“Die Masken fallen. N-VA will 2014 die totale Autonomie“ schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. Am Samstag hatte De Standaard ein Interview mit der Nummer zwei der nationalistischen flämischen Partei, Geert Bourgeois, veröffentlicht. Darin hatte er angekündigt, dass nach einem Sieg bei den Wahlen 2014 die N-VA quasi die Unabhängigkeit anstreben wird. Alle Kompetenzen, die zurzeit zwischen Föderal- und Regionalregierungen aufgeteilt sind, sollen von Flandern übernommen werden.
Bourgeois: In aller Deutlichkeit
Kommentierend meint La Libre Belgique: “Danke, Geert Bourgeois! Endlich mal einer, der klare Worte spricht. Parteichef Bart De Wever pflegt ja einen anderen Stil. Er palavert lieber mit unverständlichen Worten wie Föderalismus herum, verdreht Wahrheiten, sucht Skandale. Deshalb noch einmal danke an Geert Bourgeois, dass er die Maske fallen und das Böse erkennen lässt“, findet La Libre Belgique.
Fast genauso urteilt Le Soir: Geert Bourgeois spricht das aus, was Bart De Wever lieber verschweigt: Ja, die N-VA ist eine Separatistenpartei, sie will das Ende Belgiens. Wenn sie die Wahlen 2014 gewinnt, bringt sie die Einheit des Staates in Gefahr. Erreicht sie ihr Ziel nicht, wird sie wieder in die Opposition gehen bis 2019. Das hoffen nicht nur die frankophonen Parteien, sondern auch die flämischen. Wieder einmal heißt es: Alle gegen die N-VA - die Lieblingsposition dieser Partei, warnt Le Soir.
Zum gleichen Ergebnis kommt L’Avenir: Immerhin wissen wir jetzt, woran wir sind. Noch nie so deutlich scheinen die flämischen Nationalisten dazu bereit, alleine gegen alle den Kampf aufnehmen zu wollen. Mal schauen, ob sie das bis Mai 2014 durchhalten.
De Standaard wertet anders: Es ist schon erstaunlich, wie viele Menschen aufschreien, wenn Geert Bourgeois das sagt, was alle schon wissen. Gerade bei den Frankophonen ist der Lärm groß, doch bei dem Krach geht unter, was Bourgeois eigentlich sagen will. Er hat nämlich Botschaften an seine eigene Partei. Botschaften, die da lauten: Ja, die N-VA will 2014 regieren. Kein Nachgeben mehr wie 2010 gegenüber Di Rupo. Ja: Brüssel ist der N-VA wichtig. Die Stadt wird nicht fallen gelassen, man wird um sie kämpfen. Und ja, er, Geert Bourgeois, hat Ambitionen. Er will flämischer Ministerpräsident werden. Diese Botschaften sollen die Partei stärken, ihr Mut machen für die Aufgaben, die ihr bevor stehen, interpretiert De Standaard das Interview.
Wie viel Prozent darf es sein?
Ähnlich dagegen wie die frankophonen Blätter kommentiert Het Nieuwsblad: Die N-VA ist deutlich. Ab 2014 soll Belgien nicht mehr in der heutigen Form existieren. Die anderen Parteien müssen darauf reagieren. Sie müssen eine passende Antwort finden. Ein guter Beginn dafür wäre, die Haushaltsverhandlungen jetzt zügig abzuschließen.
Mit genau diesen Verhandlungen beschäftigt sich Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar. Jetzt streiten die Regierungsparteien um Prozentzahlen hinter dem Komma. Soll die Neuverschuldung 2,15, 2,35, oder 2,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes betragen dürfen? Es kann darauf nur eine Antwort geben. Nämlich 2,15 Prozent. Dazu hat sich Belgien gegenüber der EU verpflichtet und das ist auch richtig. Denn 2,15 Prozent, das sind 8 Milliarden Euro. Geld, das wir ausgeben, ohne es zu haben. Die Schulden wachsen also weiter. Doch müssen wir schauen, dass sie nicht ins Unendliche wachsen. Denn wenn Sparen jetzt schon hart ist, wird es mit überbordenden Schulden später noch schwieriger werden. Unser Land ist wahrlich nicht in der Situation, die Zügel schleifen zu lassen, findet Het Laatste Nieuws.
“Wie ein Dieb in der Nacht“
De Morgen und Gazet van Antwerpen analysieren den EU-Beschluss, dass alle Sparer in Zypern zwangsweise zur Kasse gebeten werden, um die Banken und den Staatshaushalt des Inselstaats vor dem Bankrott zu retten. “Wie ein Dieb in der Nacht“ überschreibt Gazet van Antwerpen ihren Kommentar und führt aus: Alle müssen zahlen - sowohl der reiche Russe, der weiter reich bleibt, als auch der arme Bürger, der ein bisschen Geld auf die Bank gelegt hat, in der Hoffnung, dass es ein paar Zinsen trägt. Da sträuben sich die Haare aller Sparer in Europa. Unser Wirtschaftsexperte Paul De Grauwe nennt diese Zwangsabgabe gefährlich. Und auch wir meinen: Eine Regierung, die über Nacht die Ersparnisse der Bürger einfach so beschlagnahmt, das ist alles andere als eine vertrauenweckende Maßnahme, urteilt Gazet van Antwerpen.
De Morgen sieht das ähnlich: Mit dieser Ungerechtigkeit sendet der Rettungsplan ein Signal an die Bürger anderer angeschlagener Staaten. Denn das, was in Zypern passieren soll, könnte bald auch bei ihnen passieren. Also wird kein Bürger mehr sein Geld den Banken anvertrauen. Das Geld wird der heimischen Industrie fehlen. Doch die Unternehmen brauchen dringend dieses Geld, um die Wirtschaftskraft wieder zu steigern. Wir stehen vor einer riesigen Vertrauenskrise. Und das ist echt das Letzte, was Europa gerade nötig hat, meint De Morgen.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)