"Franziskus I., der Mann, mit dem niemand gerechnet hatte", titelt Het Nieuwsblad. Ähnliche Überschrift bei Le Soir: "Franziskus, der Überraschungs-Papst". "Historisch", meint Gazet Van Antwerpen auf Seite eins. Für De Standaard wurde ein Outsider an die Spitze der katholischen Kirche gewählt. L'Avenir spricht vom "Papst der Neuen Welt" und La Dernière Heure titelt: "Nach Messi hat Argentinien jetzt einen Papst".
Jorge Mario Bergoglio - das neue Kirchenoberhaupt wird von allen Blättern porträtiert. Der 76-Jährige ist der erste Pontifex aus Lateinamerika und gleichzeitig der erste nicht-europäische Papst seit über 1.000 Jahren. Außerdem ist er der erste Jesuit auf dem Stuhl Petri, der erste Papst mit einer Chemiker-Ausbildung und das erste Kirchenoberhaupt, das sich Franziskus nennt. "Erstaunlich", so Het Laatste Nieuws, dass noch kein anderer Kirchenchef vor ihm diesen Namen gewählt hat. Das macht ihn umso sympathischer. Bei seiner ersten Erscheinung auf dem Balkon über dem Petersplatz kam er lächelnd und freundlich rüber - anders als sein eher unnahbar wirkender Vorgänger.
Le Soir hofft, dass der neue Name des ehemaligen Erzbischofs von Buenos Aires auch Programm ist. Der Heilige Franz von Assisi war ein Mann, der im 12. Jahrhundert ein Leben in radikaler Armut führte.
Weniger Macht, mehr Demut
In diesem klaren Bekenntnis zu Demut und Bescheidenheit sehen viele Reformer die echte Chance zum Umbruch. Gazet Van Antwerpen interpretiert das ähnlich. Das Alter Bergoglios ist sicher kein Pluspunkt. Aber der neue Name ist die hoffnungsvolle Botschaft, mit der das Konklave zu Ende gegangen ist. De Standaard äußert sich ebenfalls so: Der Name Franziskus steht für eine inhaltliche Entscheidung: weg von Äußerlichkeiten und Macht, hin zu mehr Menschlichkeit und Bescheidenheit. La Libre Belgique findet: Als Primas der argentinischen Kirche hat Erzbischof Bergoglio immer vor Ort mit den Menschen gearbeitet. Mit der Kurie im Vatikan hatte er nicht viel am Hut. Dass die Wahl auf ihn gefallen ist, ist auch deshalb überraschend. Doch noch größer sind die Erwartungen, die die Gläubigen jetzt an ihn haben.
Trotz seiner Volksnähe und Einfachheit gilt der neue Papst als konservativ. Kein Wunder, fügt Le Soir hinzu: Schließlich haben die Kardinäle gestern Abend nicht Che Guevara gewählt. Allerdings gilt Franziskus als weniger konservativ als andere und das ist schon ein gutes Zeichen.
Papst mit umstrittener Vergangenheit
De Morgen teilt diese Meinung überhaupt nicht. Die Zeitung ist von der Wahl Bergoglios eher negativ überrascht. Die Schlagzeile auf Seite eins: "Zwar ein neues Gesicht, aber noch immer dieselbe Leier". Zu alt und gegen jede Form der gesellschaftlichen Veränderung. Der Mann ist gegen die Abtreibung, gegen die Homo-Ehe und gegen Verhütungsmittel. Außerdem berichtet das Blatt über die umstrittene Vergangenheit des Argentiniers. Dass er die militärische Diktatur in seinem Land aktiv unterstützt hat, konnte man ihm nicht beweisen. Fest steht aber, dass er als Leiter des argentinischen Jesuitenordens damals ein besonderes Talent entwickelt hat, um die Gräueltaten der Junta zu übersehen. Ein progressiver Papst wird das sicher nicht, urteilt De Morgen.
"Ein Mann vom anderen Ende der Welt", titelt L'Avenir und bewertet es - wie alle anderen Zeitungen - als positiv, dass das neue katholische Oberhaupt aus Lateinamerika und damit nicht aus Europa stammt. Es war höchste Zeit, meint Gazet Van Antwerpen. Schließlich leben drei Viertel der Katholiken außerhalb des Alten Kontinents. Mit der Wahl des Argentiniers erkennt Rom das jetzt endlich an und macht den Papst zum Symbol der neuen Weltkirche.
"Endlich ein Mann vom anderen Ende der Welt"
Het Belang Van Limburg hofft, dass mit den Worten "Habemus papam" die Sehnsucht von vielen Gläubigen nach dem Umbruch jetzt erfüllt wird. Durch die Kirche muss endlich ein frischer Wind wehen: Die katholische Lehre muss Anschluss finden an die Gesellschaft von heute, die Institution Kirche gehört modernisiert und die Skandale jeglicher Art, vor allem aber die Missbrauchsfälle, müssen gründlich aufgearbeitet werden.
Bei der ersten Erscheinung von Franziskus auf dem Balkon des Petersdoms hat Het Nieuwsblad in unmittelbarer Nähe zum neuen Papst einen Belgier entdeckt. Aufmerksame Zuschauer werden ihn auch gesehen haben: Kardinal Godfried Danneels stand nicht einmal einen halben Meter entfernt vom neuen Pontifex. Wie die Zeitung berichtet, kennen sich die beiden Männer allerdings nur flüchtig. Die Nähe für den Fototermin hatte rein protokollarische Gründe: Danneels gehört mit knapp 80 Jahren zu den dienstältesten wahlberechtigten Kardinälen.
Bild: Johannes Eisele (afp)