"Vatikan: Das Rennen um Petris Stuhl ist eröffnet - ohne Favoriten", so die Schlagzeile von Le Soir. Heute beginnt die Generalkongregation, die vorbereitenden Sitzungen für das Konklave, in dem dann der neue Papst gewählt wird. Wann das eigentliche Konklave beginnt, entscheiden allein die Kardinäle.
Diesmal zwingt sich nicht wirklich ein Kandidat auf, bemerkt Le Soir. La Dernière Heure bringt die Wettquoten für mögliche aussichtsreiche Anwärter. Demnach haben der Italiener Angelo Scola und Kardinal Peter Turkson aus Ghana die besten Chancen. Die Quote für Kardinal Danneels steht hingegen bei eins zu fünfundsechzig.
Kein Vertrauen in die Kirche
"Habt keine Angst", bemüht Le Soir in seinem Leitartikel ein Zitat von Johannes Paul II. Das Blatt wendet sich damit an die Kardinäle, die demnach also eine mutige Wahl treffen sollten. Die Kirche kann jedenfalls ihre Probleme nicht mehr ausblenden und auch die Appelle zur Veränderung, die sogar aus den eigenen Reihen kommen, nicht mehr ignorieren. Der neue Papst muss ein Manager und zugleich ein Kommunikator sein. Und am besten, der neue Papst käme aus einem Land außerhalb Europas. Das wäre das wohl stärkste Symbol für den Willen zur Veränderung.
Auch für Het Nieuwsblad kann die Kirche vor ihren eigenen Problemen nicht mehr die Augen verschließen. Die meisten der greisen Herren, die jetzt den neuen Papst wählen sollen, stammen allerdings noch aus einer anderen Zeit. Aus einer Zeit, in der die Katholische Kirche noch echte Macht in der echten Welt hatte. Nicht allein die Macht ist geschrumpft, sondern auch die moralische Autorität. Nach dem Missbrauchsskandal ist etwa in Flandern das Vertrauen in die Kirche ins Bodenlose abgestürzt - innerhalb von vier Jahren von 31 auf nur noch 13 Prozent. Machtverlust ist eine Sache; ein Schwinden der Autorität ist noch viel schmerzhafter.
Streit um Haushalt
Ein Konklave beginnt in gewisser Weise auch bald in Belgien. In dieser Woche steht für die Regierung die Haushaltskontrolle an. Schon jetzt weiß man, dass mindestens zwei Milliarden Euro gefunden werden müssen, damit der Haushalt in der EU-Spur bleibt. "Schon jetzt gibt es Streit über das Budget", titelt Het Laatste Nieuws. Zunächst steht die sozialistische Forderung im Raum, wonach man den Sparkurs auch lockern könnte. Das ist allerdings keine Option, meint Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Belgien kann nicht einseitig sein Engagement der EU gegenüber missachten. Belgien ist mit einer Staatsschuld von 100 Prozent ganz einfach nicht in der Position, den Sparkurs aufzugeben. Dabei ist inzwischen klar, dass Europa sich kaputt spart, dass es wirklich effizienter, Konjunktur belebender Maßnahmen bedarf. Belgien könnte ja schon mal damit anfangen, indem man die Steuern jetzt nicht noch einmal erhöht.
"Schwarze Null ist kein Dogma"
Gestritten wird auch über einen möglichen Beitrag der Regionen zur Haushaltssanierung. Der MR-Vizepremier Didier Reynders hatte angeregt, dass die Teilstaaten 350 Millionen Euro beisteuern könnten. Aus Flandern gabs bereits ein klarer "Niet", wie Het Nieuwsblad berichtet. Und auch die Frankophonen sagen "Non" zu einer zusätzlichen Anstrengung.
Doch sollte man hier nicht zu kurzsichtig sein, warnt De Standaard. Hier geht es nicht nur um Zahlen. Es gibt Schulden und Schulden. Zukunftsorientierte Investitionen können die Wirtschaft ankurbeln, und unter Umständen muss es auch erlaubt sein, für solche Projekte Schulden zu machen. Die Flamen sollten also nicht ihr Streben nach einem ausgeglichenen Haushalt zum Dogma erheben.
"Arbeiter und Angestellte: In vier Monaten gibt es ein gemeinsames Statut", prognostiziert La Libre Belgique auf Seite eins. Die Regierung hat mit den Arbeitgebern und Gewerkschaften eine Arbeitsgruppe gegründet, die über das Einheitsstatut beraten soll. Und bis zum 8. Juli braucht man eine Einigung. "Fiskus schlägt eine Bresche ins Bankgeheimnis", titelt De Standaard. Demnach hat die Steuerfahndung im vergangenen Jahr fast 800 Mal angeordnet, das Bankgeheimnis aufzuheben. Das ist deutlich mehr, als früher.
Schweiz verbietet goldenen Handschlag
Viele Zeitungen heben heute auch eine bemerkenswerte Entscheidung in der Schweiz hervor: In einer Volksabstimmung sprach sich eine Mehrheit der Bürger für ein Verbot des sogenannten "Goldenen Handschlags" aus. Start- und Abschiedsprämien, die mitunter alle Rahmen gesprengt haben, gehören ab jetzt in der Schweiz der Vergangenheit an.
Das ist umso bemerkenswerter, als der Schweizer im Grunde seines Seins nichts gegen das Geldverdienen hat, meint De Morgen. Eher das Gegenteil ist richtig. Dennoch hat man gerade in dem Alpenland den Exzessen in der Bankenwelt einen Riegel vorgeschoben. Dabei hatten die Banker aus der Londoner City noch in der vergangenen Woche damit gedroht, ihre Aktivitäten in die Schweiz zu verlagern. Der Grund: Auch in der EU wird über eine Deckelung der Bonuszahlung nachgedacht. Inzwischen gilt offensichtlich: "Alles hat Grenzen". Und das ist gut so.
Es ist schon bezeichnend, konstatiert L'Avenir: Moral und gesunder Menschenverstand können offensichtlich nur über einen Volksentscheid durchgesetzt werden. Dabei haben die Regierung und auch die Arbeitgeberlobby wirklich alles versucht, um die Entscheidung abzuwenden. Das Referendum in der Schweiz zeigt denn auch, wie tief der Graben zwischen dem Establishment und den Bürgern geworden ist. Es wird höchste Zeit, dass auch anderswo der Bürger wieder ins Zentrum des politischen Bewusstseins rückt.
RoP - Bild: Archiv