Die Börsen können mal eben aufatmen, titelt das flämische Massenblatt Het Laatste Nieuws. De Morgen meint lapidar: Die Dexia-Spitze wurde geköpft. Le Soir schreibt auf Seite 1: Dexia und Fortis wurden gerettet, aber …
Erstens, so die Feststellung fast aller Blätter, die Krise ist möglicherweise noch nicht vorbei, und zweitens, sie kann und wird nicht ohne Folgen bleiben.
Lob für die Regierung
Doch zunächst gibt es allgemeines Lob für die Regierung. „Leterme I existiert, endlich!“ bemerkt La Libre Belgique auf ihrer Titelseite. Kommentierend fügt das Blatt hinzu: Ohne jetzt gleich pathetisch zu werden, könne man durchaus behaupten, dass am vergangenen Wochenende ein Premierminister geboren wurde. Premierminister Yves Leterme und auch Finanzminister Reynders haben ihre Verantwortung übernommen, haben sich als mutige und zugleich kluge Führungspersönlichkeiten erwiesen. Zwar seien die Rettungspläne für Dexia und Fortis nicht perfekt. Doch es war Eile geboten. Und selbst wenn der Staat am Ende seinen Einsatz verlieren sollte, wäre das immer noch besser als die Katastrophe, die eine Pleite von Fortis oder Dexia ausgelöst hätte.
Auch Het Belang Van Limburg findet lobende Worte, insbesondere für den Premierminister. Dass er in den letzten Tagen eine so gute Figur gemacht hat ist aber nicht verwunderlich: Leterme ist ein Zahlenmensch. Bleibt zu hoffen, dass ihn dieser jüngste Erfolg beflügelt, und dass Leterme jetzt auch in anderen Dossiers das Heft in die Hand nimmt.
Het Laatste Nieuws übt sich in Ironie: „Mit Erstaunen stellen wir fest, dass die Regierung regiert“, meint das Blatt. Doch indem die Regierung Fortis und Dexia vor dem Zusammenbruch bewahrte, hat sie damit den Geldhäusern keinen Blankoscheck ausgestellt. In Zukunft muss der Banksektor schärfer kontrolliert werden.
Die Folgen der Finanzkrise für die reale Wirtschaft
Auch die meisten Zeitungen beschäftigen sich mit den Lehren und Konsequenzen, die aus der Krise zu ziehen sind.
Das flämische Börsenblatt De Tijd bringt auf seiner Titelseite eine beeindruckende Zahl. Demnach hat die Finanzkrise jeden Belgier schon jetzt im Durchschnitt 7.300 Euro gekostet. Grundlage für die Berechnung der Zeitung ist der Absturz der Börsenwerte, der das Durchschnittsvermögen der Belgier hat schmelzen lassen. Die Folgen für die Wirtschaft werden spürbar sein. Das Gesamtvolumen des Konsums droht um 1,6 Milliarden Euro zurückzugehen. Damit würde das Wachstum unter die Marke von einem Prozent abrutschen.
Auch das Grenz-Echo befürchtet in seinem Leitartikel schlimme Auswirkungen für die reale Wirtschaft. Leidtragende der Finanzkrise könnten am Ende vor allem kleine und mittlere Unternehmen sein. Tatsächlich könnten die Banken künftig Kredite nicht mehr so bereitwillig vergeben wie früher. Auch für mittelständische Unternehmen könnte es also in Zukunft schwer werden, frisches Kapital aufzutreiben, meint das Grenz-Echo.
Für die Gemeinden hat Vers L'Avenir indes eine gute und eine schlechte Neuigkeit: Für die Kapitalerhöhung bei Dexia werden die Kommunen nicht unmittelbar zur Kasse gebeten. Zugleich gilt aber, dass die Dividenden im kommenden Jahr niedriger ausfallen und Anleihen teurer werden.
Managerbezüge unter Beschuss
Die Schuld an dem Debakel geben nahezu alle Zeitungen den Bankmanagern.
De Standaard bringt in diesem Zusammenhang auf seiner Titelseite ein Zitat des frühren Chefs der belgischen Bankenaufsicht, Jean-Louis Duplat. Dessen Forderung: „Die Banker gehören auf die Anklagebank“. In jedem Fall muss eine parlamentarische Untersuchungskommission klären, wer für die Beinahe-Katastrophe in der belgischen Bankenwelt verantwortlich ist.
Auch Het Nieuwsblad fordert nachdrücklich eine parlamentarische Untersuchungskommission. Nicht nur Sparer und Anleger, wir alle haben das Recht auf die Wahrheit. Wie konnte es so weit kommen? War es tatsächlich nur Unglück, oder vielleicht auch Unvermögen? Doch darf man leider von einer parlamentarischen Untersuchungskommission nicht zu viel erwarten, fügt das Blatt hinzu. Die Bankenverantwortlichen pflegen beste Kontakte zur Politik. Und in einigen Verwaltungsräten von Geldhäusern saßen Politiker.
Für De Morgen ist eine Ursache für die Bankenkrise bei der Art und Weise der Vergütung der Manager zu suchen. Die wurden bislang belohnt für die zu erwartenden Resultate, nicht für das wirkliche Ergebnis. Die einzige Bestrafung, die drohte, war ein so genanter goldener Fallschirm. Erst wenn Manager wieder für ihre realen Erfolge belohnt werden, werden sie auch nicht mehr Kartenhäuser sondern solide Unternehmen aufbauen.
Le Soir schlägt in dieselbe Kerbe. Ein Manager wird, wenn er Risiken eingeht, im Voraus belohnt. Vor diesem Hintergrund kann es nicht sein, dass er im Ernstfall wegen desselben Risikos noch einen goldenen Händedruck bekommt. Und gerade im vorliegenden Fall wäre es besser, wenn die geschassten Bankmanager auf ihren Goldenen Fallschirm verzichten würden. Das wäre angesichts der vielen düpierten Anleger und Sparer nicht nur statthaft sondern auch gerecht.