Es geht um den wirtschaftlichen Wiederbelebungsplan und das Lohnabkommen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, die gestern Abend beide vom Kernkabinett gebilligt wurden.
"Antikrisenspritze": Therapiepläne für die Konjunktur
Verschiedene Zeitungen bringen die wichtigsten Punkte dieses Konjunkturpaketes auf ihrer Titelseite.
So spricht Le Soir von einer "Antikrisenspritze", die im Haushalt des kommenden Jahres mit mindestens zwei Milliarden Euro zu Buche schlagen wird. Dadurch wird das Budget zwar in die roten Zahlen abrutschen, doch soll sich das Defizit unterhalb der 2%-Grenze halten. Neben der Verringerung der Mehrwertsteuer für Neubauten hebt Le Soir hervor, dass die Hälfte der durch das Konjunkturpaket entstehenden Kosten dazu dienen wird, das Lohnabkommen zwischen den Sozialpartnern zu finanzieren.
La Libre Belgique spricht auf Seite 1 vom belgischen Rezept gegen die Finanz- und Wirtschaftskrise und hebt diesbezüglich die ihres Erachtens fünf wichtigsten Maßnahmen hervor: Die weitere Lohnindexierung plus 125 Euro netto im kommenden Jahr sowie plus 250 Euro im Jahr 2010. Des weiteren eine Mehrwertsteuerverringerung für Neubauten im kommenden Jahr, zinsgünstige Darlehen für energiesparende Ausgaben, eine Beschleunigung großer Infrastrukturarbeiten wie zum Beispiel bei der Eisenbahn sowie eine Anhebung der vom Arbeitgeber vergüteten Fahrtkosten von 60 auf 75 Prozent.
Kritik: Steuerzahler und Umwelt zahlen die Zeche
Verschiedene flämische Zeitungen üben zum Teil scharfe Kritik an diesem wirtschaftlichen Wiederbelebungsplan. So schreibt Het Laatste Nieuws: die Verringerung der Energiekosten wird zwangsläufig eine Erhöhung des Energieverbrauchs zur Folge haben. Die Gewinner sind dann die Ölscheichs, der Verlierer wird die Umwelt sein. Auch ein Lohnzuschlag von 125 oder 250 Euro pro Jahr hat nach Ansicht der Zeitung keinen Sinn. Die Belgier werden das Geld nämlich nicht ausgeben, um die Wirtschaft anzukurbeln, sondern höchstwahrscheinlich auf die hohe Kante legen. Wirtschaftlich ist das Resultat also gleich Null.
De Standaard hat ebenfalls Bedenken, insbesondere in Bezug auf die Tatsache, dass die sozialen Lasten für über fünfzigjährige Arbeitnehmer ansteigen werden. Dies sei vor allem schlecht für Flandern, das eigentlich Maßnahmen braucht, um ältere Arbeitnehmer länger im Dienst zu halten.
De Morgen schreibt zum Lohnabkommen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, dass es zwar deutlich sozialer ausgefallen ist als in früheren Jahren, doch sei seine Umsetzung auch wesentlich teurer und die Rechnung dafür präsentierten die Sozialpartner der Regierung.
Genau dies beanstandet auch Gazet Van Antwerpen, die sogar von Erpressung spricht. Erst standen sich Arbeitgeber und Gewerkschaften praktisch mit gezogenen Messern gegenüber, um sich dann plötzlich auf ein Abkommen zu einigen, für dessen Verwirklichung die Regierung tiefer als je zuvor in die Tasche greifen muss. Im Grunde jedoch heißt das nichts anderes, als dass der Steuerzahler die Zeche zahlen muss.
Kindermordprozess: Aussage des Gerichtsmediziners
Verschiedene Zeitungen beschäftigen sich ausführlich mit dem Kindermordprozess in Nivelles, bei dem Geneviève Lhermitte, die ihre fünf Kinder tötete, bei den gestrigen Aussagen des Gerichtsmediziners über die grausamen Umstände des Verbrechens einen Nervenzusammenbruch erlitt. La Dernière Heure rückt dies in den Blickpunkt ihrer Titelseite und beschreibt den gestrigen Verhandlungstag als den Höhepunkt des Horrors und des Grauens. Angesichts der fürchterlichen Bilder, die der Gerichtsmediziner über seine Arbeit vorlegte, muss nach Ansicht der Zeitung die Frage erlaubt sein, ob solche schrecklichen Aufnahmen für die Wahrheitsfindung in diesem Prozess überhaupt nötig sind. Im Übrigen hebt die Zeitung hervor, dass der gestrige Verhandlungstag zumindest deutlich machte, dass Geneviève Lhermitte bei der Ermordung ihrer Kinder keine Hilfe von außen erhalten hat.
Folgen der Krise: Immobilienmarkt lau, Fritten heiß
Einige Zeitungen befassen sich mit unterschiedlichen Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise. So hebt De Morgen hervor, dass der Verkauf von Appartementwohnungen in Flandern zurzeit fast völlig zusammenbricht. Immobilienmakler sprechen von einem Rückgang von um die 50 % im Vergleich zu vor einem Jahr. Auch beim Hausverkauf macht sich die Krise bemerkbar, was allerdings auch damit zu tun hat, dass in letzter Zeit zu viel gebaut wurde, wodurch das Angebot an Häusern zurzeit wesentlich größer ist als die Nachfrage.
Allerdings gibt es auch einen Berufszweig, der von der Krise zu profitieren scheint, nämlich die Inhaber von Fritüren. Dazu heißt es in Het Belang Van Limburg, in einem typischen Frittenrestaurant bezahlt man für ein einfaches Essen gut fünf Euro. Fazit der Zeitung: In diesen Zeiten, wo alle von Krise reden, bleiben wenigstens die Fritten noch bezahlbar. Da brauchen gerade Belgier nicht lang zu überlegen.