Van Rompuy hat hundert Tage, um das Land zu überzeugen, heißt es in La Libre Belgique. Wenn es ihm nicht gelingt, bis Mitte April das Vertrauen wieder herzustellen, ist er gescheitert. Dann steckt das Land bereits im regionalen Wahlkampf und nichts ist mehr möglich. Er muss das Vertrauen innerhalb seiner Regierung und in seiner Partei, der CD&V, wieder herstellen, aber auch den Gewerkschaften, den Unternehmern und der ganzen Bevölkerung Vertrauen geben. Dazu muss er schnell, kohärent, phantasievoll und beharrlich handeln. Der neue Premierminister hat zumindest den Willen, es zu schaffen.
Gleicher Meinung ist Le Soir. Die Zeitung wünscht Herman Van Rompuy zum neuen Jahr eine nicht versiegende Quelle des Vertrauens. Daran fehlt es den Bürgern, den Verbrauchern, den Investoren und dem ganzen Land, die alle von der politischen und Finanzkrise betroffen sind. In seiner Regierungserklärung hat der neue Premier seiner Regierung eine einzige Priorität gesetzt, nämlich die Wiederherstellung des Vertrauens.
Het Belang Van Limburg schimpft: Das Schauspiel, das die Regierung im vergangenen Jahr aufführte, war beschämend. Es ist fast unmöglich, den Menschen neues Vertrauen in die Politik zu geben. Die Sterne stehen zudem nicht günstig. Es gibt nicht viel Geld für Kompromisse, der Fortis-Untersuchungsausschuss könnte gewisse Politiker und Parteien belasten, die Bankenkrise gehört noch nicht der Vergangenheit an und im Juni sind Regionalwahlen. Das alles wird die Nerven der Politiker stark belasten. Ein Unglück ist dann schnell geschehen.
De Tijd fügt hinzu: Nach dem Jahr des Misstrauens muss jetzt wieder versucht werden, das Vertrauen in die Politik und die Wirtschaft wieder in Gang zu setzen. Ein Jahr ist wahrscheinlich zu kurz, um so etwas zu bewältigen. Man muss aber wenigstens damit beginnen, einen Kontrast zu 2008 aufzubauen.
Gemeinschaftspolitik im Hinterhalt
Gazet Van Antwerpen warnt: Die gemeinschaftspolitischen Bananenschalen liegen noch auf dem Weg. Der inter-institutionelle Dialog wird wiederbelebt. Teilabkommen müssen möglich sein. Doch mit welchem Inhalt? Für die Spaltung des Wahlbezirks Brüssel-Halle-Vilvoorde sucht man außerhalb des Dialogs nach einer Verhandlungslösung in einer Arbeitsgruppe zwischen den verschiedenen Regierungen. Das entspricht nicht dem Standpunkt der flämischen Parteien, die behaupten, dass inzwischen die normale parlamentarische Prozedur ihren Gang nimmt. Der Interessenkonflikt, den die Frankophonen anrufen wollen, dient nur dazu, Zeit zu gewinnen.
Das Magazin Knack schreibt in seinem Leitartikel: Der letzte Mohikaner Belgiens ist zurückgekehrt. Herman Van Rompuy ist einer der letzten Flamen, die noch an Belgien glauben. Vorübergehend haben die Frankophonen gewonnen. Van Rompuy wird den Staatshaushalt 2009 und den Konjunkturplan unter die Lupe nehmen. Er ist überzeugt, dass dem Föderalstaat die Pleite droht, wenn das großzügige Finanzierungssystem für Gemeinschaften und Regionen nicht abgeändert wird. Die Frankophonen haben also nur eine Gnadenfrist erhalten. Unterdessen drängt Yves Leterme darauf, wieder die politische Bühne zu betreten.
Neues Amt für Leterme?
In diesem Zusammenhang bemerkt De Morgen: Falls der VLD-Minister De Gucht in diesem Jahr einen Sitz in der EU-Kommission erhält, fällt das Amt des Außenministers der CD&V zu. Diese Absprache wurde bei der Regierungsbildung gemacht. Doch die Abmachung ist hypothetischer, als die CD&V dachte. Der bisherige EU-Kommissar Louis Michel könnte im Amt bleiben, und dann bleibt De Gucht auch Außenminister. Unterdessen wird nicht mehr ausgeschlossen, dass Leterme schneller als erwartet zurückkehrt, falls der Fortis- Untersuchungsausschuss ihn von jedem Verdacht reinwäscht.
Der neue Justizminister De Clerck hat bereits angekündigt, dass die Ermittlungen Leterme freisprechen werden, notiert Het Laatste Nieuws. So schockierend urteilt der neue Justizminister über eine parlamentarische Untersuchung, die noch gar nicht angelaufen ist. Auch das ist Beeinflussung. Wenn Van Rompuy unter die Aufsicht einer Schwiegermutter Leterme gestellt wird, kann er genausogut politischen Selbstmord verüben.