Juristische Schritte gegen Fortis-Verkauf
Das Urteil des Brüsseler Appellationshofes in Sachen Fortis-Verkauf stellt die Leterme-Regierung vor eine schwierige Entscheidung. De Standaard meint: Vor allem muss sie jetzt das Urteil respektieren, wenn sie nicht die Grundfesten des Rechtsstaates in Gefahr bringen will. Gleichzeitig darf sie aber alle Rechtsmittel ausnutzen, um das Urteil juristisch anzufechten.
Doch mit einer solchen Prozedurschlacht wird die Unsicherheit um Fortis nur noch wachsen. Damit ist niemandem gedient. Die Regierung muss sich an erster Stelle um das allgemeine Interesse kümmern, um die Interessen der Steuerzahler, der Kunden, der Beschäftigten und der Sparer bei Fortis. De Frage ist nur, ob diesen Interessen am besten durch ein juristisches Gefecht oder durch einen Dialog mit einer Anpassung der Bedingungen des Verkaufs der Bank gedient ist.
Gazet Van Antwerpen fügt hinzu: Genau im Augenblick wo Fortis alle Segel hissen müsste, um aus der Krise zu gelangen, droht das Unternehmen erneut gelähmt zu werden. Man spricht jetzt von der Verantwortung eines Betriebs gegenüber der Gesellschaft. Doch die Gesellschaft trägt auch Verantwortung für die Unternehmen.
La Libre Belgique stellt fest: Die Notierung der Fortis-Anteile an der Börse ist heute ausgesetzt. Damit will man eine neue Börsenkatastrophe für die Holding verhindern. Die Bankdirektoren werden in der Zwischenzeit viel zu tun haben, um ihre Kunden zu überzeugen, ihre Konten nicht zu plündern. Das Vertrauen in die Bank wird dadurch nicht gestärkt. Desto ungewisser der Ausgang des juristischen Streits ist, umso mehr wird sich das lmage der Bank verschlechtern.
Die Haltung der Fortis-Aktionäre
Le Soir unterstreicht: Einige Aktionäre haben eine juristische Schlacht gewonnen. Die Justiz hat ihnen Recht gegeben. Doch nicht alle sind damit glücklich, auch nicht BNP Paribas, das sich langsam fragen muss, ob es nicht einen Fehler begangen hat. Die Aktionäre, die behaupten, durch ihre gerichtlichen Schritte sei der Abbau von Fortis vorläufig blockiert, täten gut daran, ihre Haltung zu überprüfen. Sie erwarten nämlich, dass die Kunden, die Angestellten und der Markt in dieser Zeit untätig bleiben. Doch das ist nicht so sicher.
Het Belang Van Limburg bringt Verständnis für die Handlungsweise der Aktionäre auf. Beim Abbau der Bank wurden sie nicht gehört. Dass sie jetzt mit allen möglichen Rechtsmitteln versuchen, ein Mitspracherecht zu erhalten, ist ihr gutes Recht. Premier Leterme muss wissen, dass viele Fortis-Aktionäre auch nur gewöhnliche Sparer sind, denen ihre Bank angeraten hatte, ihr Geld nicht auf einem Sparbuch zu lassen, sondern in sicheren Aktien anzulegen.
Kritik an der Regierung
De Morgen geht mit der Regierung ins Gericht: Sie hat das Recht, zu enteignen und zu verkaufen, doch sie hat nicht das Recht, Aktien zu enteignen und diese mit einem Mehrwert zu verkaufen. Genau das hat sie getan. Es wäre gut, wenn die Regierung den kleinen Aktionären, die voller Vertrauen in Anteile ohne Risiko investierten, eine Entschädigung anbieten würde.
La Derniere Heure stellt sich Frage über die Prärogativen, die gewisse Mitglieder der Regierung sich anmaßen. Ein Premierminister, der damit droht, die Garantie der Regierung zurückzunehmen, wenn die Justiz ihr in Sachen Fortis nicht folgt. Ein Finanzminister, der erklärt, dass das Urteil des Appellationshofes keine Auswirkungen auf die laufenden Geschäfte hat. Ein Justizminister, der interveniert, um einen Verbrecher in Haft zu halten, den die Justiz freigelassen hatte: Das sind Verhaltensweisen einer Bananenrepublik. Die Gewaltentrennung ist ein Grundstein des Rechtstaates.
Het Nieuwsblad kritisiert: Die Regierung hatte nicht die Kraft, um einen Ankurbelungsplan für die Wirtschaft durchzusetzen und um auf die unsinnige Ermäßigung der Energiepreise zu verzichten. Seit 2007 hat der Staatshaushalt ein Defizit. Wie will man die Kosten der Vergreisung und andere Herausforderungen bezahlen? Die Staatsreform, die dazu notwendig wäre, kommt auch nicht. Das alles schafft wenig Vertrauen in die Zukunft.