Im Wesentlichen geht es darum, dafür zu sorgen, dass die Fortis-Gruppe nach dem Verkauf einiger ihrer Bestandteile an die Franzosen nicht als leere Hülle zurück bleibt. Damit will man auch die wütenden Anleger im Vorfeld der alles entscheidenden allgemeinen Aktionärsversammlung beruhigen. Einer der Anwälte der Kleinanleger, Michaël Modrikamen, will sich damit aber nicht zufrieden geben, berichtet u.a. La Libre Belgique. Er wolle kein Almosen des Staates, wird Modrikamen zitiert.
Zugleich hat Modrikamen den Bericht der Expertengruppe, die vom Brüsseler Appellationshof mit der Prüfung des Deals betraut worden war, buchstäblich vernichtet, fügt Le Soir hinzu. Wenn er das Gutachten lese, dann habe er den Eindruck, er höre die Meinung der Regierung, sagt der Anwalt dem Brüsseler Blatt. Modrikamen hatte ja mit Erfolg die Aussetzung des Verkaufs großer Teile der Fortis-Gruppe an BNP Paribas vor Gericht erwirkt.
Obama und der Protektionismus
Viele Zeitungen befassen sich einmal mehr mit der weltweiten Wirtschaftslage. Gestern hat in den USA das Abgeordnetenhaus das Konjunkturpaket des neuen US-Präsidenten Barack Obama gutgeheißen. Demnach stellt die US-Regierung 632 Milliarden Euro zur Verfügung, um die US-Wirtschaft anzukurbeln.
De Morgen ist voll des Lobes für den neuen US-Präsidenten. Normalerweise hat eine neue Administration 100 Tage Zeit, um ihre eigene Duftmarke zu setzen. Obama hat schon innerhalb von 10 Tagen klar gemacht, dass in Washington jetzt ein anderer Wind weht. Die Amerikaner pumpen jetzt 632 Milliarden Euro in ihre Wirtschaft, das ist doppelt so viel wie alle EU-Staaten zusammen. Dabei plant Obama für amerikanische Verhältnisse eine kleine Revolution, legt er doch einen Schwerpunkt auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Da wäre man schon gerne Amerikaner, wenn es da nicht einen Wehrmutstropfen gebe, Obama hat die Parole: „Buy american“ ausgegeben, also: „kauft amerikanische Produkte“.
De Standaard befasst sich denn auch vor allem mit diesem Aspekt des Konjunkturpakets. Gerade dachten wir noch, Barack Obama wäre ein Präsident für die ganze Welt. Jetzt verlangt er aber schon, dass der Stahl und der Beton für die Infrastrukturarbeiten doch bitte von amerikanischen Herstellern kommen sollte. Das ist Protektionismus in seiner reinsten Form, urteilt De Standaard. Es ist schon aberwitzig, dass die USA erst die ganze Welt in eine schwere Finanz- und Wirtschaftskrise stürzen und sich dann, wenn es um die Überwindung der Krise geht, abschotten. Protektionismus, das ist allerdings das letzte, was wir jetzt brauchen. Die Geschichte lehrt uns, dass Protektionismus schon in den 30er Jahren zur großen Depression geführt hat.
Sauerstoff für belgische Unternehmen
Stichwort Wirtschaftskrise: Die flämische Zeitung Het Laatste Nieuws berichtet heute auf Seite 1 über eine neue Maßnahme der Regierung. Demnach dürfen Betriebe den Steuervorabzug, den sie eigentlich gleich an den Fiskus weiterleiten müssen, in einer ersten Phase behalten. Die Zahlung würde erst 2010 fällig. Diese Aussetzung ist beschränkt auf den Gegenwert von drei Monaten des zu zahlenden Steuervorabzugs. Dadurch soll dafür gesorgt werden, dass die Unternehmen, wenn auch für einen beschränkten Zeitraum, über mehr Liquiditäten verfügen.
Anciaux und sein „Gaza-Vergleich“
Fast alle flämischen Zeitungen befassen sich heute mit der jüngsten Polemik um den flämischen SP.A Minister Bert Anciaux. Anciaux hatte auf seiner Website den Amoklauf von Dendermonde mit den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen verglichen. Damit bringt Anciaux nicht nur die flämische Regierung, sondern ganz Belgien in Verlegenheit, berichtet u.a. Het Nieuwsblad. Zwar hat sich die Föderalregierung schon von den Aussagen distanziert und das auch über die belgische Botschaft in Israel mitteilen lassen. Dennoch reagierte Israel mit einem Protestschreiben. Es ist offensichtlich: Israel erwartet eine offizielle Entschuldigung von Belgien.
Het Belang van Limburg bringt dennoch ein gewisses Verständnis für Bert Anciaux und seine Aussagen auf. Anciaux ist nun mal ein Gefühlsmensch. Dass ihn das Schicksal der Kinder in Gaza schockiert, dass er sich Fragen stellt angesichts der Vorgehensweise Israels, das ehrt ihn. Wenn er das Los der palästinensischen Kinder allerdings mit dem Schicksal der Opfer des Amoklaufs von Dendermonde vergleicht, dann liegt er falsch.
Gazet van Antwerpen geht ihrerseits hart ins Gericht mit dem flämischen Minister. Dererlei Aussagen sind unter keinen Umständen zu tolerieren. Jemand muss Bert Anciaux stoppen und ihn vor die Wahl stellen: entweder Minister spielen, oder eine Karriere im Zirkus.