Weltweite Neuordnung des Finanzsektors?
Für den Sparer ist es die Woche der Wahrheit, titelt heute die Brüsseler Tageszeitung Le Soir. Tatsächlich warten gleich drei Probleme auf eine Lösung: Der niederländische Staat hat zehn Milliarden Euro in die ING gepumpt, um die Bank vor dem Untergang zu bewahren, Ethias ist auf der Suche nach 1,5 Milliarden Euro an Frischkapital, die Konten der belgischen Kunden der isländischen Kaupthing Bank sind nach wie vor blockiert.
Diese drei Akten sind aber auf einem guten Weg, bemerkt dazu Het Laatste Nieuws. Jetzt will vor allem die Europäische Union dafür sorgen, dass sich eine solche Katastrophe an den Finanzmärkten nicht mehr wiederholt. Eine EU-Delegation unter Leitung des französischen Präsidenten und EU-Ratsvorsitzenden Nicolas Sarkozy war am Wochenende in Washington.
Die Europäer konnten US-Präsident George W. Bush von der Notwendigkeit überzeugen, die Regeln für die internationale Finanzwelt neu zu schreiben, notiert in diesem Zusammenhang La Libre Belgique. Die Brüsseler Zeitung spricht von einem neuen „Bretton Woods“ in Anlehnung an die Konferenz von 1944, bei der das Fundament für das weltweite Finanzsystem gelegt worden war. Die Finanzkrise hat jetzt gewissermaßen das Ende des 20. Jahrhunderts besiegelt. Wir brauchen jetzt eine neue Bibel, die ein Höchstmaß an Transparenz für die Märkte garantiert und zugleich eine Rückkehr des Protektionismus verhindert, meint La Libre Belgique.
De Morgen bemerkt seinerseits, dass der erste der nun vereinbarten Weltfinanzgipfel in New York stattfinden, dem Ort also, von dem das Unglück ausging. Über die Dringlichkeit eines internationalen Krisentreffens sind sich Amerikaner und Europäer einig. Dies ist aber leider bislang der einzige Punkt. Die USA glauben trotz allem immer noch an die Selbstregulierungskräfte der Märkte, während die EU strenge Regeln und Kontrolle fordert.
SP.A-Parteitag : Jung und orientierungslos?
Vor allem die flämischen Zeitungen berichten heute ausführlich über den Parteitag der flämischen Sozialisten SP.A vom Wochenende.
Die SP.A ist mit ihrem Kartellpartner, den flämischen Progressiven (der ehemaligen Spirit-Partei) nur noch ein Schatten ihrer selbst, sind sich die Leitartikler einig. Het Nieuwsblad rechnet vor: Unter dem früheren Parteivorsitzenden Steve Stevaert, Ende der neunziger Jahre, fuhr die Partei noch 25% der Stimmen ein. Nach einigen verlorenen Wahlen sagen Umfragen den Sozialisten in Flandern jetzt gerade mal noch 14,3% voraus.
Das ist nicht verwunderlich, meint dazu Gazet Van Antwerpen. Die Sozialisten sind, obwohl in der Opposition, derzeit abgemeldet. Es ist vielmehr die Liste Dedecker, die derzeit von sich reden macht, mit dem Resultat, dass die Partei um den früheren Judo-Nationaltrainer derzeit im Aufwind ist.
Dabei dürfte es den Sozialisten eigentlich nicht an Themen fehlen, wundert sich Het Nieuwsblad. Die weltweite Finanzkrise wäre doch eigentlich eine Problematik, in der die SP.A punkten könnte: Wo bleiben denn die Angriffe auf den Neoliberalismus und die Forderungen nach einem starken Staat? Hier setzen derzeit in Flandern nicht die Sozialisten die Akzente, sondern ausgerechnet bekennende Liberale wie Karel De Gucht oder eben Jean-Marie Dedecker.
Für Het Belang Van Limburg ist die Erneuerung der Partei paradoxerweise Ursache für die Orientierungslosigkeit der SP.A. Die Sozialisten haben nach ihrer letzten Wahlniederlage sofort und ohne Übergangsperiode mit Caroline Gennez die junge Generation ans Ruder gelassen. Das ging zu schnell. Die Partei ist allerdings dafür bekannt, dass sie junge Kräfte viel zu schnell verbrennt.
Het Laatste Nieuws sieht dennoch keinen Grund zur Panik: Auch Louis Tobback und Karel Van Miert waren nicht von Anfang an die charismatischen Führungspersönlichkeiten. Man muss der jungen Generation Zeit geben, um sich selbst und ihre Botschaft zu entwickeln und herauszuarbeiten.
Reynders mit Elan
Auf frankophoner Seite hat die liberale MR am Wochenende Didier Reynders in seinem Amt als Parteichef bestätigt. Zu diesem Anlass veröffentlicht Vers L'Avenir ein Interview mit dem Vizepremierminister. Darin gibt sich Reynders unverändert selbstbewusst und kämpferisch: Er betrete nicht ein Stadion, um ins Halbfinale zu kommen, sondern um die Goldmedaille zu gewinnen. Die gleichen Ambitionen habe er auch für die Wallonie.
Klimawandel: Es wird stürmisch
Einige Zeitungen warnen schließlich noch vor den Auswirkungen des Klimawandels. Auch in Belgien werden die Veränderungen spürbar sein, betonen unter anderem die Massenblätter Het Laatste Nieuws und La Derniere Heure. Beide berufen sich auf einen Bericht der Organisation WWF. Demnach wird es häufigere und stärkere Stürme geben. Auch an Überschwemmungen müssen wir uns gewöhnen. Zugleich wird die Ozonkonzentration und damit die Luftverschmutzung zunehmen. Um das zu verhindern, muss insbesondere die Europäische Union ihr Versprechen einhalten und ihren CO²-Ausstoß bis 2020 um ein Fünftel senken.