Neue Enthüllungen in der Affäre um die christliche Arbeiterbewegung ACW, die Papstwahl und düstere Aussichten für den Arbeitsmarkt in Belgien sind heute - neben dem erneuten Wintereinbruch - die Hauptthemen in den Zeitungen.
"König Winter schlägt wieder zu", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins und zeigt dazu ein Bild von Autos, die in einem Graben neben der Straße liegen.
Noch dramatischer gestaltet Gazet van Antwerpen ihre Titelseite. Das Blatt zeigt ein großes Foto von einem nächtlichen Unfall bei Schnee und Eis mit mehreren Rettungsfahrzeugen und einem auf dem Dach liegenden Auto. Auf die ersten Auswirkungen des erneuten Wintereinbruchs in Belgien gehen heute fast alle Zeitungen auf ihren Titelseiten ein.
Bei Het Laatste Nieuws ist zum erneuten Wintereinbruch in Belgien auf Seite eins ein Bild mit stehenden Autos auf einer Autobahn zu sehen: "Sofort 645 Kilometer Stau", lautet die Schlagzeile dazu.
Sparschwein mit einer Milliarde
"ACW hat ein Sparschwein mit einer Milliarde Euro bei Belfius", schreibt Het Laatste Nieuws ebenfalls auf seiner Titelseite. Die meisten flämischen Zeitungen berichten über die neuesten Erkenntnisse zu den Geldgeschäften zwischen der christlichen Arbeiterbewegung ACW und der Dexia-Nachfolgebank Belfius. Bei der Anhörung vor dem Finanzausschuss der Kammer war gestern bekannt geworden, dass ACW 1,1 Milliarde Euro bei Belfius hinterlegt hat. Belfius hatte das zur Bedingung gemacht, um ACW günstige Zinssätze einzuräumen. In ihren Kommentaren regen sich die Zeitungen jedoch kaum über diese Neuigkeit auf. Vielmehr machen sie sich Gedanken über den Burgfrieden, den die Parteien gestern untereinander ausgerufen haben. Die Haushaltsverhandlungen wollen sie heute ohne Streit beginnen.
Het Nieuwsblad bedauert diese Entwicklung: Die Sonderkommission hat die meisten Fragen nicht beantwortet. Ihr waren aber auch die Hände gebunden. Mehr Transparenz wollte die Politik nicht zulassen. Die Regierung kann jetzt versuchen, den Mantel des Schweigens über die Affäre zu legen, doch wir sind sicher: Neue Enthüllungen werden sie früher oder später wieder erschüttern, glaubt Het Nieuwsblad.
Eierkuchen statt Kladderadatsch
Ähnlich sieht das De Morgen und schreibt: Man macht jetzt auf Friede, Freude, Eierkuchen und das ist auch das Beste, was man machen kann. Die Alternative wäre gewesen: sich weiter zu streiten. Das hätte zu einem riesigen Kladderadatsch geführt, zu einer wahren Regierungskrise, zum puren Elend, meint De Morgen.
De Standaard lehnt sich zurück und betrachtet die Affäre um ACW aus einer weiteren Perspektive. Die Pleiten von Fortis und Dexia haben eine ganze politische Generation in die Krise gestürzt. Es war ein System von Verflechtungen. Verflechtungen zwischen Politik, Geld und Wirtschaft. Der Skandal um ACW bringt diese Generation erneut in Verruf, und das wird wahrscheinlich so weiter gehen. Denn die Verflechtungen sind vielschichtig. Die Säuberung dieses Systems wird mit der Bezahlung von ein paar offenen Rechnungen nicht abgeschlossen sein, so De Standaard.
Sozialpartner hemmen den Arbeitsmarkt
Die Wirtschaftszeitung L'Echo macht mit dem Ergebnis einer Umfrage der Zeitarbeitsfirma Manpower unter Arbeitgebern in Belgien auf. Demnach planen zurzeit nur sechs Prozent der Unternehmer, in den kommenden Monaten neues Personal einzustellen. Am schwierigsten ist die Lage in der Wallonie. "Dem Arbeitsmarkt in der Wallonie geht es immer schlechter", titelt entsprechend die Zeitung. In ihrem Kommentar sucht L'Echo nach Gründen für diesen Pessimismus und schreibt: Sicher, es gibt die Krise in Europa, die Sparpolitik, die Sorgen um den Euro, aber da sind auch noch die Sozialverhandlungen in Belgien. Bei den Diskussionen um die Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten sind noch keine Ergebnisse erzielt worden. Auch das hemmt die Arbeitgeber, neue Leute einzustellen. Denn sie wissen nicht, welche Gehaltskosten auf sie zukommen. Deshalb sind auch die Sozialpartner dafür verantwortlich, dass die Aussichten am Arbeitsmarkt für die kommenden Monate so düster sind, findet L'Echo.
Der Heilige Geist soll's richten
Die Wahl zum neuen Papst, die heute beginnt, kommentieren mehrere frankophone Zeitungen. Für La Libre Belgique ist es für die Kirche eine gute Möglichkeit zur Erneuerung. Le Soir sieht die Zeit gekommen, um mit einem neuen Papst die Strukturen der katholischen Kirche zu demokratisieren. Ähnlich sieht es das Grenz-Echo und schreibt: Es bleibt zu hoffen, dass der neue Papst, - wer immer es auch sein wird - aus dem medialen Hype und den daraus entspringenden Hoffnungen und Erwartungen neue Kraft zieht, um seine Kirche vor allem von innen heraus zu erneuern. Eine neue Positionsbestimmung wird dabei von Nöten sein. Auf eine Kurzformel gebracht, lautet sie: weniger dogmatisch vorgetragene Moral und mehr Erfahrungsnähe und lebendige Spiritualität. Oder noch pointierter: weniger Sexualmoral und mehr Evangelium.
L'Avenir fragt sich kritisch dazu: Wer von den 115 Kardinälen, aus deren Reihen der neue Papst kommen wird, hat dieses Profil, das sich alle wünschen? Eigentlich keiner. Das ist normal, denn es sind alles Menschen, und vor allem Menschen, die einer konservativen Bewegung angehören. Setzen wir also unsere Hoffnung auf den Heiligen Geist, der ja - wie man sagt - den Erwählten mit der Gnade Gottes erfüllen wird, so L'Avenir.
Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)