Viele Zeitungen widmen sich darüber hinaus den jüngsten Hiobsbotschaften im Hinblick auf massive Arbeitsplatzverluste.
Kim De Gelder für einen weiteren Mord verantwortlich?
„Der Messerstecher hatte schon einmal zugeschlagen“ titeln heute gleichlautend Grenz-Echo und La Derniere Heure. Vers L'Avenir schreibt auf Seite 1: “Er hatte schon Blut an den Händen“. Für Het Laatste Nieuws wird auf seiner Titelseite das „Rätsel nur noch größer“.
Gestern wurde bekannt, dass die Justiz den mutmaßlichen Amokläufer von Dendermonde auch noch für einen weiteren Mord verantwortlich macht. Exakt eine Woche vor dem Blutbad in der Kinderkrippe von Sint Gillis hat Kim De Gelder offenbar in Beveren eine 73-jährige Frau erstochen. Welche Indizien für die Schuld des 20-Jährigen sprechen, darüber wollte die Justiz keine Angaben machen. Einige Zeitungen scheinen in diesem Zusammenhang aber mehr zu wissen. Wie etwa Het Nieuwsblad berichtet, hat Kim De Gelder akribisch sämtliche Zeitungsartikel aufbewahrt, in denen über den Mord an Elza Van Raemdonck in Beveren berichtet wurde.
Lehren aus dem Drama
Nach Informationen von Het Laatste Nieuws finden sich ebenfalls auf De Gelders Computer entscheidende Hinweise auf die Taten. So hat der 20-Jährige offenbar ein Register angelegt, in dem er die Ergebnisse seiner Aktionen eintrug. Hier handelt es sich buchstäblich um eine Abschussliste, wie Het Laatste Nieuws berichtet. In seinem Kommentar hält das Blatt ein Plädoyer gegen den Ruf nach Wiedereinführung der Todesstrafe: Auch für den Staat gilt die moralische Maxime: “Du sollst nicht töten“, und der Staat darf sich nicht auf das Niveau eines Mörders herablassen. Der Staat darf auch nicht den allgemeinen Ruf nach Rache zum Leitfaden nehmen. Eins muss aber auch klar sein: Mörder vom Schlage eines Marc Dutroux oder eines Kim De Gelder dürfen nie wieder auf freien Fuß gesetzt werden.
Gazet Van Antwerpen befasst sich in seinem Kommentar noch einmal mit der Person Kim De Gelder. Das Erschreckende ist, dass der 20-Jährige nicht das Profil eines Massenmörders hat. Eigentlich ist er ein ganz normaler Jugendlicher. Keine Spur von einer unglücklichen Kindheit, keine Berichte über mögliche extremistische Ideen, keine Anzeichen für einen abgrundtiefen Hass auf die Gesellschaft. Niemand konnte ahnen, was wirklich in ihm vorging. Das macht solche Täter so gefährlich.
In diesem Zusammenhang fordert die frankophone Partei cdH die Einberufung von Generalständen für die mentale Gesundheit, wie unter anderem Vers L'Avenir berichtet. Demnach gibt einer von vier Belgiern an, sich zuweilen schlecht in seiner Haut zu fühlen. Acht Prozent klagen über zeitweilige Depressionen. Und nach Meinung der cdH gehört die geistige Gesundheit der Belgier einmal eingehend durchleuchtet.
Die Brüsseler Tageszeitung Le Soir übt ihrerseits scharfe Kritik an derlei Vorstößen. Im Augenblick herrschen allgemein Überstürzung und Ungeduld. Nach den schrecklichen und auf ersten Blick willkürlichen Bluttaten des Kim De Gelder sucht die Gesellschaft nach Erklärungen. Diese kollektive Ungeduld ist zwar verständlich, aber zugleich bedauerlich. Die Politik sollte sich in jedem Fall nicht von der Emotion der Bürger anstecken lassen und das Ganze dann auch noch in unbeholfene Vorschläge übersetzen.
Wirtschaftskrise: Trauriger Rekord beim Stellenabbau
Neben dem Drama von Dendermonde steht aber auch einmal mehr die allgemeine Wirtschaftskrise im Mittelpunkt der Berichterstattung und der Kommentare vieler Zeitungen. „An einem Tag wurden weltweit 73.000 Stellen gestrichen“ titelt etwa L'ECHO. Das ist fast schon ein trauriger Rekord.
Und dabei sind, wie La Libre Belgique in ihrem Kommentar bemerkt, insbesondere Wirtschaftsriesen wie etwa Philips, Pfizer, Caterpillar oder General Motors betroffen. Firmen also, die man bis vor kurzem für unverwundbar hielt. Da stellt sich die Frage: Wer ist als nächster dran? Diese kalten Statistiken lassen uns manchmal vergessen, dass hinter diesen Zahlen das Schicksal von tausenden von Familien steht. Zu befürchten ist, dass auch Belgien von diesem sozialen Kahlschlag nicht verschont bleibt. Und angesichts der leeren Staatskassen steht zu befürchten, dass Belgien nicht angemessen auf die drohende Katastrophe reagieren kann.
Het Nieuwsblad sieht das ähnlich: Im Augenblick müssen wir alles tun, um die Unternehmen im Land zu halten. Stattdessen hat die Regierung, etwa im Zusammenhang mit der Rettung der KBC, in den letzten Tagen wieder ein trauriges Schauspiel dargeboten. Mehr denn je wird die Arbeit der Koalition durch die internen Querelen blockiert. Man darf befürchten, dass die öffentliche Hand in den kommenden Tagen und Wochen noch häufiger mal der Wirtschaft zur Hilfe eilen muss. Da bleibt nur zu hoffen, dass wir da nicht wieder ein derart lächerliches Spektakel geboten bekommen. Ansonsten könnten wir urplötzlich in eine wirtschaftliche Katastrophe schlittern, die so eigentlich keiner gewollt hat.