"Cat-astrophe", titelt Le Soir und spielt in seiner Schlagzeile mit dem Namen des Unternehmens, das gestern für einen neuen Aufschrei der Empörung in der Wallonie gesorgt hatte. "Charleroi zahlt einen hohen Preis", findet La Libre Belgique auf Seite eins. "Das wallonische Know-How wird geopfert", so La Dernière Heure und L'Avenir schreibt kurz: "1.400 Jobs weg".
Unverständnis und Ratlosigkeit sprechen aus den zahlreichen Beiträgen, die die Zeitungen den überraschenden Entlassungen bei Caterpillar widmen. Denn das Werk in Gosselies bei Charleroi steckt gar nicht in der Krise: In den vergangenen 20 Jahren wurden jedes Jahr Millionengewinne verbucht, und die durchschnittliche Steuerbelastung lag gerade mal bei 3,3 Prozent. L'Avenir zeigt das in einem großen Schaubild.
Zynismus vor der Haustür
Selbst das Wirtschaftsblatt L'Echo spricht von "Zynismus" und schreibt: So funktioniert heute Wirtschaft: Einem Werk geht es gut, und trotzdem werden so viele Mitarbeiter entlassen. Man kauft Baumaschinen aus Asien, obwohl die gleichen Maschinen auch in Europa hergestellt werden. Europas Staaten machen Weltunternehmen Steuergeschenke und diese bedanken sich nicht dafür. Wir, als Wirtschaftszeitung, wären schlecht platziert, dies alles grundlegend zu kritisieren. Doch wenn die Effekte vor unsere eigenen Haustür passieren, tut es dennoch weh, gibt L'Echo zu.
L'Avenir fragt sich: Darf man Gewinn machen? Darf man als Unternehmen so zynisch sein, wie jetzt Caterpillar in Gosselies? In der Logik der heutigen Wirtschaftswelt: Natürlich. Bedauerlich dabei nur: Opfer sind Arbeiter, also Menschen. Das scheint man in den Führungsetagen zu vergessen.
Het Belang Van Limburg meint: Es ist zum Haareraufen, denn es sind nicht nur die großen Unternehmen, die hunderte Menschen entlassen. Auch viele kleinere und mittlere Unternehmen setzten Leute vor die Tür. Zählt man sie zusammen, gibt es viele weitere Fälle Caterpillar, ArcelorMittal und Ford Genk. Wann hört das endlich auf?, fragt sich das Blatt.
Zwischen Bankrotterklärung und Hoffnung
La Dernière Heure schreibt: Was die Arbeiter jetzt fordern, ist kein Mitleid, sondern politisches Handeln. Die Verantwortlichen auf regionaler und nationaler Ebene müssen endlich etwas tun. Das, was zurzeit in Belgien geschieht, ist eine Bankrotterklärung der Industriepolitik, die in Belgien und Europa geführt wird, so La Dernière Heure.
Die Europäische Union sieht auch Le Soir in der Pflicht: Caterpillar zeigt wieder: Was wir brauchen, sind neue Impulse für die Wettbewerbsfähigkeit. Bei den Lohnkosten und beim Bildungssystem kann Belgien selbst etwas machen. Aber für Wachstum können die Staaten nicht selbst sorgen. Denn Europa zwängt sie in ein Sparkonzept, Geld zur Ankurbelung der Wirtschaft kann nicht ausgegeben werden. In dieser Situation das EU-Budget selbst zu kürzen, wie es der letzte EU-Gipfel beschlossen hat, ist katastrophal. Es bedeutet den Tod der europäischen Industrie, prophezeit Le Soir.
Hoffnungsvoll dagegen La Libre Belgique: Caterpillar in Gosselies, das ist schon eine lange Geschichte. Mit Hochs und Tiefs, aber vor allem einem guten Klima zwischen Werksleitung und Arbeitnehmern. Auch so ist zu verstehen, dass die Wut der Menschen sich gestern in Grenzen hielt. Nach außen zeigten sie sich eher ruhig, wir möchten es "würdevoll" nennen. Man kann nur hoffen, dass die anstehenden Verhandlungen über den Sozialplan ähnlich respektvoll verlaufen und den Beginn von 50 weiteren Jahren Caterpillar in Gosselies bedeuten, wünscht sich La Libre Belgique.
Vertrauen in Polizei und Justiz erschüttert
"Liégeois unter Aufsicht", titelt De Standaard. Die Zeitung berichtet darüber, dass Justizministerin Annemie Turtelboom im Streit bei der Staatsanwaltschaft in Antwerpen eingegriffen hat. Der bisherige oberste Staatsanwalt Dams ist nach einem Gespräch mit der Ministerin freiwillig und zunächst auf Zeit von seinem Posten zurückgetreten. Sein Ersatz, Yves Liégeois, muss über seine Arbeit dem obersten Gericht Rechenschaft ablegen. Dies alles sind Auswirkungen eines Vorfalls von vor drei Jahren: Polizisten hatten bei einem Einsatz einen jungen Mann in einer Gefängniszelle getötet. Bei der Aufarbeitung des Falles wurden Akten gefälscht, die Rolle der Staatsanwaltschaft wird hinterfragt, nachdem der Fall jetzt wieder an die Öffentlichkeit gelangt ist.
Dazu meint De Morgen: Turtelbooms Durchgreifen ist gut, doch zurück bleibt Entsetzen. Was alles bei Polizei und Richtern möglich ist, erschüttert unser Vertrauen in diese Institutionen. Es wird schwer sein, das dauerhaft zu reparieren, so De Morgen.
Het Laatste Nieuws kommentiert: Es ist gut, dass die Fehler bei der Justiz in Antwerpen jetzt aufgearbeitet werden. Doch über den Leiter der psychiatrischen Anstalt, der den jungen Mann nicht aufnehmen wollte, obwohl es eigentlich seine Pflicht war, hört man nichts. Ob er wohl glaubt, die Sache einfach aussitzen zu können?, fragt sich Het Laatste Nieuws.
Bild: Nicolas Lambert (belga)