Börsencrash
„Panik an der Wall Street“, titelt Le Soir. De Standaard spricht von einem „finanziellen Tsunami“, der die Börsen erfasst hat. L'Echo meint lapidar: „Das höllische Räderwerk“. De Morgen spricht auf Seite 1 von der „Großen Depression Anno 2008“.
Die amerikanische Wall Street ist gestern abgestürzt. Ein Minus von 4,4% als Folge der Pleite der US-Traditionsbank Lehman Brothers. Das ist der schlimmste Crash seit dem 11. September 2001. Auch der Bel 20 verlor 3,5%. Die Krise in den USA könnte die belgischen Banken 900 Millionen Euro kosten, warnt De Morgen.
Die Krise um Lehman Brothers ist nur die Spitze des Eisbergs. Die US-Regierung hat ja gerade erst zwei Hypotheken-Giganten über eine verkappte Verstaatlichung gerettet. Dass der Staat jetzt Lehman Brothers im Regen stehen lässt, ist die richtige Entscheidung, meint das Börsenblatt L'Echo. Bislang konnten Finanzinstitute noch den Eindruck haben, es gebe notfalls von staatlicher Seite Netz und doppelten Boden. Die Banken fühlten sich unantastbar. Jetzt steht die amerikanische Bankenlandschaft an einem Wendepunkt. Man könnte aber auch sagen: Amerikas Finanzsystem hat Ground Zero erreicht.
Und all das steht stellvertretend für das Entgleisen der US-amerikanischen Finanzmärkte, bemerkt dazu La Libre Belgique in ihrem Kommentar. Schuld ist allein das blindwürdige Streben nach Gewinnen und zweistelligen Wachstumsraten. Und es ist offenkundig, dass diese Krise Auswirkungen auf die reale Wirtschaft haben wird.
Het Nieuwsblad ist derselben Meinung. Lehman Brothers ist zwar nur eine Geschäftsbank. Doch droht jetzt ein Dominoeffekt. Das gesamte Finanzsystem wackelt und das kann nur negative Folgen für die Ersparnisse des kleinen Mannes haben, der sein Geld direkt oder indirekt an der Börse angelegt hat.
Für Gazet van Antwerpen ist das allerdings Teil des Spiels. Börsenkurse können nun einmal nicht ewig in die Höhe schnellen. Anlegen an der Börse birgt Risiken. Das wird manchmal belohnt, manchmal aber auch bestraft. Letzteres hatten viele allerdings vergessen.
Ruf nach strengeren Regeln
Nichtsdestotrotz fordern viele Zeitungen jetzt strengere Regeln und Kontrollen. Het Laatste Nieuws meint etwa: wenn Banken am Ende so groß werden, dass die durch undurchdachte Entscheidungen die gesamte Wirtschaft in den Abgrund reißen können, müssen die Behörden künftig die Märkte genauer im Auge behalten.
Le Soir fügt hinzu: die Finanzmärkte sind augenscheinlich nicht in der Lage, sich selbst zu regulieren. Auf der einen Seite hassen die Börsen jede Form von Aufsicht wie die Pest, auf der anderen Seite sollte dann wohl - wenn einmal alles schief läuft - die öffentliche Hand den Geldbeutel aufhalten. Ohne Regeln geht es nicht, und das sollte die Lehre aus dieser Krise sein.
Die „Affäre Koekelberg“
Einige Zeitungen kommen auch noch einmal auf die peinlichen Affären um Personalentscheidungen an der Spitze der Polizei zurück. Sowohl Polizeichef Koekelberg als auch Innenminister Dewael bleiben vorerst im Amt. De Standaard spricht in diesem Zusammenhang sinngemäß von einem traurigen Schmierentheater. Das Ansehen der Polizei ist mehr als 10 Jahre der Dutroux-Affäre erneut an einem Tiefpunkt. Keine Organisation kann nach einer solchen Serie von Vorwürfen und Skandalen einfach so die Seite umblättern. Scheinbar gilt das wohl für die Polizei. Ein billiges Mea Culpa des Polizeichefs reicht nicht. Und für Patrick Dewael gilt: Ob er von den Machenschaften wusste oder nicht, er bleibt der verantwortliche Minister.
De Morgen warnt seinerseits vor Vorverurteilungen. Es ist natürlich durchaus möglich, dass in diesem Zusammenhang schlimme Fehler begangen wurden. Bis zum endgültigen Bereich gilt allerdings die Unschuldsvermutung. Das gilt auch für Polizeichefs und Innenminister. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass die Affären nur die Folge neuer Grabenkriege innerhalb der Polizei sind. Im Vergleich zu den internen Clankämpfen innerhalb der Polizei ist ein Schlangennest auf dem Boden einer Löwengrube noch ein gemütliches Plätzchen.
Joes Mörder gesteht die Tat
Schließlich berichten natürlich viele Zeitungen auch über den Auftakt im Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder von Joe Van Holsbeeck. Der 17-Jährige war vor 1 1/2 Jahren im Brüsseler Hauptbahnhof wegen eines MP3-Players am helllichten Tag von zwei Gleichaltrigen ermordet worden. Vor dem Brüsseler Schwurgericht muss sich jetzt Adam, der mutmaßliche Haupttäter verantworten. Bei seiner Anhörung gab Adam gestern zu, dass er es war, der Joe die tödlichen Messerstiche beigebracht hat. Er habe sein Opfer aber nicht töten wollen und bereue die Tat, zitiert La Derniere Heure den Angeklagten. Das Blatt fügt hinzu: Ob sich Joes Eltern mit dieser Reue zufrieden geben, mag bezweifelt werden.