Betrugsverdacht bei Fortis
„Hat Fortis die Aktionäre betrogen?“ fragt La Libre Belgique auf der Titelseite und notiert kommentierend, dass dem Debakel um den Bankversicherer Fortis ein weiteres wenig ruhmreiches Kapitel hinzugefügt werden muss: Strafrechtliche Ermittlungen nämlich. Nach dem Aufspalten der einstmals großen belgisch-niederländischen Bankengruppe und dem Verkauf des belgischen Geschäftsbereichs an die französische BNP Paribas, bei dem die Aktionäre durch das wenig transparente Vorgehen auf der Strecke blieben und auch noch Schwindel erregende Abfindungen an ehemalige Führungskräfte des Bankversicherers zur Kenntnis nehmen mussten, ist jetzt auch die Staatanwaltschaft Brüssel mit der Akte Fortis beschäftigt. Für einige, so kommentiert La Libre Belgique, sei diese Entwicklung nur logisch und hätte man angesichts vieler offener Fragen, mangelnder Transparenz und vorhandener Verdachtsmomente damit rechnen müssen. Schon deshalb, so das Fazit der Zeitung seien die strafrechtlichen Ermittlungen eine gute Nachricht. Sie würden wenigstens die vermisste Transparenz schlussendlich doch schaffen.
Was in La Libre Belgique als Frage aufgeworfen wird, schildert Le Soir anhand von Beweisstücken. So lautet der Titel der Brüsseler Tageszeitung heute auf Seite 1 auch „Wie Fortis 2007 seine Aktionäre belogen hat“. Der Bankversicherer habe vor dem Zukauf der ABN Amro seine dramatische Exposition gegenüber der Subprime-Problematik verschwiegen. Ein von Le Soir heute publiziertes Dokument beweist, dass Fortis Ende August 2007 über 5,7 Milliarden Euro in Obligationen investiert hatte, die für das Erdbeben im Immobilienmarkt der USA gesorgt hatten. Fast 1,3 Milliarden Euro des Bankversicherers steckten demnach in Obligationen, die im Krisenfall am anfälligsten und damit verlustreichsten sind. Risiken, so schreibt Le Soir, die bei der Kapitalerhöhung für den Zukauf von ABN Amro geheim blieben. Die Frage, die Le Soir hierzu aufwirft, ist, wie sich die Direktion der Fortis in die jetzt ans Tageslicht kommenden Lügen verstricken konnte. Fest stehe derweil, dass Fortis trotz der Kenntnis über die Verstrickung in die US-Hypothekenkrise schwieg und die Risiken hiervon als nebensächlich beschrieb.
Verbraucherverhalten und Finanzkrise
La Derniere Heure titelt heute „Jeder zweite Belgier nicht von der Krise betroffen“ und veröffentlicht eine Meinungsumfrage, wonach fast 52% der Befragten angibt, sich beim Ausgabeverhalten nicht von der anhaltenden Finanzkrise beeinflussen zu lassen. Mehr als drei Viertel der Befragte gaben überdies an, trotz der turbulenten Zeiten an den Börsen und wankender Bankhäuser nicht um ihren Arbeitsplatz zu bangen. Dennoch erklärten 50% der Umfrageteilnehmer, dass in diesem Jahr, so schreibt La Derniere Heure, unter dem Weihnachtsbaum weniger Geschenke angehäuft werden dürften als das in den zurückliegenden Jahren der Fall war.
Auch Het Nieuwsblad titelt heute „Wir shoppen weiter“ und notiert, dass Arbeitsplatzverluste drohen, die Reisebranche über Verluste klagt, Autohersteller stöhnen, Banken abstürzen, - die Shoppingmeilen aber übervoll bleiben. Wer in den Einkaufsraßen belgischer Großstädte die Passanten beobachte, dem falle auf, dass viele mit gefüllten Einkaufstaschen unterwegs seien. Konsumgüter von Konfektion bis Unterhaltungselektronik würden auch weiterhin Absatz finde, so Het Nieuwsblad.
Börsen freundlicher
De Morgen bringt den Aufschwung an den US-Börsen auf die Titelseite. Das Vertrauen zwischen den Banken wachse langsam wieder. Jetzt müsse abgewartet werden, ob es in den USA eine Zinssenkung geben werde, die den Börsen einen zusätzlichen Schub verleihen könnte. In Europa meldeten gestern die meisten Handelsplätze: Tendenz steigend. Der Brüsseler Börsenindex Bel-20 schloss mit einem Gewinn von knapp 2,4%. Die New Yorker Börse notierte bei Handelsschluss sogar einen Zuwachs von 10,8%. Dennoch, so schriebt, De Morgen, müsse man sich darüber im Klaren sein, dass die allgemeine Malaise an den Börsenplätzen erst dann vorbei sei, wenn das Vertrauen zwischen den Banken vollständig wieder hergestellt sei.
Flüchtlingselend im Ost-Kongo
De Standaard widmet seine Titelseite heute den erneuten Unruhen im Osten der Demokratischen Republik Kongo. Im Verteidigungsministerium in Brüssel werde eine Liste von belgischen Staatsbürgern in der Region Nord-Kiwu im Hinblick auf eine mögliche Evakuierung erstellt. Gestern Abend hätten die Truppen des Rebellen Nkunda ihren Vormarsch auf die Provinzhauptstadt Goma vorangetrieben und weitere Orte eingenommen. Deshalb, so De Standaard, nehme Außenminister De Gucht bei seinen EU-Kollegen jetzt den Puls, um zu prüfen, ob andere Länder für eine EU-Friedensmission dort im Kongo gewonnen werden können.