Terrorverdächtige verhaftet - vielleicht zu früh?
Kommen wir zunächst zum Thema Terrorismus, das die meisten Zeitungen in den Blickpunkt ihrer Titelseite rücken und vermuten, dass durch die Festnahme von vierzehn Verdächtigen ein Attentat in Brüssel verhindert wurde.
Dazu heißt es in Le Soir, einer der Festgenommenen hatte grünes Licht erhalten, einen Anschlag zu verüben, von dem er selbst nicht wiederkommen würde. Angesichts dieser Drohung durfte die Polizei kein Risiko eingehen, zumal derzeit in Brüssel ein europäischer Gipfel stattfindet. Allerdings hat man vielleicht zu früh zugeschlagen. Es ist nicht sicher, dass die Justiz über genügend Beweise verfügt, um das mutmaßliche Terrornetzwerk unschädlich zu machen.
Genau zu dieser Frage schreibt Gazet Van Antwerpen in ihrem Leitartikel, man stelle sich vor, die Polizei hätte noch mit der Festnahme gewartet, um zusätzliche Beweise sicherzustellen, und gestern wäre in Brüssel eine Bombe explodiert. Die Kritik wäre vernichtend gewesen. Die Regierung und die gesamte Spitze der Polizei hätten wohl zurücktreten müssen, und Belgien hätte sich vor der ganzen Welt blamiert. Deshalb steht eines fest: Wenn die gestrige Information der Staatsanwaltschaft korrekt ist, dann haben die Sicherheitsverantwortlichen die einzig richtige Entscheidung getroffen.
Konjunkturpaket schröpft Staatshaushalt
Mehrere Zeitungen befassen sich heute einmal mehr mit dem von der Regierung verabschiedeten Konjunkturpaket zur Überwindung der Wirtschaftskrise.
Het Laatste Nieuws sieht dabei die Unternehmen als Gewinner und den belgischen Staatshaushalt als Verlierer. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, das in Kauf genommene Haushaltsdefizit unterhalb der 2%-Grenze zu halten, um den Sanierungskurs der Staatsfinanzen einigermaßen einzuhalten.
Im gleichen Zusammenhang heißt es in De Morgen, zum ersten Mal seit Jahren rutscht der Haushalt Belgiens wieder in die roten Zahlen ab, doch muss man sich fragen, ob die Regierung Leterme angesichts der Talfahrt zahlloser Unternehmen und des schwindenden Vertrauens der Verbraucher eine andere Wahl hatte.
Antikrisenplan ohne Vision
Die Brüsseler Tageszeitung Le Soir erteilt dem Antikrisenplan die Note „ungenügend“. Man habe sich damit begnügt, hier ein wenig für die Kaufkraft und dort ein wenig für die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen zu tun, doch suche man vergeblich nach Maßnahmen, die der Wirtschaft langfristig neue und vitale Impulse geben.
Stützt Auslandsnachfrage Belgiens Wirtschaft?
Nach Auffassung von La Libre Belgique ist das auch gar nicht so wichtig, wenn man bedenkt, dass in Belgien die Exporte der Unternehmen über 80% des Bruttoinlandsprodukts ausmachen. Das meiste unserer Produktion wird nach Deutschland, Frankreich und in die Niederlande ausgeführt. Wenn deren Antikrisenpläne funktionieren, dann wird sich das auch positiv auf Belgien auswirken, solange die Regierung hier keine allzu großen Dummheiten macht.
Hätte Kindermord verhindert werden können?
Das dritte Schwerpunktthema der Inlandspresse ist der gestrige Paukenschlag im Kindermordprozess von Nivelles, wo mehr oder weniger zufällig ans Licht kam, dass die Angeklagte Geneviève Lhermitte, die ihren fünf Kindern die Kehle durchschnitt, ihre Tat zuvor in einem Brief an ihren Psychiater angekündigt hatte.
Dass dieser nicht unmittelbar reagierte, erntet in sämtlichen Zeitungen totales Unverständnis. Hätte der Psychiater sofort eingegriffen, so ist Vers L'Avenir überzeugt, hätte das Drama vermieden werden können.
Leider, so hebt La Libre Belgique hervor, hat der Mann nicht das Geringste unternommen, obwohl Geneviève Lhermitte in dem Brief an ihn ihre Handynummer angegeben hatte.
Nach Ansicht von La Derniere Heure gibt dieses Schreiben, das aus unverständlichen Gründen bis gestern nicht in die Prozessakte aufgenommen worden war, dem Verfahren eine vollkommen neue Richtung. Das neue psychiatrische Gutachten, das es nunmehr zu erstellen gilt, könnte Geneviève Lhermitte derart entlasten, dass für sie keine Gefängnisstrafe, sondern höchstens noch eine Internierung in einer psychiatrischen Anstalt in Frage kommt.
Auch De Standaard sieht in der ausgebliebenen Reaktion des Psychiaters einen gleich doppelten Berufsfehler: Einerseits hat er nichts unternommen und andererseits nicht einmal dafür gesorgt, dass das Schreiben an ihn in die Gerichtsakten aufgenommen wurde.
Für dieses Versäumnis, so urteilt Het Nieuwsblad, müsste der Mann eigentlich verurteilt werden, doch leider ist auch damit das Leben von fünf Kindern nicht mehr zu retten. Fazit der Zeitung: Wenn jemand um Hilfe ruft, dann muss man ihm helfen.